Anwort von Dana

Hallo, liebe Unbekannte!

Tut mir sehr leid, dass dich erst jetzt eine Antwort erreicht, aber es ist einfach erst jetzt auf unserem Tisch gelandet.

Dein Problem ist sehr schwierig, weil du eigentlich nicht viel tun kannst, was dem Jungen hilft.

Zuerstmal: bist du ganz sicher, dass er die Wahrheit erzählt und nicht nur Aufmerksamkeit will? Das klingt jetzt natürlich hart, aber ich habe schon einiges im Net erlebt, da sind schon ganz andere Sachen gelaufen. Eine Freundin im Net zu haben, die sich den ganzen Tag Sorgen um einen macht, ist schon was Tolles.

Wenn du dir sicher bist, dass er die Wahrheit sagt und wirklich schon zweimal Suizid versucht hat, dann ist es wichtig, dass du weißt, dass du als Freundin nicht viel ausrichten kannst. Entweder will er Hilfe und versucht auf diesem Weg welche zu bekommen. Dann kannst du ihm immer wieder sagen, er soll sich unbedingt fachliche Hilfe holen (Psychologen). Oder er will wirklich sterben, dann wirst du ihn nicht davon abhalten können. Selbst, wenn du hinfährst.

Das Problem hier ist, dass du selbst keine Psychologin bist. Du leidest selbst dazu noch sehr mit und nimmst sein Problem als deines an, was man sieht, da du uns schreibst und gleich im ersten Satz steht, dass DU ein Problem hast. Und das ist gefährlich. Es kann dich tiefer und tiefer ziehen. Du hast ja keinen Abstand zu dem Problem, da du den Jungen als deinen Freund bezeichnest. Ich hingegen kenne euch beide nicht und kann daher recht objektiv betrachten.

Freunde von Suizidalen sind immer am schwierigsten dran. Sie können nicht richtig helfen, stecken aber voll mit drin. DU hast kein Problem, ER hat eins. DU kannst ihm nur immer wieder dazu raten, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Er war jetzt in einer Klinik. Ich nehme mal an, es ist eine psychosomatische Klinik gewesen, da Menschen, die einen Suizidversuch begangen haben, dort erstmal eingewiesen werden. Die haben dann normalerweise auch erstmal ein Auge drauf, wie er sich entwickelt. Es wäre wichtig, dass er in eine Langzeittherapie kommt (aber das sagen die ihm dort auch sicher).

Wenn er sagt, dass Rebellion das einzige ist, was er machen möchte, wäre deine Aufgabe hier, ihm ganz eiskalt zu sagen: wenn du rebellieren möchtest, NICHT mit MIR! Du reagierst nämlich eigentlich genau so, wie er es gerne haben möchte, mit gaaaanz viel Sorge um ihn. Das ist auch schön von dir, das tut seiner Seele sicher gut, aber helfen tut es nicht wirklich etwas. Er muss in eine Therapie, er muss seelisch gesunden.

Und DU bist nicht dafür verantwortlich, dass er das macht. Er muss das selbst wollen, aber du kannst ihn hinführen. Ich hatte eine Freundin, die ebenfalls einen Suizidversuch hinter sich hatte. Sie wollte ewig nicht in eine Behandlung, hat mich aber jeden Tag aufs Neue sehr stark mit ihrem Problem belastet. Ich musste jeden Tag zuhören und Rat geben. Auf Dauer bin ich selbst fast daran zerbrochen, da sie sich mit allem, was sie hatte, auf mich gehängt hat.

Irgendwann habe ich zu ihr gesagt: "Wenn du nicht endlich fachliche Hilfe in Anspruch nimmst, ist unsere Freundschaft beendet. Ich kann nicht mehr". Sie war damals danach total geschockt, ging aber wirklich in die Behandlung und dann sogar in eine Klinik. Unsere Freundschaft hat das alles leider nicht überlebt. Es war zuviel passiert, ich konnte nicht mehr.

Und davor würde ich dich gern bewahren. Du kannst ihn nicht retten, das muss er selbst tun. DU bist nicht verantwortlich und DU bist auch an nichts Schuld. Du kannst nicht seine ganzen Sorgen und Probleme zu deinen eigenen machen. Du kannst ihm Hilfestellung geben, indem du ihn ermutigst, den Weg mit einem Menschen vom Fach zu gehen. Aber du solltest sehr genau trennen. DU bist nur die Freundin, nicht die Therapeutin. DU darfst nicht unter diesem Problem leiden müssen. Du kannst es auch nicht lösen.

Und lass dich bittebitte nicht erpressen. Das passiert auch oft. Wenn eine Freundin dann sagt: "Du, ich kann da nicht weiter mit, du müsstest dir fachliche Hilfe suchen", dann kommt oft: "Du lässt mich im Stich!!! Ich bringe mich um!!"...Weise das von dir. Es ist wichtig, dass du das nicht an dich heran lässt. Er muss verstehen, dass er Hilfe braucht. Dass es ohne nicht geht.

Solange er meint, rebellieren zu müssen, aber sich dann bei dir ausheult, ist das der absolut falsche Weg. Und diese Last kannst du auch nicht mehr lange tragen. Du merkst ja jetzt schon, dass du vor Sorge fast umkommst.

Ich weiß, es ist total hart, aber ich habe das alles schon durch, wie du gelesen hast. Es geht für dich irgendwann schief. Und dann brauchst DU die Therapie...und das kann es ja nicht sein.

Schütze dich. Das ist das Allerwichtigste. Hilf ihm gerne mit einem guten Ratschlag, aber schütze DICH.

Ich wünsche dir viel Erfolg.

Liebe Grüße,

Dana