Problem von Anonym - 22 Jahre

Liebe/Gewohnheit/ Lebenskrise

Liebes Kuka-Team, ich wende mich an Euch, weil der nächstmögliche Termin bei einem Psychologen erst im September ist...

Vorgeschichte:
Ich bin seit 1,5 jahren mit meiner Freundin zusammen. Hab sie das erste Mal auf einer Veranstaltung gesehen. Ein Bekannter kannte sie, nannte mir ihren Namen, sodass ich sie online (wkw) anschreiben konnte.
Sie hat mir geantwortet ;-) , wir haben uns ein paar Mal getroffen, es hat sofort gefunkt. Schließlich sind wir dann auch recht schnell, nach 3 Wochen etwa, zusammen gekommen.
Ich würde behaupten, dass sie die erste große Liebe ist/war. Die letzten 1,5 Jahre waren die schönste Zeit meines Lebens.... Wir hatten immer sehr viel Spass, waren zusammen im Urlaub, ich hab mich einfach pudelwohl gefühlt an ihrer Seite, und war mir sicher, dass Sie die Frau fürs Leben ist. Eine, mit der ich glücklich sein,und eine Familie gründen möchte ( so weit gingen meine Überlegungen schon)
Hinzuzufügen wäre allerdings noch, dass der Anfang unserer Beziehung mit dem vorzeitigen Ende meiner sportlichen Laufbahn einherging. Habe seit meinem 5. Lebensjahr mit großem Eifer (und auch nicht ganz untalentiert ;-) ) Fußball gespielt. Musste leider damals auf unbestimmte Zeit verletzungsbedingt ausscheiden. Leider ist es mir bis heute nicht gelungen die Verletzung / Erkrankung zu überwinden und wieder einsteigen zu können.
Hatte damals 4 mal die Woche Training + 1 Spiel am WE, und plötzlich war Sie da, und nahm genau die Zeit ein, die vorher der Fußball in meinem Leben hatte..... Alles schön und gut, ich habe mich ja wie gesagt super gefühlt, und war so froh eine so tolle hübsche Freundin gefunden zu haben.
Unsere Beziehung war auch sehr intensiv, haben uns fast jeden Tag gesehen, und eigentlich war ich derjenige, der nicht ohne sie konnte. Wenn ich sie einen Tag nicht gesehen hab, hab ich Sie schon vermisst. Wahre Liebe eben, oder?
Bin 22, studiere Jura im 4 Semester, und meinte eigentlich bisher ( Bis auf die Verletzungsgeschichte im Fußball), glücklich zu sein.

Das eigentliche Problem:
Vor ziemlich genau einem Monat sollte ich meine Freundin irgendwo abholen und hab auf ihren Anruf gewartet. War ziemlich gestresst, Hausarbeit etc., und als Sie dann anrief, überkam mich plötzlich ein komisches Gefühl. Hab mir dann nichts weiter gedacht, hab sie abgeholt, Sie war ziemlich angeheitert, hab Sie nach Hause gefahren, ihr was zu Essen gemacht, mich noch neben sie ins Bett gelegt und sie gestreichelt, bis ich mich dann wieder auf den Weg nach Hause gemacht hab. Soweit so gut, auf dem Heimweg hatte ich wieder ein gutes Gefühl, sprich , dass ich sie liebe und das alles in Ordnung sei.
Am nächsten Tag ( Donnerstag) bin ich dann nach meinem Studi-job zu ihr, wir haben uns was zu Essen bestellt , en bissjen gechillt, eigentlich war alles wie immer. Nur beim Sex merkte ich plötzlich, obwohl ich im Vorfeld total heiß auf sie war, dass die Erektion nach und nach schwächer wurde... Auch nicht weiter Schlimm, ich hab das ganze dann beendet und mir gedacht... das ist der Stress mit der Hausarbeit, passiert jedem mal....
Am nächsten Tag bin ich mit Freunden in die Stadt, und hab meine Sachen vorher noch bei ihr vorbei gebracht, weil sie mich später abholen sollte. Als ich mit ihr im Zimmer stand und ihr einen Kuss gab, überkam mich plötzlich, und ganz überfallartig ein komisches, beängstigendes Gefühl, dass mir völlig fremd war....
Ich bin dann trotzdem in die Stadt gefahren, was getrunken, sie holte ich später ab, wir legten uns ins Bett und kuschelten, schließen ein, alles wie immer.
Morgens dann, als mein Bewusstsein so langsam wieder eingesetzt hat, hat mich dieses Gefühl dann wieder eingeholt. Es war, als sei mir die Frau, die ich die letzten 1,5 Jahre so sehr geliebt hab, auf einmal so fern, und als würde mir ihre Nähe plötzlich nicht mehr gut tun. Hatte riesige Angst, ich weiß aber gar nicht, vor was eigentlich , und vor allem WARUM? Hab mich dann angezogen, bin auf die Arbeit, danach heim, hab den ganzen Tage diese Angst und dieses Scheiss Bauchgefühl mit mir rumgeschleppt, bis sie dann abends zu mir kam.
Es hat einfach niht aufgehört sich schlecht anzufühlen. Ich dachte wir gehn mal in die Badewann, damit ich mich entspannen kann... Pustekuchen... Jede Nähe und Berührung von ihr tat mir weh....ich fühlte mich nicht im geringsten von dem Bild meiner nackten Freundin in der Badewanne angezogen....
Wir sind dann ins Bett, ich war auch total kaput von diesem sch.... Tag und bin sofort eingeschlafen.... Doch damit nicht genug, ich bin jede halbe stunde aufgewacht, mit einer riesen Angst und Panik, hab geschwitzt wie verrückt, dann war mir wieder kalt... ich hätte losschreiben können... ich habs gelassen, Sie lag ja neben mir. Morgens bin ich aufgestanden und musste zur Arbeit, konnte nix Essen, und war so verzweifelt, dass ich ins Schlafzimmer meiner Eltern bin und einfach losgeheult habe. ( mit 22 Jahren)
Ich habe mich noch nie so erbärmlich, schwach , verletzt , niedergeschlagen, depressiv gefühlt wie damals.
Nach der Arbeit war ich dann zu Hause, hab geheult was das Zeug hielt, und mich dann entschlossen sie anzurufen, damit sie zu mir kommt und ich ihr alles erzählen kann. Sie wusste gar nicht, was los war, kam, und heulte sofort los, als ich sagte ich weiß nicht, was mit mir und meinen Gefühlen los ist. Ich hab auch so bitterlich geweint....Habe um Zeit gebeten, die sie mir natürlich eingestanden hat... will mich ja nicht verlieren.
Dann war 9 Tage Funkstille zwischen uns, in denen ich NICHTS mehr machen konnte ( habe in den ersten Tagen auch nichts gegessen). Hab mich gefühlt als würde es mich innerlich zerreißen, ich wäre am liebsten direkt zu ihr gefahren und hätte mich in ihren Armen ausgeheult....Bin dann schließlich für 20 Minuten zu ihr gefahren... es war schön sie zu sehen...
Haben dann schließlich angefangen uns wieder öfter zu sehen ( so 2-3 mal in der Woche) . Sind immer mit dem Hund raus, haben geredet, Händchen gehalten, und ich hab sie auch wieder geküsst und dabei sogar weiche Knie bekommen und den Drang verspührt mit ihr zu schlafen...Das geht jetzt schon 3 Wochen so, und ich weiß einfach nicht, was mit mir los ist. Wenn ich sie sehe scheint alles in Ordnung, auch wenn ich in ihrer Anwesenheit viel nachdenke.
Ich stehe jeden Morgen wieder mit einem Gefühl auf, dass irgendwas in meinem Leben ganz gewaltig schief läuft... Ich habe Angst, und weiß nicht vor was überhaupt, ich will sie nicht verlieren, mein Gedanken sagen mir \" Du liebst sie, sie ist die eine....\" Mein Bauchgefühl hat da bisweilen was dagegen.
Ich bin mir ja noch nicht einmal sicher, ob es überhaupt an ihr liegt... oder ob ich nur eine kleine Lebenskrise durchlebe? Ich hab das Gefühl, dass ich ohne sie nicht kann, dass mein Leben dann keinen Sinn mehr hätte.... Komisch ist, dass mich alles so plötzlich überfallen hat. Obwohl ich immer derjenige war, der geklammert hat, oder insgeheim Angst davor hatte, dass auch diese tolle Beziehung irgendwann vorbei sein könnte. Sie wurde zu meinem Hobby, und hat meinen Fußball, auchzeitlich 1:1 ersetzt. Das ist auch nicht gesund oder?
Ich weiß schlicht und einfach gar nichts mehr, was meine jetzige Situation anbelangt.... Ist das Studium das richtige, habe ich Depressionen, liebe ich sie, oder ist es nur die Gewohnheit und lieb gewonnene Geborgenheit, die ich bei ihr verspühre? Warum soll ich noch mit ihr zusammen sein??? Weil ich sie liebe.... Liebe ich sie denn wirklich, oder was ist das, was die Zuneigung ihr gegenüber ausmacht....
Ich weiß wirklich nicht weiter. Vllt kann mir jemand helfen.
Allerdings war es auch mal gut, sich alles von der Seele zu schreiben.

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Unbekannter,

Ich würde es "Sinnfindungsphase" nennen. Aber ich bin kein Psychologe.

Du schreibst von drei Zielen/Wünschen, die Dich beherrschen: der Sport, das Studium, Deine Freundin.

Die erfolgreiche Weiterentwicklung in Deiner fovoriserten Sportart scheitert an Deinen Verletzungsfolgen.

In einem so schweren und langwierigen Studium wie Jura (da muß man doch wohl auch zwei Staatsexamina ablegen?) ist nach 4 Semestern noch lange kein "Licht am Ende des Tunnels" zu sehen.

Und wenn Du Dir bereits einmal Gedanken darüber gemacht hast, dass Deine Freundin eigentlich die richtige sei, eine Familie mit ihr zu gründen, mag es Dich belasten, dass Du auf absehbare Zeit keine Grundlage dafür siehst, da Du selbst noch so weit davon entfernt bist, Verantwortung für eine Familie übernehmen zu können.

Du hast geschrieben:

"... dass ich ins Schlafzimmer meiner Eltern bin und einfach losgeheult habe. ( mit 22 Jahren)
Ich habe mich noch nie so erbärmlich, schwach , verletzt , niedergeschlagen, depressiv gefühlt wie damals."

Das hat mich eigentlich auf den Gedanken gebracht!

Warum schreibst Du in Klammern: "mit 22 Jahren"?

Erwartest Du von Dir, dass Du in Deinem Alter nicht mehr heulen solltest?
Erwartest Du von Dir, dass Du für alle Probleme bereits eine fertige Antwort haben mußt?

Weißt Du eigentlich, dass genau das Dich wirklich erwachsen macht: dass Du es zuläßt, Dich auch einmal schwach zu fühlen!
Weißt Du eigentlich, warum Du schreiben darfst:
"Habe um Zeit gebeten, die sie mir natürlich eingestanden hat... will mich ja nicht verlieren." ?

"Natürlich" ist daran nur eins: Deine Freundin ist um einen Schritt weiter im Leben als Du! Sie läßt Schwächen zu! Und sie erkennt in Dir genau denjenigen, dessen Schwächen mit zu tragen sich lohnt!

Nur deshalb will sie Dich nicht verlieren. Und deshalb sollte sie es Dir wert sein, nicht nur eure Freizeit miteinander zu gestalten, sondern sie auch aktiv und positiv in Deine "Sinnfindungsphase" mit einzubeziehen. Lasse sie mitreden und orientiert euch an den gemeinsamen Zielen.
Vielleicht ist es ja gar nicht nötig, dass Du Dir allein Gedanken über eure gemeinsame Zukunft machst?
Vielleicht hat sie ja bereits Lösungen, die Du bisher nicht einmal denken kannst?
Wo Du Angst vor "Stress", "Erfolgsdruck", "Verpflichtung" und möglichem "Verlust" haben magst: Deine Freundin hat Dir bereits Antworten gegeben (bzw. vorgelebt).

Und eines ist ganz sicher: nicht die fehlende Liebe lässt Dich an eurer Beziehung zweifeln, sondern einzig Deine Vorbehalte, ob Du dieser gegenseitigen Liebe auch gerecht werden wirst. Ob Du Deinen eigenen Ansprüchen an diese Liebe gerecht wirst.

Mein Rat als Laie:
Nimm Dich an, so wie Du bist! Deine Freundin hat es schon getan!

Und versuche niemals, etwas mit Dir allein auszumachen: beziehe sie mit ein.
Es lohnt sich für euch beide!

Alles Liebe euch beiden,

Dein und Euer

Bernd