Problem von Anonym - 18 Jahre

Ich sehe keinen Ausweg mehr

Hallo Liebes KuKa - Team,

ich bin an einem Punkt in meinem jungen Leben angelangt, an dem ich einfach nicht mehr weiß ob mein Leben noch einen Sinn macht. Ich leide unter starken Depressionen, werde wahrscheinlich auch bald Medikamente einnehmen müssen und es wird immer schlimmer. Wenn es nur der seelische Schmerz wäre, andauernd verfolgen mich Panikattacken: Herzrasen, Luftnot, Stiche in der Brust etc. Ich halte das einfach nicht mehr aus! Obwohl ich bereits eine Psychotherapie mache und die Therapeutin sich alle Mühe gibt, habe ich das Gefühl, alles wird nur noch schlimmer. Manchmal fühle ich mich so alleine. Mein Vater ist gestorben als ich 8 war, zu meiner Mutter und meinem Bruder, die beibe alkohol - bzw. drogenabhängig sind, habe ich so gut wie gar keinen Kontakt. Ich wohne seit etwa einem halben Jahr alleine, zuvor habe ich seit meinem 12. Lebensjahr in einem Heim gelebt. Eigentlich ging es mir dort immer gut, ich erhalte zur Zeit auch noch Betreuung von diese Seite, diese läuft jedoch bald aus und dann bin ich ganz alleine. Meine Freunde will ich mit meinen Gedanken nicht belasten, die haben selbst genung eigene Probleme. Zudem würden sie mich wahrscheinlich nicht verstehen, weil sie mich so einfach nicht kennen. Wovor ich zurzeit die meiste Angst habe, ist dass ich im Juli die Schule verlassen werde, die für mich immer sehr wichtig war. Obwohl ich eine Zukunftsperspektive habe, weiß ich nicht, wie ich das alles schaffen soll. Ich fühle mich nur noch schlecht, habe eigentlich keine Freude mehr am Leben. Oft frage ich mich, ob es nicht einfach besser wäre wenn... Ich glaube ihr wisst was ich meine. Ich kann nicht mehr, was soll ich nur machen?

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte!

Ja, ich weiß, was du meinst, wenn du schreibst: "ob es nicht einfach besser wäre, wenn...". Und meine Antwort darauf lautet eindeutig: Nein.

Warum, wirst du dich fragen. Was soll mein Leben denn noch, wenn so Unbekanntes auf mich wartet, ich alleine bin und niemanden zum Reden habe? Meine Antwort: es passieren im Leben immer schlimme Dinge. Aber es passieren auch sehr gute Dinge. Und manchmal kommen die vereinzelt im Leben, manchmal bündeln sie sich. Bei dir hatten sich einige schlechte Dinge gebündelt, die dich seelisch haben erkranken lassen.

Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie es sein kann, wenn einen viel Negatives richtig den Bach runtergehen lässt. Ich selbst hatte nie wirkliche Selbstmordgedanken, aber es gab Zeiten, da gab es diesen Moment des "wenn ich nicht mehr wäre, was wäre dann" auch. Später drehte sich diese Frage aber in "wenn ich nicht mehr wäre, würde ich nicht mehr das und das erlebt haben..." und ich stelle immer wieder fest, wie viele tausend Momente es NACH diesen Momenten gab, die so toll waren, dass ich so froh bin, sie erlebt zu haben!

Und das wird dir genauso gehen.

Wenn du weißt, dass du unter Depressionen leidest und der Meinung bist, demnächst Medikamente nehmen zu müssen, weißt du sicher auch, dass es eine Krankheit ist, nichts anderes. Deine Seele schmerzt und es dauert sehr lange, bis sie heilt. Du scheinst Vertrauen zu deiner Psychotherapeutin zu haben und zollst ihr Respekt für ihre Mühe. Vielleicht lässt du ihr einfach etwas mehr Zeit? Sowas heilt nicht in ein paar Monaten.

Du hast wirklich schlimme Dinge erlebt, hattest nie das Gefühl von Halt in deiner Familie, seit dein Vater gestorben ist, sowas braucht seine Zeit, bis das verarbeitet ist. Im Prinzip machst du aber alles schon richtig. Du hast dir Hilfe geholt, du wirst weiterhin betreut, das ist alles schon mal sehr gut im Ansatz. Diese Panikattacken vor den nächsten Schritten und dem Alleinesein sind nachzuvollziehen, sind aber sicher trotz allem noch viel stärker als sie in gesunder Verfassung wären. Von daher solltest du mit deiner Therapeutin auch mal über den Besuch bei einem Psychiater reden. Therapeutinnen dürfen, so mein Infostand, keine Medikamente verschreiben, Psychiater dürfen es, weil sie die nötige medizinische Ausbildung haben. Therapie im Zusammenhang mit den Medikamenten könnten bei dir sehr gut anschlagen.

Übrigens: vor dieser Angst, was nun kommen wird, stehen viele Menschen. Manche haben nur ein mulmiges Gefühl, bei anderen ist es richtige Angst. So auch bei dir. Du hast Angst, was jetzt kommen wird, die Schule, die dich jahrelang begleitet hat, ist fast vorüber. Dazu die Angst, vielleicht alleine zu bleiben. In diesen Fällen muss man Vertrauen haben. Vertrauen, dass es nicht zum absolut schlimmsten Fall kommt, denn das kommt es so gut wie nie. Du schreibst, dass du gute Chancen nach der Schule hast (das ist super!) und du wirst dort neue Leute kennen lernen. Du schreibst, dass du Freunde hast, vielleicht solltest du dir doch mal ein Herz nehmen und es zumindest einer Freundin erzählen? Wenn keiner von deiner Angst weiß, kann auch keiner helfen.

Hast du dir mal überlegt, vielleicht eine Selbsthilfegruppe zu besuchen? Es gibt in vielen Städten diese Gruppen für alle möglichen Richtungen, auch für Menschen mit Depressionen. Es tut meist sehr gut, Gleichgesinnte zu treffen. Manche mögen in ihrer Entwicklung raus aus der Krankheit schon weiter sein als du, manche stecken vielleicht noch genauso tief drin. Das Wichtigste ist aber: die Leute verstehen dich. Und die Menschen, die da mitarbeiten sind exakt auf diese Problematik geschult. Wie oft ergeben sich da Freundschaften fürs ganze Leben.

Google doch einfach mal nach Selbsthilfegruppen in deiner Stadt oder in einer umliegenden Stadt, die für dich noch gut zu erreichen ist. Solltest du nichts direkt finden, ruf einfach bei irgendeiner an und frage, ob die wissen, wo was für dich zu finden ist. Das hilft so ungemein. Man ist vor allem nicht mehr alleine.

Es gäbe auch die Möglichkeit, nicht alleine zu wohnen, sondern in einem Wohnheim (Studentenwohnheim) oder in einer WG. Einfach raus aus dem isolierten Alltag...vielleicht wäre das was?

Wichtig ist, dass du das, was du hier tust, weiter verfolgst. Du merkst, du kannst nicht mehr, aber du hast noch so viel Kraft, aktiv um Hilfe zu bitten. Das erfordert Mut und eine Stärke, von der du vielleicht gar nicht weißt, dass du sie (noch) hast.

Sorge für dich! Du hast es verdient, dass es dir besser geht.
Ich wünsche dir, dass du in ein paar Jahren wenigstens auf ein paar Begebenheiten schauen kannst, die belegen: "Ja, es war gut, nicht von dieser Welt zu scheiden." Ja, das wünsche ich dir.

Alles Liebe,

Dana