Problem von Anonym - 14 Jahre

Problem im Umgang mit Gleichaltrigen

Liebes Kummerkasten-Team,

vorab etwas zu mir, das eigentliche Problem folgt dann ...
Ich habe mir vor Kurzem vorgenommen, mein Leben zu verändern, da ich bisher nie wirkliche Freunde hatte. Das hat mir eigentlich auch nie etwas ausgemacht.
Jetzt merke ich allerdings, dass mir deswegen lange Zeit etwas ganz wichtiges gefehlt hat. Vor zwei Jahren kam ich, weil ich sitzen geblieben bin, in eine neue Klasse. Von Anfang an bin ich nie auf meine neuen Mitschüler zugegangen, sie waren für mich eigentlich gar nicht da, in der Vorherigen Klasse war das genau so.
Dann folgte eine Zeit, über einige Monate, in der ich von 2, 3 Leuten in der Klasse meiner Meinung nach völlig Grundlos gedemütigt wurde.
Mit solchen Sprüchen wie \"Außenseiter\" oder \"Du hast keine Freunde\".
Mein Name stand auch des öfteren in Verbindung mit irgendwelchen Schimpfwörtern an der Tafel.
Das war für mich ziemlich schlimm, hat aber nach den darauffolgenden Sommerferien aufgehört.
Bis jetzt habe ich meinen Alltag also ohne Freunde verbracht.
Das störte mich nicht, aber sehr unangenehm war mir, dass mich meine Eltern und der Rest meiner Familie immer wieder darauf angesprochen haben.

Aber jetzt merke ich, dass ich was ändern muss.
Ich habe mir schon vor Monaten ein Bild meiner \"Klassenkameraden\" gemacht und mir überlegt, mit wem ich mich anfreunden könnte.
Einer ist mir dabei die ganze Zeit über im Hinterkopf geblieben, da ich mich einmal, als ich noch neu in der Klasse war mit ihm getroffen habe.
Das kam von seiner Seite aus, ich wollte das eigentlich garnicht und ich glaube, das habe ich ihm damals auch zu verstehen gegeben, als ich mich nach diesem Treffen nicht mehr mit ihm unterhalten habe und jeglichen Kontakt abgeblockt habe.
Aber derjenige ist der einzigste in meiner Klasse, mit dem ich mir eine Freundschaft vorstellen kann.
Ich weiß nicht wieso, ich habe die letzten Jahre so einiges zwischen Tür und Angel über ihn mitbekommen und demnach haben wir völlig verschiendene Interessen.
Seit einigen Wochen unterhalte ich mich auch öfters mit ihm, meine Vermutung, das wir gar keine gemeinsamkeiten haben hat sich bestätigt.
Dennoch habe ich jeden Tag, an dem ich keine Möglichkeit hatte, mich mit ihm zu Unterhalten, was ich wie gesagt seit einigen Wochen immer wieder tue, ein schlechtes gewissen.
Irgendwie will ich mit ihm befreundet sein.
Das könnte ich eigentlich auch, er zeigt an mir viel Interesse.
In den Pausen kommt er oftmals auf mich zu und fragt mich beispielsweise, welche Musik ich höre, was ich da an meinem Handy mache, wie ich diese und jene Klassenarbeit fande usw.

Mir fällt es leicht darauf zu antworten, klar, aber, und jetzt zu dem Problem:
Mir fällt es sehr schwer, eine Unterhaltung, die mit solchen Fragen beginnt aufrecht zu erhalten.
Ich weiß einfach nicht, was ich anderes tun könnte, als nur darauf zu antworen.
Ihn vielleicht das selbe zu fragen, aber mehr fällt mir wirklich nie ein.
Und an der Stelle stehe ich dann da und denke: Mist.
Dann bricht die Unterhaltung ab und im Nachhinein werde ich wieder von einem total schlechten Gewissen geplagt.

Zudem traue ich mich garnicht, in den Pausen oder vor den Stunden, vor dem Klassensaal zu ihm zu gehen und ihn anzusprechen, wie er es oft macht.
Wir stehen dann in verschiedenen Ecken auf dem Hof, im Flur, er mit anderen aus der Klasse, ich alleine.

Ich weiß einfach nicht, wie ich es schaffen soll, den eigentlich bestehenden Kontakt aufrecht zu erhalten.
Ich habe wirklich Angst, auch wenn sich das etwas albern anhört, dass der Kontakt, den eigentlich er aufgebaut hat, abbricht.
Er findet mich ja anscheinent Interessant.

Außerdem befinde ich mich gerade etwas unter Zeitdruck, denn in einer Woche, am 08. Oktober beginnen die Herbstferien und bis dahin muss ich ihn irgendwie zu einem Treffen gefragt haben.
Das klingt zwar komisch, aber zwei Wochen lang keinen Kontakt zu haben, davor hab ich fast schon Angst.
Und früher war das gar kein Problem.
Ich merke also, wie wichtig Freundschaften sind, schaffe es aber nicht, solche Aufzubauen.

Ich weiß, bis die Ferien angefangen haben, konntet Ihr vermutlich noch nicht auf mein Problem antworten.
Ihr habt viel zu tun, daher auch meinen Respekt, was ihr hier leistet, ist Großartig. =)

Vielen Dank schonmal im Vorraus!

Stefan Anwort von Stefan

Lieber Ratsuchender,
ich freue mich, dass du dich mit deinem Problem an uns gewandt hast.

Je weiter ich deine Problemstellung gelesen habe, desto mehr habe ich den Eindruck gewonnen, dass du dir selbst im weg stehst. Es kommt mir so vor, als hättest du dir etwas unmögliches vorgenommen. Genau so gut hättest du dir sagen können: Ich will spontan werden! Man kann nicht spontan werden. Denn wenn man sich ständig denkt: ?Ich muss spontan sein!? ist man es nicht, weil man ja nur etwas tut, um so zu wirken. Ich hoffe der Vergleich war ein wenig nachvollziehbar. Was ich damit verdeutlichen möchte ist folgendes: es ist kaum möglich, eine Freundschaft ?herbeizuzwingen?.

Eine Freundschaft ist etwas, was sich bildet, und weiter wächst. So was kann man einfach nicht planen. Deine Beschreibungen vermitteln mir außerdem den Eindruck, dass du unter einem enormen selbst erzeugten Druck stehst: Ich will Freunde!

Je eiserner sich dieser Wunsch in deinen Kopf brennt, desto schwieriger wird es, ihn umzusetzen da die Lockerheit fehlt. Wenn du also merkst, dass dein Klassenkamerad einfach interessenbedingt nicht zu dir passt, ist das vollkommen okay. Nur weil du auf Freundschaftssuche bist, heißt das nicht, dass du jeden nehmen musst, der dich nur halbwegs anlächelt. Manche Leute sind eben nett, man kommt in der Schule/ auf Arbeit gut mit ihnen aus, aber dabei bleibt es eben auch. Dann wiederum gibt es Leute, mit denen man sich so gut in der Schule/ auf Arbeit versteht, dass man mit ihnen auch gern außerhalb Kontakt hätte. Vielleicht ist dein Klassenkamerad eher einer von den ersteren? Ich würde dir vorschlagen vielleicht mal mit ihm etwas zu unternehmen, wie zum Beispiel Kino, Bowling oder ähnliches. Nach dem Kino hättet ihr zum Beispiel gemeinsamen Gesprächsstoff der die Anspannung (die ich vermute) zwischen euch etwas lockern könnte. Vielleicht findest du in weiteren Gesprächen doch noch Gemeinsamkeiten?

Sollte es mit diesem Klassenkameraden nicht so klappen solltest du nicht enttäuscht sein. Vielleicht schaust du auch mal in einer Jugend(freizeit)einrichtung in deiner Umgebung vorbei? Dort sind oft viele Kinder und Jugendliche verschiedenere Altersklassen und durch die Angebote kommt man auch leichter in ein Gespräch. Du solltest allerdings versuchen, möglichst locker an die Sache heran zu gehen und nicht beim ersten Kontakt denken: ?Mit dem könnte ich eine Freundschaft aufbauen!?.

Ich hoffe dir eine Antwort, bzw. Ratschläge auf dein Problem geben zu können. Sollte das nicht der Fall sein oder du noch andere Probleme haben, kannst du dich natürlich gern erneut an uns wenden.

Ich wünsche dir alles Gute,
Stefan