Problem von Kerstin - 29 Jahre

Einsam mit Kind in Belgien

Hallo liebes Kummerkastenteam,
ich weiß nicht mehr weiter...

Mein Freund und ich sind vor 1 Jahr ungewollt Schwanger geworden. Wir kannten uns damals erst ca. 8 Monate. Wir hatten eine schöne Fernbeziehung zwischen Deutschland und Belgien. Die Schwangerschaft hat alles verändert. Er wollte mich zu einer Abtreibung überreden ich blieb aber Standhaft und bot Ihm an das Kind alleine groß zu ziehen und ohne Ihn damit jemals zu belästigen. Das wollte er auch nicht. Also verließ ich meine Familie und meine Freunde und zog nach Belgien. Hier ist vieles anders und ich tat mich schwer den hohen Anforderungen die an mich gestellt wurden gerecht zu werden. Ich sollte immer alles Tiptop im Haus haben, das Essen musste pünktlich auf den Tisch und ich versuchte die Sprache zu lernen. Ich scheiterte in allen Punkten außer dem Essen kochen. Ich putze wirklich viel jedoch ist es nie gut genug. Ich kann inzwischen sehr gut das hochniederländisch verstehen aber der Dialekt ist mir noch immer fremd. Wir streiten uns sehr oft. Hauptthema ist meine mangelnde Sauberkeit. Aber ein Putzfrau lehnt er ab mit der Begründung was ich dann den ganzen Tag tun würde. Das ich mit Kind und Haushalt manchmal Überfordert bin akzeptiert er nicht. Schließlich gäbe es ja auch Frauen die 3 oder Mehr Kinder haben und trotzdem alles schaffen. Das ich allerdings keine Unterstützung von Familie oder Freunden hier habe ist Ihm egal.

Seid dem ich hier bin geht es in unserer Beziehung bergab. Wir hatten ein tolles ausgefülltes Sexualleben. In der Schwangerschaft ging es auf nahezu Null runter. Gut dachte ich. Er findet Schwangere wohl unattraktiv. Ich fühlte mich hässlich, versuchte mich aber trotzdem nicht in langen Klamotten zu verstecken sondern kaufte mir schöne und hochwertige Schwangerschaftsklamotten. Ich dachte wenn der kleine da ist wird alles besser. Leider fühlte ich mich immer wie ein Fremdkörper hier. Mit seinen Eltern hatte ich auch Streit da sie fanden das ich zuviel im Haus verändert habe. Sie schrieen mich an und beschimpften mich.
Ich habe mich trotzdem immer wieder um ein gutes Verhältnis bemüht da sie auch hier im Haus arbeiten.
Mein Freund stützte sich immer mehr in seine Arbeit. Er hat immer viel gearbeitet aber es würde immer mehr. Oft kam er erst kurz vor 23 Uhr zurück.

Nach der Geburt würde es nicht besser. Ich hatte eine Frühgeburt wegen der viele Aufgaben die ich trotz Schwangerschaft tagtäglich verrichtet habe.
Ich musste weiterhin Wasserkästen schleppen und putzen und im Betrieb helfen.

Mein Sohn wird sehr geliebt von seinem Vater, von Mir und auch den Großeltern. Allerdings wünschte ich mir das nach der Geburt unser Sexualleben wieder anfangen würde. Aber es tat sich bis auf 3-4 male nichts. Meine Eifersucht wuchs und ich vermutete das eine Affäre dahinter stecken würde. Als ich Ihn vorigen Monat darauf ansprach versicherte er mir das es nicht so sei. Wir hatten ein langes Gespräch und er gab zu das bei Ihm etwas kaputt gegangen wäre seid er von meiner Schwangerschaft erfahren hat. Er hätte sich versucht dazu zu zwingen mit mir zu schlafen aber er hätte keinerlei Sexuelles verlangen mehr. Weder zu mir noch zu einer anderen. Ich schlug Ihm eine Therapie vor doch er lehnt das ab.

Nun für mich bleib dann nur noch die Trennung wenn sich nichts an der Situation ändert. Wir weinten Beide redeten viel. Besprachen wie wir trotzdem gute Eltern sein können. Und weil wir beide so litten entscheiden wir uns zu warten und nichts zu überstürzen.

Das ist jetzt ca. 2 Wochen her. Er ist immer noch nicht zärtlich oder lieb zu mir. Er ist ein toller Vater aber jede Art der Annäherung meinerseits sei es kuscheln oder die Haare kraulen blockt es ab.

Ich sage Ihm das ich Heimweh habe das ich mich hier nicht wohl fühle aber er interessiert sich nicht für meine Gefühle. Die Angst allerdings seinen Sohn zu verlieren ist riesig. Zuweilen denke ich das sie so groß ist das er ein leben mit mir Ihm zuliebe nur erträgt. Er sagt aber er wolle mich genauso wenig verlieren.

Jetzt hatte er vor 5 Tagen eine Arbeitsunfall und verletzte sich schwer an der Hand.
Er trägt jetzt einen Gips und ist für mindestens 3 Monate arbeitsunfähig.
Er sagt er wird verrückt, ist sehr gereizt, ich versuche Ihm zu helfen wo ich kann aber er lehnt meine Hilfe ab wenn sie von mir kommt. Er fragt zwar bei Dingen wie Schuhe zumachen nach Hilfe aber das ist alles.
Heute habe ich Ihn gefragt ob er mich nun besser versteht ob er nachvollziehen kann wie ich mich oft hier fühle mit Kind den ganzen Tag alleine?
Er sagte nur das es hier so viel Arbeit gäbe im Haus, das er trotz Verletzung alles Tut was er kann und das er nicht versteht wie ich hier so viele Dinge unerledigt lassen kann. Ich muss dazu sagen ich bin wirklich kein Messi oder so ich putze 2-3 mal pro Woche und sauge hier täglich. Ich bin aber auch viel alleine und kann mit Kind nicht immer Großprojekte wie die Schränke auswaschen anfangen. Geschweigen denn das ich mich dazu immer motivieren kann. Ich bekomme ja auch kein Lob oder Dank.

Ich weiß wirklich nicht mehr weiter ich liebe Ihn noch aber ich werde immer wütender und unzufriedener. Inzwischen haben wir seid einem halben Jahr gar keinen Sex mehr. Doch er will oder kann mich nicht verstehen oft sind es nur kleine Missverständnisse die auf der Sprache beruhen aber ich finde er gibt sich gar keine Mühe das ich mich besser fühle. Ich schlage Ihm vor wegzufahren oder kleine Ausflüge zu machen aber keine Chance.

Im Februar will ich nun endlich wieder arbeiten gehen und freue mich schon sehr. Allerdings weiß ich nicht ob ich mich nicht besser vorher von Ihm trenne.
Ich will keine Alleinerziehende Mami sein. Ich möchte eine intakte Familie für mein Kind aber ich kann wirklich nicht mehr.
Ist diese Beziehung noch zu retten?

Natascha Anwort von Natascha

Hallo Kerstin,

schön, dass du uns dein Herz ausschüttest!
Ich hoffe, meine Antwort hilft dir ein bisschen weiter.

Du sagst, dass du mit deinem Freund 8 Monate lang eine Fernbeziehung geführt hast & dann schwanger wurdest - das ist unglaublich früh, zumal ihr euch sicherlich nicht so oft gesehen habt. Das heißt natürlich, dass man seinen Partner zwar kennt aber mehr theoretisch als praktisch. Das musstest du ja leider nach deinem Umzug auch feststellen.
Ganz ehrlich, es gibt bei mir einige Anstößigkeiten, was seinen Charakter betrifft. Zum Einen ist das die versuchte Überredung zur Abtreibung und zum Anderen, diese fast schon chronische Nörgelei an deinem "Arbeitsverhalten". Es ist unzumutbar eine schwangere Frau schwere Lasten tragen zu lassen! Aber das wirst du auch selber wissen.
Sein ganzes Verhalten dir gegenüber schien - laut deinem Text - niemals weiter zu gehen als knapp unter die Oberfläche... Was ich sagen möchte ist, dass von Liebe in seinem Verhalten nichts zu finden ist. Ausser seinem Sohn gegenüber natürlich...
Du schreibst, dass euer Sexleben immer total ausgefüllt und seit der Schwangerschaft kaum noch vorhanden war.
Das klingt für mich perönlich so, als hätte er dich nie geliebt und durch die schnellen Veränderungen in Richtung Familie auch nicht vor dies zu tun. Er benutzt dich ja förmlich nurnoch als Putzfrau, Arbeitstier und Mutter. Ich bezweifle, dass das noch lange gutgeht.
Deine Idelavorstellung von einer Familie kenne ich selber auch zur Genüge & trotzdem habe ich mich damals vom Kindsvater getrennt. Es war schwer alleine mit Kind klarzukommen, das werde ich nicht verneinen aber es lohnt sich allemale. Denn was nützen deinem Sohn Eltern die miteinander nicht leben können oder wollen und nur dem Kind zuliebe eine Show aufführen? Möchtest du wirklich den Rest deines Lebens in Belgien verbringen, mit einem Partner, der dich nur benutzt und Schwiegereltern, die ausser rummeckern kein nettes Wort oder Hilfe geben können? Das was du dir da gerade antust nenne ich immer *emotionale Hölle* das wird dich kaputt machen.
Trau dich lieber einen Schritt nach vorne zu gehen - in DEIN Leben, mit deinem Kind, denn die Kraft, die einem ein Kind gibt ist grenzenlos, das verspreche ich dir.
Mach dir keine Sorgen um die Beziehung zwischen dem Vater und dem Kind, ich wette er wird alles daran setzen auch weiterhin in seinem Leben aufzutauchen und für ihn dazusein.
Und wer weiß, vielleicht macht es ja auch bei ihm irgendwann mal *klick* und er merkt, was ihm entgangen ist. Aber warte nicht darauf.

Tu jetzt etwas, warte nicht weiter ab, denn je länger du wartest, desto schwerer wird es aufzustehen und loszulassen.
Die Familie die du dir wünschst gibt es sicherlich, nur halt nicht in dieser Konstellation, leider.

Ich wünsche dir alles erdenklich Gute für die Zukunft und würde mich freuen nochmal was von dir zu hören!

Liebe Grüße
Natascha