Problem von Anonym - 20 Jahre

Zweifel

Hey liebes Kummerkasten-Team,

ich weiß nicht so genau in welche Kategorie ich das hier posten soll. Eigentlich würden mich auch die meisten wegen dieses \'Problems\' belächeln, aber mich trifft und belastet es.
Mich plagen irgendwo Existenzängste. Insofern sie mich mit fast 21 plagen sollten. Ich studiere zurzeit auf Lehramt. Es macht auch echt Spaß und die Leute sind echt nett. Aber ich bekomme nicht die Erfolgsresonanz, wie ich sie mir vorstelle, in Sachen Klausuren, Hausarbeiten etc.
Ich sitze stets zu Hause und lerne für meine Klausuren, wenn welche anstehen und mögen sich noch so \"leicht\" sein. Ich lerne also wirklich viel und bestehe die Klausuren dann auch, allerdings immer nur mit 4,0 oder 3,7, oder Ähnlichem. Meine Freunde erzielen mit weniger, oder dem selben Lernaufwand weitaus bessere Noten als ich, welche sich alle im Einserbereich abspielen. Ich komme mir dabei einfach unfassbar blöd vor und fange an, an mir zu zweifeln, obwohl mir immer nachgesagt wurde, dass ich der selbewussteste Typ sei, den man kennen würde. In dieser Hinsicht ist mir mein Selbstvertrauen aber komplett abhanden gekommen. Ich kann ja eh lernen, oder schreiben was ich will, es ist grundsätzlich schlecht.
Wie gesagt, wahrscheinlich wird mein Problem belächelt und gesagt: \"Wenn das sein größtes Problem ist, dann muss er aber ein ganz schön gutes Leben haben\". Es belastet mich tierisch, dass ich nicht weiß, wohin mit mir und ob das was ich mache wirklich das Richtige für mich ist. Ich wechsle jetzt sogar das Fach, obwohl mich mein altes Fach eigentlich mehr interessiert hat als mein neues Fach. Aus dem einfachen Grund, weil meine Noten unterirdisch waren.
Ich möchte mich später einfach als ein Lehrer präsentieren, der auch fachliche Komptenz ausstrahlt und nicht nur der lockere Kumpeltyp mit pädagogischen Fähigkeiten sein, der aber fachlich nichts auf dem Kasten hat.
Wahrscheinlich werden hier wirklich schwerwiegendere Probleme gepostet, aber ich hoffe totzdem, dass ihr ein offenes Ohr/Auge für mein \"Problemchen\" habt. Das macht mich im Moment wirklich seelisch fertig.

Falls ich eine Antwort bekommen sollte, danke.

Marie Anwort von Marie

Lieber Ratsuchender,

ich denke, dass du einfach zu hohe Erwartungen an dich selbst stellst.
Dass du schlechte Noten im Studium bekommst, muss nicht heißen, dass du in deinem Fachgebiet nicht gut bist. Die Bewertung von Klausuren, Hausarbeiten etc. ist sehr subjektiv - schlechte Noten spiegeln meist nur wider, dass man die Erwartungen des jeweiligen "Bewerters" nicht kennt und ihnen daher auch nicht entsprechen kann.
Das bedeutet aber nicht, dass du für den Lehrerberuf nicht geeignet bist. Wenn dir dein Studium Spaß macht und du weißt, dass du gern Lehrer werden möchtest, dann kannst du darauf vertrauen, dass es das Richtige für dich ist.
Der Unterricht in der Schule läuft sowieso auf einem völlig anderen Niveau ab als die Veranstaltungen in der Uni. Neunzig Prozent von dem, was du jetzt lernst, wirst du in deinem Schulalltag nicht wieder brauchen. Dementsprechend ist es auch egal, welche Noten du jetzt bekommst - und wenn du dann Lehrer bist, fragt dich sowieso niemand mehr nach deinen Noten. Ein sympathisches Auftreten und pädagogische Fähigkeiten machen einen hundertmal besseren Lehrer aus dir als reine Fachkompetenz. Fachkompetenz strahlst du ohnehin schon aus, wenn du - und davon gehe ich aus - dich auf deinem Fachgebiet ein bisschen besser auskennst als deine Schüler.

Um einen Gefallen möchte ich dich noch bitten: Bitte hör auf, dich selbst (in Bezug auf deine Noten im Studium) mit anderen zu vergleichen. Damit machst du dich nur selbst fertig und es bringt nichts. Manchen fällt es eben leicht, die Erwartungen der Dozenten zu erahnen und gute Noten zu schreiben, und anderen nicht. Deine Freunde mögen bessere Noten schreiben als du, aber du hast dafür andere Stärken, die sie vielleicht nicht besitzen und um die sie dich im Stillen beneiden.
Wenn du magst, kannst du ja mal eine gemeinsame Prüfungsvorbereitung in einer Art Lerngruppe anregen, dann merkst du vielleicht, wo die anderen ihre Schwerpunkte setzen, und kannst daraus etwas für dich mitnehmen.

Ich wünsche dir alles Gute!

Liebe Grüße,
Marie