Problem von Anonym - 20 Jahre

Ich sterbe.

Heute bin ich beinahe durchgedreht. Gestern waren meine Oma und Mutter bei mir (ich wohne alleine) und haben nur lamentiert. Die ganze Zeit über. Dass ich aussähe wie eine Leiche, dass das doch nicht sein könne und so fort. Und es stimmt auch. Ich habe abgenommen. Ich wiege nur noch 45 kg. Heute war der Tag auch schon von Anfang an katastrophal. Ich weiß schon warum. Ich habe geträumt, dass ich mit meiner Ex geschlafen habe. Ich muss dazu sagen, dass es zwischen uns nie so weit gekommen ist und ich unglaublicherweise immer noch Jungfrau bin. In meinem Traum heute Nacht hatte sie ihre Neue schon. An dem Tag, als ich es erfuhr (denn leider ist es die Realität), bin ich bis 4 Uhr nachts durch die Straßen meiner Stadt gelaufen, ohne Rücksicht auf Verluste. Man hätte mich entführen und umbringen können. Locker. Und dabei hatte ich erst kurz zuvor einen Selbstmordversuch, der fast geglückt wäre. Tablettenüberdosis. Sah richtig schlecht für mich aus. Keiner konnte sagen, ob ich es überleben werde. Es mag lächerlich klingen, aber die Einsamkeit bringt mich um. Sie tut es wirklich. Ich wollte meine Freundin nicht verlieren; sie hat MICH abserviert und sich dann kurzerhand eine Neue genommen. Und diese kopiert mich auch noch von A bis Z... Sie hat meine Internetidentität übernommen; sie spricht mit meiner Exfreundin wie ich es tat; sie benimmt sich wie ich und hat sogar meinen Wortschatz übernommen. Die Krönung ist, sie ist ja nicht einmal lesbisch. Zumindest sagte sie das immer. Warum ist sie dann mit meinem Schätzchen zusammen? Ich könnte sie abschlachten. Es ist nicht so, dass ich nicht versucht hätte, sie zu vergessen. Ich habe mich heute versucht abzulenken. Wieder einmal. Aber ich esse nicht mehr und verliere täglich an Kraft. Es kann einfach nicht sein. Einsamkeit zerfrisst einen innerlich. Mitten in meiner künstlerischen Aktivität heute musste ich aufstehen - mir war richtig schlecht - und ging erst schwankend im Raum umher, bevor ich schließlich zusammenbrach und einfach nur heulte. Das zweite Mal in kurzer Zeit wegen meiner Exfreundin und ihrer Neuen. Beide verspotten mich bei Twitter und hassen mich zu Tode. Ich kann nicht mehr. Ich drehe durch. Ohne Mist. Beim Psychologen bin ich bereits auf der Warteliste. In einem halben Jahr hat er wohl etwas frei. Hach ja.
Wie gesagt, mit Aktivität kam ich nicht weit; Ablenkung ist, so tief wie ich schon im Gefühlstief bin, nicht mehr möglich und ich bin dabei, mich für meine eigene Schwäche zu hassen. Ich schaffe es nicht, mich aufzurappeln; ich schaffe es nicht, ohne sie glücklich zu sein. Es ist einfach zum Kotzen. Nicht, dass ich es nicht versucht hätte. Ich habe versucht, stark zu sein. Über Monate. Habe alle getäuscht mit meiner gespielten Heiterkeit. Selbst meine engste Freundin. Aber jetzt geht es nicht mehr. Ich bin so am Ende wie kurz nach der Trennung. Mein verdammtes Herz blutet und ich verblute.
Ich habe mich zur Ablenkung, zum Essen, zum Überleben gezwungen. Ich habe mir gesagt, ich kann mich nicht so hängen lassen und muss produktiver sein, wenn ich nicht weitherin meine kostbare Zeit kreativ vergammeln will.
Aber ich war zu schwach. Ich bin zu schwach. Allein geht einfach gar nichts mehr bei mir. Ich bin hochgradig abhängig. Und das ist einfach beschissen. Ich lag heute minutenlang einfach nur am Boden und war fertig mit der Welt. Ich habe versucht, mich aufzuraffen, mich nicht gehen zu lassen, nicht schwach zu sein.
Aber ich bin es.

Marie Anwort von Marie

Liebe Unbekannte,

es tut mir sehr Leid, dass du deine Ex-Freundin verloren hast und dass es dir jetzt so schlecht geht.
Du bist traurig, einsam und enttäuscht und hast keine Kraft mehr, dich aufzurappeln, abzulenken und so zu tun, als ginge es dir gut.
Aber das musst du auch gar nicht.
Du musst dich nicht für deine Schwäche hassen - niemand würde sowas so einfach wegstecken! Alles, was du im Moment fühlst, ist okay. Versuche, dir das immer wieder bewusst zu machen. Es braucht einfach sehr viel Zeit, um das alles zu verarbeiten, und bei dir ist es einfach noch nicht so weit.
Du schreibst, dass du dich schon beim Psychologen angemeldet hast - das finde ich eine sehr gute Idee. Er kann dir unterstützend zur Seite stehen und dir helfen, dein Leben neu zu ordnen und alles, was passiert ist, zu verarbeiten. Allerdings sind sechs Monate Wartezeit wirklich zu viel. Vielleicht wäre ein Aufenthalt in einer Klinik oder Tagesklinik für Psychotherapie für dich eine Möglichkeit. Die Wartezeiten sind meist erheblich kürzer und es hätte den Vorteil, dass du auch neue Menschen kennen lernen und Kontakte knüpfen könntest. Es wäre einfach immer jemand da und du hättest ein paar Wochen für dich, wo du mal "rauskommst" und wieder Kraft tanken könntest. Wäre das was für dich?
Du schreibst, dass du deiner engsten Freundin bisher nicht gesagt hast, wie es dir wirklich geht. Was hält dich davon ab?
Ich halte es für wichtig, dass du einmal offen mit ihr darüber redest. Manchmal hilft einem das Reden schon ungemein, auch wenn es nichts an der Situation ändert, einfach weil man merkt: Es ist jemand für mich da. Wenn du es immer in dich hineinfrisst, kostet das unendlich viel Kraft. Meinst du, du könntest versuchen, über deinen Schatten zu springen, dich ihr anzuvertrauen und einfach zu schauen, was passiert?

Ich wünsche dir von Herzen alles Gute und viel Kraft!

Liebe Grüße,
Marie