Problem von Anonym - 19 Jahre

Probleme in der Ausbildung

Ich bin im 3. Lehrjahr in einer Tierarztpraxis.
Ich kann meiner Chefin nichts recht machen. Ich werde für alles angemeckert. Ich bekomme beispielsweise eine Aufgabe gestellt. Sie sagt zu mir, so und so sollst du das machen. Ich mache es genauso, wie sie es gesagt hat, aber im nachhinein ist es falsch. Wenn ich sage, dass ich alles so gemacht habe, wie sie es gesagt hat, behauptet sie steif und fest, dass ich lüge. Meine ausgelernten Kolleginnen haben dasselbe Problem, allerdings längst nicht so schlimm wie ich. Seit ich gesagt habe, dass ich nach meiner Ausbildung nicht in dieser Praxis weiterarbeiten will, ist es sogar noch schlimmer geworden. Wir haben in der Praxis auch ein Röntgengerät. In der Schule habe ich einen Röntgenschein gemacht, habe also Fachkenntnisse. Erstens ist es Vorschrift ein Dosimeter zu tragen, welches die Strahleneinwirkung auf den Körper misst. Da man als Strahlenexponierte Person (Mitarbeiter, die Röntgenarbeiten durchführen) nur eine bestimmte Strahlenmenge pro Jahr abbekommen darf. Dies gilt dem Schutz der Mitarbeiter. Ein Dosimeter haben wir in der Praxis nicht. Selbstverständlich muss man Röntgenschürzen tragen. Die Röntgenschürzen in unserer Praxis sind über 20 Jahre alt, sind also total strahlendurchlässig. Handschuhe und Schilddrüsenschutz hat nur meine Chefin. Ihr ist das einfach alles zu teuer. und da nur 2 Schürzen vorhanden sind, gehe ich dann halt leer aus. Und da Röntgenstrahlen Krebs und Unfruchtbarkeit hervorrufen können, macht mich das natürlich total fertig. Neulich hatte ich in der Praxis nach dem Röntgen einen Nervenzusammenbruch und konnte einfach nicht mehr aufhören zu weinen. Ich hatte mich in der Schule einer Mitschülerin anvertraut. Mein Lehrer hatte das Gespräch mitgehört und ist total ausgeflippt. Er meinte, dass es fahrlässige Körperverletzung sei und ich das melden müsse. Er hat gefragt, ob ich denn belehrt worden wäre. Was jährlich vom Arbeitgeber gemacht werden muss. Ich bin nie belehrt woren. Er meinte, dass ich dann ja auch was handfestes hätte. Nur das Problem ist, wenn ich die bei der Tierärztekammer anschwärze, wird das doch alles nur noch schlimmer. Dann würde meine Chefin mich erst recht fertig machen und sich irgendeinen Grund ausdenken, um mich rauszuschmeißen. Die hat mir doch auch schon mal als Strafe etwas vom Gehalt abgezogen. Das darf die doch gar nicht! Außerdem verdien ich doch sowieso nur so wenig. Ich halt das echt nicht mehr aus und ich habe erst im Dezember meine Prüfung. Ich weiß echt nicht, was ich machen soll.

Marie Anwort von Marie

Liebe Unbekannte,

das klingt ja wirklich heftig und ich kann deinen Lehrer gut verstehen, wenn er sagt, dass man sowas melden muss. Allerdings denke ich auch, genau wie du, dass das wahrscheinlich die Lage eher verschlimmern als verbessern würde.
Mir fällt dazu nur eins ein: Versuch die Ausbildungsstelle zu wechseln! Mit der Begründung, dass du gern beim Röntgen mit Dosimeter und Röntgenschürze arbeiten möchtest, das aber in der Praxis, wo du jetzt bist, nicht üblich ist bzw. die Chefin das aus Kostengründen nicht will und du dir einfach Sorgen um deine Gesundheit machst. Das schlechte Arbeitsklima kannst du auch noch als Begründung mit anführen. Achte darauf, nichts anzusprechen, wofür du aus Sicht deines potentiellen neuen Arbeitgebers selbst verantwortlich sein könntest. Wenn du z.B. sagst "Meine Chefin kritisiert ständig meine Arbeit, obwohl ich alles richtig mache", dann könnte derjenige, der das Bewerbungsgespräch mit dir führt, denken "Ja, das wird schon seinen Grund haben, vielleicht macht sie einfach wirklich viel falsch."
Du hast natürlich einen besonders schweren Stand, wenn du dich dafür entscheidest, relativ kurz vor Schluss die Ausbildungsstelle zu wechseln, zumal dir deine Chefin wahrscheinlich kein tolles Empfehlungsschreiben ausstellen wird. Trotzdem denke ich, dass du es versuchen solltest - zu verlieren hast du schließlich nichts, aber es könnte sich einiges zum Positiven verändern. Du könntest z.B. anbieten, mal einige Tage oder zwei Wochen Probe zu arbeiten, damit sich dein neuer Ausbilder von deinen Fähigkeiten selbst überzeugen kann. Wichtig ist, dass du Motivation und Engagement zeigst und deutlich machst, dass du unbedingt in diesem Beruf arbeiten willst - nur eben nicht in der Praxis, in der du gerade bist.
Nach Abschluss der Ausbildung würde ich die Sachen, die bei dir in der Ausbildung schief laufen, aber auf jeden Fall bei der Tierärztekammer melden - einfach damit auch die folgenden Auszubildenden (falls deine Chefin dann überhaupt noch ausbilden darf) besser davor geschützt sind.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft!

Liebe Grüße,
Marie