Problem von Sebastian - 30 Jahre

Angst und Unzufriedenheit

Hallo liebes KuKa-Team,

ich fühle mich im Moment (schon seit mehreren Jahren!) in einer Spirale nach unten und das sowohl privat wie beruflich. Ich versuche die Situation mal näher zu beschreiben.

Ich habe Anfang des Jahres mein Studium erfolgreich abgeschlossen und bei meinem Praktikumsbetrieb, wo es mir damals immer sehr gut gefiel eine feste Anstellung bekommen. Die Anstellung sollte ich erst nicht bekommen, weil ich während meiner Zeit als Diplomand schon nicht mehr so gut und so dynamisch, wie mein Chef das bisher immer von mir gewohnt war. Die Diplomarbeit empfand ich auch als mega ätzend und es hat mich sehr viel Kraft gekostet die Arbeit festig zustellen. Das hing von mehreren Faktoren ab; zum einen, weil mein Projekt nicht wie geplant war umgesetzt werden konnte und ich schließlich alles aus meiner Phantasie heraus schreiben musst, zum anderen und das meinte mein Chef, dass ich nicht immer bei der Sache und gehemmt war. Und in diesem Punkt kann ich ihm nur zustimmen. Genauso fühlte ich mich auch. Hauptsächlich aus Unsicherheit und Angst heraus, die ich aber nie so richtig fassen kann. Zwischenzeitlich nahm ich sogar von meinem Therapeuten verschriebene Psychopharmaka. Leider haben selbst die immer nur zeitweilig geholfen. Jedes Mal, wenn ich der Meinung war, es geht wieder aufwärts und die Tabletten ausgeschlichen habe, bekam ich erstens die Nebenwirkungen zu spüren und zweitens bald darauf wieder einen Rückfall.

Mit der Abgabe des Diplomarbeit und den Arbeitsvertrag in der Tasche, zog ich von Hannover nach München und wollte, dass nun vieles besser und so wie früher, wie bei meinem ersten Praktikum in München wird. Leider wurde dieser Wunsch bisher nicht war und mein Chef hat mir innerhalb meiner Probezeit den Vertrag wieder gekündigt. Jetzt nehme ich ? weil nicht so starke Nebenwirkungen ? wieder Johanniskrauttabletten zur Beruhigung, die leider nur bedingt helfen. Im Job plätschert es nach wie vor nur so hin und im Privatleben fühle ich mich so was von einsam. Ich habe schon seit 3 Jahren keine Partnerin mehr und sehne mich von ganzem Herzen nach Nähe und Geborgenheit. Das Ansprechen in Diskos und Bars hat bisher noch nie geklappt, weshalb ich das Internet zur Hilfe nehme. Ich habe schon relativ viele neue Leute, auch Frauen, hier in München kennengelernt. Leider entwickelt sich bei keiner mehr.

Ich bin weder hässlich noch dumm und arm glücklicherweise auch nicht, aber ich hab nichts, was ich besonders gut kann oder gerne mache. Etwas wobei mir das Herz aufgeht. Sowas wie tiefe Freunde und Zufriedenheit oder Trauer verspüre ich schon länger nicht mehr. Ich würde gerne mal von Herzen weinen, aber das geht nicht.

Inzwischen bin ich in einen Yogaverein eingetreten, um über die Bewegung und Atemübungen die Angst in den Griff zu bekommen, und bemühe mich um organisierte Veranstaltungen.

Ich kann einfach nicht mehr; habe keine Kraft mehr weiter zu machen und vor allem sehe ich für mich weder beruflich noch privat irgendeine Perspektive. Von Zeit zu Zeit greife ich sogar schon zum Alkohol und fühle mich am nächsten Tag ganz schrecklich. Das kommt glücklicherweise nicht oft vor.

Habt Ihr vielleicht noch einen Tipp für mich? Soll ich in eine Klinik gehen?

Herzliche Grüße, Sebastian

Eva Anwort von Eva

Hallo lieber Sebastian

Schön, dass du dich an uns wendest!

Tut mir leid, dass es im Moment nicht so läuft bei dir :-(
Den ersten Schritt zur Besserung hast du schon getan: Du hast gemerkt, dass es so nicht weitergehen kann, und gibst nicht auf, sondern möchtest etwas daran ändern! Das finde ich super! :-)

Ist denn irgendetwas vorgefallen, dass du dich so verändert hast? Du schreibst ja, dass du früher sehr dynamisch bei der Arbeit warst?
Dass du die Diplomarbeit als sehr ätzend empfunden hast, wenn es damit nicht so geklappt hast, wie du dir das vorgestellt hattest, ist irgendwie logisch und voll verständlich. Könnte sogar das der Auslöser gewesen sein, dass du plötzlich nicht mehr bei der Sache warst?
Ich fände es wichtig, dass du für dich weisst, warum du plötzlich gehemmt, unsicher und ängstlich wurdest. Nur wenn du weisst, was der Grund war, kannst du anfangen das zu verarbeiten.
Du hast schon mehrere Medikamtente genommen. Meiner Meinung nach sind Medikamente in einer solchen Situation reine Symptombekämpfung. Natürlich will ich deinem Therapeuten nicht sagen, wie er seinen Job zu machen hat - dazu habe ich absolut kein Recht. Aber ich finde, du solltest vor allem an deinem Selbstbewusstsein arbeiten.
Setz dich vor den Spiegel und sage dir laut, was du an dir gut findest. Den Anfang hast du ja schon in deiner Mail gemacht. Du siehst nicht schlecht aus, bist intelligent und hast etwas Geld auf der Seite. Das sind Äusserlichkeiten - die sicher auch wichtig sind - aber jetzt sollten noch die "Stärken" oder "inneren Werte" dazukommen. Da du geschrieben hast, du könntest nichts besonders gut, frage mal deine Freunde, was sie besonders an dir schätzen, oder wo sie deine Stärken sehen. Du kannst dir ja auch alles aufschreiben, was sie dir sagen. Glaube mir, so ein Zettel kann Wunder bewirken!

Wenn du wieder etwas Selbstsicherheit ausstrahlst und dich auch (wieder) getraust jemanden anzusprechen wird es bestimmt auch besser mit den Frauen klappen!
Ich weiss, wie man sich fühl, wenn man unbedingt einen Partner/ eine Partnerin möchte und es klappt einfach nicht. Aber wie gesagt - arbeite etwas an deinem Selbstbewusstsein - und wenn du es am wenigsten erwartest steht sie vor dir. (Klar, das schreiben wir oft - aber nur weil es wirklich so ist! Mir ging es genau so! :-))

Ich finde es super, dass du dich nicht einfach zurückziehst, sondern in einen Yogaverein gehst und unter die Leute gehst.
Viele Menschen haben in einer solchen Phase, in der gerade gar nichts klappt, das Gefühl keine Perspektive zu haben. Meistens ist das aber nur die eigene Traurigkeit und eigene Überzeugung, dass eh nichts klappt. Du hast ein abgeschlossenes Studium - das ist scho viel mehr, als die meisten Menschen jemals hinkriegen!! Glaube an dich, schau dich nach einem Job um und lass vor allem den Kopf nicht hängen! Das wird schon!!

In die Klinik würde ich dich nicht gerade schicken. Aber wenn du denkst, du brauchst Hilfe, um deine Erfahrungen zu verarbeiten oder dein Selbstbewusstsein zu stärken, könntest du ja mal einen Gesprächstermin bei einem Therapeuten machen. Er kann dir bestimmt auch Tipps geben, wie du wieder "der Alte" werden kannst.

Ich wünsche dir alles, alles Gute!
Liebe Grüsse
Eva