Problem von Anonym - 37 Jahre

Er will niemals Kinder... Trennung besser?

Liebes Kummerkasten-Team,

ich brauche unbedingt eine objektive Meinung.

Ich war 10 Jahre mit jemandem zusammen. Habe in der Zeit Karierre gemacht und die letzten Jahre \"nur\" gearbeitet. Die Beziehungen in den letzten 5 Jahren habe ich meist nach paar Monaten beendet.
Die letzten zwei Jahre habe ich mir immer wieder die Frage gestellt für wen ich das eigentlich alles mache. Arbeiten, Karriere, einen materiellen \"Kram\" nach dem nächsten anschaffen. In meiner Familie hat eigentlich jeder ein Kind. In meinem kompletten Freundeskreis niemand. Wen ich zu Besuch bin, bei Nichte oder Neffen, die tlw. deutlich jünger sind als ich, ertappe ich mich oft, dass ich neidisch bin.
Sie meistern das alles fabelhaft. Job, Kind, Freundeskreis. Sie wirken ausgeglichener, zufriedener, glücklicher. Die Bindungen sind viel fester. Das materielle rückt in den Hintergrund, hauptsache den Kindern geht es gut.

Es ist heutzutage in dem Alter schwer jemanden kennenzulernen. Jede in unserer Clique wünscht sich eigentlich einen Partner. Alles Leute, die zielstrebig, erfolgreich Ihrer Karriere nachgehen.
Jetzt habe ich jemanden kennengelernt, den ich sehr gern mag. Es passt einfach sehr, sehr vieles. Wir lachen viel. Können uns stundenlang unterhalten oder lauthals diskutieren. Ich spüre an tausend kleinen Gesten dass ich ihm sehr viel bedeute und umgekehrt. Das erste mal, kurz bevor er mich treffen wollte haben wir telefoniert. Er redete nur von Ex-Freudinnen und dass er ins Ausland gehen wollte. Ich habe den Kontakt beendet. Einige Wochen später schrieben wir und kamen sehr nett ins \"Gespräch\". Wir haben uns getroffen und hmmm tja wie soll ich sagen, wir waren uns auf Anhieb sofort sympathisch. Es war unglaublich vertraut. Schon unheimlich. Wie sagt man so schön, dass Aussehen entscheidet wer zusammen kommt, der Charakter ob man zusammen bleibt. Gleich beim 3. Treffen sagte er, dass er keine Kinder will. Niemals. Es gäbe keinen vernünftigen Grund sich ein Kind anzuschaffen. Es passe nicht in seine berufliche Planung. In seinem Freundeskreis sieht das jeder genauso und so weiter. Ich habe erstmal nichts dazu gesagt.
Im Laufe der Zeit erfuhr ich, dass er als Kind von seinem Vater geschlagen wurde. Seine Schwester zum Glück nicht. Seine Mutter liess sich irgendwann scheiden, ich glaub als er 14 war. Mit 14, 15 war er so durchtrainiert, dass er zurückschlug. Und es kam nie wieder vor, dass der Vater ihn schlug. Ich war fassungslos. Soetwas gab es bei uns zu Hause nicht. Er hat dann extrem früh geheiratet, die Ehe hielt 10 Jahre. Die beiden trennten sich, als sie fremdging. Er meinte mal, er wurde nur verarscht von Frauen. hmmm nehme ich so hin. Er sieht sehr gut aus. Ist charmant, witzig und hat einige Freundinnen. Genauso wie ich umgekehrt auch einige gute Freunde habe.
Tja, meine Vernunft sagt mir: Trenn Dich. Lass ihn frei. Er ist 1 Jahr jünger als ich. Er hätte also noch locker 10 Jahre Zeit es sich anders zu überlegen. ODER eine Frau zu finden mit der er Kinder haben will. Auf der anderen Seite, denke ich: geniess die Zeit doch einfach und lass es sich entwickeln. Ich weiss ich tue ihm gut. Ich bin absolut treu und vom Typ her sehr zuverlässig, aber auch freiheitsliebend. Ich versuche ihm zu zeigen, dass er mir vertrauen kann. Egal wo ich hingehe, biete ich ihm an mitzukommen. Ich lass ihn an meinem Leben teilhaben und er mich umgekehrt an seinem. Er erzählt unglaublich viel, als wollte er die Zeit aufholen, die wir nicht zusammen verbracht haben. Ich mag ihn sehr. Und umgekehrt auch. Er ist einmal mitten in der Nacht 70 km zu mir gefahren, nur um mich zu sehen, obwohl er am nächsten Tag arbeiten musste. Mein Gefühl sagt mir er hat Angst. Angst später einfach nur der blöde Unterhaltszahlende zu sein. Angst davor beschissen zu werden. Angst davor, dass ich gehe o. mich einem anderen zuwende. Mein Gefühl sagt mir es sich entwickeln zu lassen. Er redet manchmal von zusammen ziehen, indem er sagt, es wäre doch schön, wenn wir uns jeden Abend sehen könnten... Er weiss nicht, dass ich gerne Kinder möchte. Als er das Thema anschnitt und sich so in Rage redete, habe ich nur zugehört, aber skeptisch geschaut. Als er sagte, nenn mir einen vernünftigen Grund habe ich geschwiegen. Als er meinte: und ist Deine Entscheidung jetzt gefallen, hab ich nur gelächelt und gesagt, dass ich ihn sehr lieb habe.
Ich habe die letzten 5 Jahre niemanden getroffen, der mir soviel bedeutet. Es gibt einige die mich gerne kennenlernen würden bzw. mich zum essen einladen wollen. Ich hab meist abgelehnt. Die die ich getroffen habe, waren 10 Jahre oder noch älter als ich. Die die jünger waren interessierten mich auch nicht, weil ich mich mit denen nicht unterhalten konnte.

Sorry, wenn der Text so lang ist. Ich dachte je besser ich alles umschreibe, je mehr habt ihr ein Gefühl für die Situation. Der Punkt ist: ich möchte sein Leben nicht ruinieren mit einem Kind. Mein Leben nicht indem es kinderlos bleibt. Es mag sich egoistisch anhören, aber ich wollte im Grunde schon immer ein, zwei Kinder. Jemand der das was ich mir aufgebaut habe und aufbaue mal erbt. Zumindest würde ich gerne einen Versuch wagen.

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte,

es gibt zwei Wege, die du beschreiten kannst.

1. "ich sag ihm die Wahrheit, dann wird es wahrscheinlich zur Trennung kommen, es ist aber fairer als wenn ich es verschweige."
2. "ich lass es erstmal auf mich zukommen. Vielleicht ändert er seine Meinung ja, wenn er länger mit mir zusammen ist."

Das erste hat meine Schwester vor nicht langer Zeit durchgezogen. Sie war mit ihrem Freund zusammen, es passte alles perfekt. Bis auf den Punkt, dass sie keine Kinder will und er der totale Kinderfan und Familienmensch ist. Sie war dann so ehrlich und hat es gesagt, sie haben lange drüber geredet...und danach war die Beziehung vorbei. Sie haben sich getrennt, bevor es für beide zu schwer geworden wäre, weil die Liebe zu stark war.

Kann man machen. Muss man aber nicht. Viele Menschen sind vom Kinderhasser zur süßesten Familie geworden. Daher mal was zum Punkt 2:

Überleg einfach mal, woher dieser Abstand zu Kindern und das Misstrauen insgesamt kommt. Er hat schlimme Erfahrungen in seiner Kindheit gemacht. Es könnte sein, dass er Angst hat, dass er selbst so ein Vater werden könnte, dass er denkt, der Vaterrolle niemals gerecht werden zu können. Klar, es kann auch sein, dass er Kinder einfach blöd findet. Das müsstest du mal rauskriegen. Dazu kommt noch, dass er sich wahrscheinlich immer ungeliebt gefühlt hat und denkt, Kinder haben es in Familien einfach nicht gut. Misshandelte Kinder reagieren im Erwachsenenalter oft so, dass sie sich vom Thema "Familie" verabschieden oder es "erst recht" gut machen wollen und es dann bis ins Bodenlose übertreiben.

Als weiterer Punkt liegt bei ihm im Argen, dass er wohl oft von Frauen verarscht wurde. Vielleicht hat er auch nur dahingehend Angst, dass das bei dir irgendwann auch so kommt. Was will er dann mit einem Kind, das euch beide aneinander bindet.

Ich könnte mir halt vorstellen, dass er, wenn ihr länger zusammen seid und er merkt, wie er sich in der Beziehung fallen lassen kann, durchaus seine Meinung ändert. Negativer Fakt: die Zeit. Du bist 37, es kann dauern, bis er soweit ist. Gut, inzwischen kriegen Mütter mit 42 noch gesunde Kinder, aber sinnvoll ist es nicht wirklich. Du wärst dann 52, wenn das Kind 10 ist.

Du musst also selbst abwägen, was dir hier wichtiger ist. Das Zusammensein mit deinem Freund (du schreibst selbst, dass du dich lange nicht mehr so wohl bei einem Mann gefühlt hast) oder das Kinderkriegen hier und jetzt.

In diese Entscheidung möchte ich dir nicht hinein reden. Ich weiß nur, dass man mit Liebe und Geduld einiges hinkriegt und man sich vielleicht über verpasste Chancen sehr ärgern könnte. Andersrum weiß ich auch, dass ein Aufbauen einer Beziehung auf einer "Lüge", bzw dem Verschweigen eines Fakts auch nicht das Wahre ist.

Du musst für dich entscheiden, ob du der Beziehung mehr Zeit zum Reifen gibst, in der Hoffnung, dass er sich dann entspannter mit dem Thema Kind auseinander setzen kann oder ob du es lässt, weil du denkst, er wird sich eh nicht ändern und du willst JETZT dein Kind...

Ich wünsche dir den Mut für die für dich richtige Entscheidung.

Liebe Grüße,

Dana