Problem von Anonym - 28 Jahre

Beziehungsunfähiger Freund?

Hallo.
Ich habe seit ca. 9 Monaten einen Freund. Er ist ein Arbeitskollege von mir (Nebenjob, wie arbeiten beide am Tresen in einem Club) und wir kenenn uns nun seit 3 Jahren. Eine große Sympathie war schon immer da, nur waren wir beide gebunden, der Gedanke, zusammen zu sein kam in dieser zeit aber nicht vor.
Letzten März brach meine Beziehung zusammen, was auch sehr schmerzhaft war (das erste Mal hat mich ein Mensch verlassen) aber nach ca. einem halben Jahr ging es mir wieder ganz gut.
Mein jetziger Freund hatte vorher eine 7 Jahre dauernde Beziehung, die nicht sehr gut lief. Seine Exfreundin war ebenfalls lange inTherapie und nach eigener Aussage haben sie eigentlich nur gegenseitig Ihr Probleme verstärkt. Wir haben oft über seine Probleme gesprochen und ich hatte eigentlich immer den Eindruck, dass seine Exfreundin eher der Störfaktor war auch wenn ich immer fand, dass er sich in Streitsituationen völlig falsch verhalten hat.

Er hat dann mit seiner FreundinSchluß gemacht, ca. ein halbes Jahr, bevor das mit uns Anfing. Zunächst hatten wir nur eine sexuelle Beziehung, was für 2-3 Monate auch ok war, nur habe ich mich dann in ihn verliebt. Das war eine sehr schwierige Zeit für mich, ich habe es ihm aber ziemlich bald gesagt, woraufhin er erklärte, dass er mich als gute Freundin liebt aber eben nicht mehr. Diese Aussage hat mich noch ein wenig über Wasser gehalten, aber irgendwann ging das nicht mehr und ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht kann.
Dann konnte er sich dazu durchringen (nach dem er in sich hineingehorcht hatte), das er mich auch liebt. Und ich weiß, dass er mich liebt. Für mich ist sowas immer nur sehr schwer zu kapieren, da ich ein sehr emotionaler Mensch bin und über alles rede, weil ich der Ansicht bin, dass nur das hilft. Er findet nur leider sehr schwer Zugang zu solchen Dingen und redet nicht gerne über Gefühle.

Nun zu den eigentlichen Problemen:
Nachdem die Beziehungssache geklärt war, ging es uns 4 Wochen ganz gut, dann wurdenwir beide sehr krank (Chlamydien) was wegen den evtl. bleibenden Spätschäden (Unfruchtbarkeit) zu sehr viel Streß geführt hat, den wir aber noch gemeinsam bewältigt haben.
Dann hatte er eine sehr langwierige Krankheit (3 Monate) die er nur bei mir zu Haus verbringen konnte, da ich 3 mal täglich Verbände wechseln musste. Und seitdem läuft einfach alles schief.

Für ihn war es der absolute Horror, auf mich angewiesen zu sein und nicht allein sein zu können. Wir konnten wegen der Krankheit keinen Sex haben, was mich zu dem zeitpunkt eigentlich nicht weiter gestört hat, da es ja sowieso nicht anders ging under hatte ständig starke Schmerzen. Nur mittlerweile, seit Beginn der Krankheit sind 6 Monate vergangen, und seit der endgültigen Heilung 3 Monate, haben wir auch keinen Sex. Wir küssen uns nicht mehr. Es fing schon ca. 2 Wochen nach der OP an, dass er mich einfach nicht an sich rangelassen hat (emotional) und siochsehr verschlosseb hat. Meine Hilfe und Krankenpflege hat ihn gestört, weil er es nicht gern hat, auf andere angewiesen zu sein. Er ist sehr launisch geworden. Er redet sowieso kaum über seine Gefühle, auch früher schon nicht und er sagt nie von sich aus seine Meinung, sobald es auch nur entfernt um die Beziehung geht.
Wir haben schon endlos versucht, diese Probleme zu lösen, doch es gelingt uns einfach nicht.

Ich muss noch weiter zu unserer Vorgeschichte ausholen, damit man das besser verstehen kann. Er hat ein sehr schwieriges Verhältnis zu seinen Eltern. sein Vater ist nicht trockener Alkoholiker, hat aber immer gearbeitet, nach Außen soweit alles normal. Seine Mutter ist sicherlich coabhängig (so wie er wohl auch) und hat ihm sein ganzes Leben lang erzählt, dass er Schuld ist, das sein Vater trinkt, das aus ihm nie wirklich etwas werden kann. Insgesamt legen seine Eltern mehr wert auf Schein, als auf ein richtiges Leben. Sie spielen die ganze Zeit einen auf Heile Familie, aber er hasst sie und liebt sie zugleich. Er hat 100 Therapiestunden Psychoanalyse hinter sich und sagt, dass er erst in der THerapie überhaupt Gefühle in sich erkannt hat. Nur leider kam die Therapie nicht zu einem Abschluß, und laut Krankenkasse (es ist etwas länger her) kann er erst nächsten Sommer die nächste Therapie machen. Er ist selbstverletzend (Arme udn Brust aufschneiden, Kopf vor die Wand schlagen) und er schläft selten länger als 2-3 Stunden pro Tag. Er ist sehr schnell verunsicherbar und ich glaube, er hält sich für einen schlechten Menschen.

Ich habe ebenfalls einen Alkoholiker zum Vater und eine ähnliche Vergangenheit, nur das ich schon in der Pubertät sehr heftige Streits mit meinenn Eltern hatte. Mein Vater hat mich auch geschlagen, bis ich ca. 16 Jahre alt war und ein damaliger Freund ihn in einem Streit, wo er zufällig dazukam, ebenfalls geschlagen hat. Nach einigem Drohen mit dem Jugendamt hatten wir dann einen Waffenstillstand. Mit 19 binich 400 km weit weggezogen um zu studieren. das ist nun 9 Jahre her. Ich habe vor 3 Jahren eine Therapie gemacht (Verhaltenstherapie) da ich sehr viele Psychosymptomatische Krankheiten hatte. Ich bin sehr entspannt aus dieser Therapie herausgegangen, und viele Probleme hatten sich geklärt, so wie etwa geringes Selbstbewußtsein und das Gefühl, ein schlechter Mensch zu sein, weil ich meinen Eltern nicht helfen konnte. Mir geht es was das angeht wirklich gut. Momentan befinde ich mich gerade mitten in meiner Hausarbeit zum 1. Staatsexamen und stehe was das angeht unter sehr starkem Druck, aber das ist durchaus noch ihm Rahmen für mich.

Schlimmer ist, das meine Beziehung zu meinem Freunn völlig aus demRuder läuft. Wir streitenuns sehr oft, meist, weil ichmich allein gelassen fühle, da ich einfach nicht an ihn rankomme, das war früher anders. Es ist schwer, das zu beschreiben, aber es fehlt einfach alles, was zu einer liebevollen Beziehung dazugehört wie etwa reden, Zeit miteinender zu verbringen und nicht nur vor dem Fernseher zu hocken, Komplimente zu machen oder kleine Geschenke, zu lachen, zu kuscheln und natürlich auch der Sex. Er tut sowas von sich aus nicht, und wennich sowas mache, ist es ihm irgendwie unangenehm, auch wenn er sich freut. MeinFreund weiß ganz genau, dass es mir deswegen momentan furchtbar schlecht geht, aber er steht auf dem Standpunkt, dass er sich nicht weiter verbiegen will (also so wie bei seine Eltern und in seiner letzten Beziehung). Wann immer ich ihm etwas erzähle, was ich mir wünsche oder erhoffe, kann er das verstehen, will aber nichts ändern, da es nur gespielt wäre oder er über seinen Schatten springen muss. Er sagt über sich selbst, dass er beziehungsunfähig ist, und das ist er vielleicht auch, aber ich möchte trotzdem einen Weg mit ihm finden, weil ich ihn wirklich sehr liebe. Ich habe mir schon Gedanken gemacht, ob ich nicht doch wieder mein Helfersyndrom auspacke, ich weiß es nicht.

Ich weiß nur, dass er einwunderbarer Mensch ist, bzw. sein kann. Alle Probleme scheinen mir an seinem quasi nicht existenten Selbstvertrauen zu liegen. Er vertraut mir auch nicht (er kann wohl niemandem Vertrauen) auch wenn ich ihm, soweit ich weiß, nie einen Anlaß gebotenhabe, an meiner Loyalität zuzweifeln, aber bei den Erfahrungen, die er so gemacht hat, ist das wohl nicht genug.

Wir steckenin einer sehr großen Krise, die davon geprägt ist, dass es immer wieder Situationen gibt, in denen er mich sehr verletzt und das dann erstmal nicht einsieht und sehr aggresiv wird (nur der Körpersprache und dem Ton nach). Irgendwann entschuldigt er sich aber bis dahin bin ich dann immer alleine. Ich fühle mich nicht geliebt, und nur das ich irgendwie schon weiß, das er mich liebt, ist kein Trost.
Schon oft haben wir uns den Mund fusselig geredet (also vielmehr ich und bis er was sagt, dauert es ewig, aber ich habe mir das Warten mittlerweile angewöhnt auch wenn es mir noch sehr schwer fällt) aber es ändert sich einfach nichts.

Und das verstehe ich einfach nicht. Er sagt, irgendetwas demnächst anders zu machen aber das seltsame ist, das wann immer wir über irgendetwas geredet haben, wird es nur schlimmer und kommt immer häufiger vor. So verstärken sich die Probleme am laufenden Band und es wird für uns beide immer unerträglicher. Und das Schlimme daran ist, dass er das weiß, und auch weiß, dass viel an seinem Verhalten liegt und er verspricht auch neuerdings immer, sich zu ändern aber dann kann er nicht und verzweifelt da selbst dran. Und dann denkt er immer mehr, das er garnichts kann (hat Mutti ja auch immer gesagt) und umso weniger kann er dann auch. Es ist ein Teufelskreis und ich habe keine Ahnung, wie er zu durchbrechen ist. Er weigert sich auf jeden Fall hartnäckig, eine halboffene Therapie zu machen (die die KK vermutlich zahlenn würde), er will auf den Sommer warten, aber ich weiß nicht, wie lange ich noch warten kann. Ich hatte schon vor 3 Moanten das Gefühl, nicht mehr zu können. Aber ich weiß auch ganz genau, dass er ein guter Menschist und seine Probleme nicht unlösbar sind, aber vielleicht verstärke ich sie so auch nur?
Ich weiß nicht mehr, was ich noch tun soll, Zeit geben, hat nichts gebracht, Probleme anzusprechen setzt ihn so unter Druck, das gar nichts mehr geht und Probleme nicht anzusprechen macht mich kreuzunglücklich.

Selbstverständlichist es nicht so, dass ich keine Fehler mache.
Aber die Dinge, die ich herausfinden konnte, wie etwa das er es hasst, bedient zu werden, wenn er krank ist (und sich lieber obwohl er Bettruhe hat selber zum Kühlschrank quält) habe ich geändert. Oder auch, das ich zuviel rede (was ich sonst übrigens nicht oft zu hören bekomme, was wohl daran liegt, ads all meine Freunde relativ viel reden). Das größte Problem, so glaube ich langsam, ist meine Existenz, weil ich ihm durch bloße Anwesenheit quasi ständig unter die Nase reibe, dass er nicht in der Lage ist, eine Beziehung zu führen (das redet er sich ständig ein). Er hat vor einpaar Tagen selbst gesagt, dass alles für ihn anfing, scheiße zu werden, als wir offziell zusammen gekommen sind.

Ich kann soviel an seinem Verhaltenverstehen, teilweise habe ich ganz genau dieselben Ängste und auch viele Probleme, die er hat, kenne ich selbst gut
vopn früher aber helfen kann ich ihm damit nichtl.

Vielleicht habt Ihr einen Rat für mich? Meine Freunde sagen dazu nur immer, dass sie auch keine Lösung wissen und es für mich besser fänden, wenn ich nen "normalen Freund" hätte, damit ich glücklich sein kann. Aber ich will nunmal mit meinem Freund glücklich sein!

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Da haben sich wohl zwei schwierige Menschenseelen gefunden, was? Aber sie haben sich gefunden. Tief im Inneren weißt Du, dass er Dich liebt und Deine Gefühle stelle ich erst recht nicht in Frage.

Ich bin keine Therapeutin; ich weiß nicht, ob ich euch beiden einen Weg aufzeigen kann und ob er der richtige wäre. Ich kann nur aus dem bauch heraus schreiben.

Du weißt so genau, wo seine Probleme liegen, was ihm das Beziehungführen so schwer macht - geh darauf ein. Damit will ich gar nicht sagen, Du tust es bis heute nicht. Immerhin bist Du es, die immer wieder alles anspricht, erzählst was Du Dir wünschst usw. Das ist eigentlich immer die Art von Gespräch, zu der ich rate. Von sich selbst sprechen. Aber mit Deinen Wünschen scheinst Du ihn unter Druck zu setzen und ihm indirekt zu sagen, dass er nicht fähig ist, Dich glücklich zu machen.

Und genau da liegt der Punkt. Zeig ihm das Gegenteil. Du möchtest mit ihm glücklich sein. Sei es. Leicht gesagt, was? Aber kann man nicht einfach akzetieren, dass es keine kleinen Geschenke zwischendurch gibt, dass keine allzu lieben Worte kommen, wenn man doch weiß, dass er liebt?

Er hat in der Zeit sehr gelitten, als er von Dir abhängig war. Das scheint viel mit ihm gemacht zu haben und im Grunde scheint er mir noch heute darunter zu leiden. Versuch, ihm das Gefühl zu geben, eigenständig zu sein und dass Du seine Hilfe brauchst. Das können die kleinsten Dinge im Alltag sein. 'Kannst Du mir mal eben helfen?' Gib ihm das Gefühl, dass Du ihn brauchst.

Du wirst ihn nicht verbiegen können. Er lässt es nicht zu - und das ist gut so. Er ist, wie er ist; hat so viel an sich zu arbeiten, dass Beziehungsarbeit ihn zur Zeit überfordert. Ich weiß, dass es wahnsinnig schwer ist, aber ich sehe im Moment den Weg in der Akzeptanz. Nicht das Leiden akzeptieren, aber seine Art - dann stellt sich das Leid ganz von allein ein.

Dränge ihn nicht zu Veränderung, nicht zu einer weiteren Therapie, nicht zu Dingen, die er im Moment nicht geben kann, sondern lass ihn an der langen Leine. Ich kann mir vorstellen, dass er sich ohne Druck selbst ändert und mehr in die Beziehung investieren kann, wenn er das Gefühl hat, so genommen zu werden wie er ist und das Gefühl, vieles zu können und richtig zu machen.

Letztendlich kann ich vielleicht noch zu einer Paartherapie raten.

Alles Gute!