Problem von Ani - 31 Jahre

Keine Freunde, keinen richtigen Platz in der Welt

Hallo liebes Kummerkasten-Team!
Ich weiß gar nicht so richtig,wie ich anfangen soll.Ich habe in der Kategorie 'Probleme mit sich selbst' geschrieben,weil es sicher an mir liegt,soviel ist mir klar.
Ich bin beruflich ziemlich eingespannt,bin Ärztin und man sollte meinen,ich müsste mit meinen Problemen selber klar kommen.Aber so ist es nicht.Wenn ich zu tun hab,muß ich nicht so viel darüber nachdenken.An Tagen wie heute-es nähert sich das neue Jahr-allerdings hab ich wahrscheinlich zu viel Zeit,mich mit mir selbst zu beschäftigen.
Ich bin alleine.Und ich denke,dass ich es auch das nächste Silvester bin und die kommenden Jahre und eigentlich für immer.Alleine heißt,dass ich keine Freunde hab und auch noch nie wirklich welche hatte.
Ich wohne in einer Kleinstadt schon solange ich denken kann.Meine nähsten Angehörigen und Vertrauten sind meine Mutter und deren Eltern.Sie leben auch in meiner Stadt und sie sind wirklich toll,ich liebe sie.
Als ich klein war-also bis zum 10.Lebensjahr hatte ich eine beste Freundin.Wir haben alles zusammen gemacht.Dann kam die Wende und ihre Familie ist in die alten Bundesländer umgezogen.Somit war sie von jetzt auf gleich weg.Vorher hatte ich das wahrscheinlich nicht gemerkt,dass sie meine einzige Freundin war,aber ich hab schon damals in dieser Schule keinen Anschluß mehr gefunden.Das ging so weit,dass ich die Schule gewechselt hab nach dem ersten Halbjahr der 4.Klasse.Ich war dann bis zum Ende der 5.Klasse in einer anderen Schule,hatte dort die üblichen Schulkameraden,die aber irgendwie alle auch schon in ihren Cliquen waren.
Dann ging es weiter mit dem Gymnasium.Ja,wir waren da mal 4 Mädels,die öfter was miteinander unternommen haben.Ich weiß gar nicht mehr,wie das auseinander ging.Wenn man jemanden liebt,will man ja eigentlich nichts auf ihn kommen lassen.Aber ich hab häufig die gutgemeinten Ratschläge meiner Familie gehört,wie 'in der Disco machst Du Dir die Ohren kaputt' und 'wenn Du so spät noch rausgehst,es lauern Verbrecher hinter jeder Ecke'.Naja,wahrscheinlich hab ich zu sehr darauf gehört und bin dann nicht so viel weggegangen,wie meine Freunde.Ich hab häufig abgesagt,wenn sie mich fragten,ob ich mitkomme und irgendwann hat dann keiner mehr gefragt.
Dann kam das Studium und es waren wieder 'nur' Kommilitonen.Ich hab jetzt zu niemandem mehr Kontakt.In unserem Krankenhaus-es ist ein kleines-sind vor allem Kollegen,die mindestens 10 Jahre älter sind als ich.Zu den jüngeren kann ich auch kein anderes als ein kollegiales Verhältnis aufbauen.
Hm,dazu kommt,dass es auch mit einer Beziehung nicht klappt.Ich dachte immer,ich bin zu schüchtern,jemanden anzusprechen.Mittlerweile denke ich,es ist eher die Angst,zurückgewiesen zu werden.Ich finde mich nicht besonders schön.Um nicht alles schlechtzureden,mein Gesicht ist ok (komisch,sowas über sich selbst zu schreiben).Aber ich bin 171 cm groß und wiege 95 Kilo.Diäten haben bisher immer den Jojo-Effekt gebracht.Wahrscheinlich bin ich auch ein Frustesser-Grund genug dazu hab ich aus meiner Sicht ja.Jedenfalls finde ich mich zu fett und kann mir oft nicht vorstellen,dass ein Mann mich attraktiv finden könnte.Ich hatte bisher 2 Beziehungen,die jeweils ca.9 Monate gehalten haben-was ja nicht gerade lange ist.Die letzte ging in die Brüche,weil ich meinen Kinderwunsch geäußert habe.Ich weiß,9 Monate sind vielleicht nicht die lange Zeit,um unbedingt schon eine Familie gründen zu müssen.Aber wie gesagt,ich bin 31 und werde nicht jünger.Er wollte nicht,wollte noch mindestens 3 Jahre warte,dann kam es zu immer häufigeren Auseinandersetzungen und letztendlich zum Aus der Beziehung.
Ja,das Thema Kinderwunsch.Ich hab ihn schon ziemlich lange.Ich hab auch schon in Foren geschrieben und dann manchmal zur Antwort bekommen 'ich glaube,Du wünscht Dir nur ein Kind,damit Dich jemand liebt.' Irgendwann fängt man dann selbst an zu zweifeln,ob es vielleicht wirklich so ist.Ich bin allerdings immer noch der Meinung,dass es nicht so ist.Ist es denn nicht normal,wenn eine Frau sich ein Kind wünscht?Muß man dafür einen Grund angeben können oder kommt das einfach von innen her?
Naja,mein Beruf macht ist eigentlich das einzige,was ich auf die Reihe gekriegt habe.Ich bin stolz darauf und glücklich,das durchgezogen zu haben.
Aber ich habe immer das Gefühl,dass das Entscheidende im Leben doch fehlt.Manchmal denke ich,ich sollte einfach weggehen,irgendwo nochmal ganz neu anfangen.Zwei Gründe hindern mich daran: ich möchte meine Familie nicht alleine lassen und warum sollte es woanders anders werden.Wenn ich hier niemanden finde,warum sollte ich das woanders,wo die Leute noch eine ganz andere Mentalität haben und ich sowieso erstmal ein Fremdling bin.
Wenn ich so aus dem Fenster sehe,die Bäume rauschen im Wind,die Vögel zwitschern,finde ich die Welt so schön und dann fühle ich mich doch nur als winziger,bedeutungsloser Punkt in dieser Welt,der niemandem was bedeutet und der niemandem fehlen würde,wäre er nicht mehr da.
Ich weiß,ihr könnt mir keine Freunde ins Haus schicken,aber trotzdem erstmal danke,dass ihr das hier gelesen habt und mir vielleicht sogar antwortet.
Ich wünsche nen guten Rutsch und allen ein gesundes 2011.
LG die Ani

Dana Anwort von Dana

Liebe Ani!

Spät wird dir geantwortet, doch ja, es wird dir geantwortet.

Zuerstmal finde ich es ziemlich gut, wie ehrlich du zu dir selbst sein kannst. Viele Menschen merken, dass sie Probleme haben, doch sie decken es unter einem Schweigemantel des Verdrängens zu. Du hast eine gehörige Portion Selbstreflektion, das ist schon mal ein guter erster Schritt.

Die Dinge, die du schilderst, sind mir nicht unbekannt. Ich selbst habe zwar diese Probleme nicht, aber einer meiner besten Freunde hatte sie. Ich möchte dir gerne davon erzählen, einfach, damit du siehst, dass es durchaus Hoffnung geben kann.

Dieser Freund ist dir in vielen Dingen ähnlich gewesen. Er war immer viel zu dick, er hatte keine richtige Freude am Leben, er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, er hatte zwar zwei, drei Freunde (unsere Clique), aber sonst hatte er es da eher schwer. Er hatte dazu noch Misserfolg im Job, musste dann Taxifahren - das hast du ja glücklicherweise nicht.

Jahrelang hat er verdrängt, hat sich vorgemacht, es "geht ja irgendwie"...aber eigentlich hat er immer gelitten, was wir aber nicht wussten.

Und dann kam der Knall. Er hat von heute auf morgen gesagt: so nicht weiter! Und dann hat er das Projekt "J" (seinen Namen möchte ich nicht ausschreiben) begonnen. Mit all seiner Kraft. Er hat seine Ernährung umgestellt, er hat angefangen, Sport zu treiben, er hat sich seine Zähne richten lassen (unter denen er lange gelitten hat), er hat angefangen, neue Bewerbungen zu schreiben...und plötzlich öffneten sich für ihn Türen! Er sah besser aus, er fühlte sich besser, er hatte dadurch ein besseres Auftreten. Durch seine sportlichen Aktivitäten lernte er viele Leute kennen, viele Menschen, die für ihn Bekannte und auch Freunde wurden.

Er hat sein Leben richtig ausgebaut und wurde immer glücklicher. Und Glücklichsein setzt sich fort...und wird auch beantwortet.

Wenn du da sitzt und sagst: "Mein Leben ist so irgendwie doof, keiner kennt mich wirklich, ich hab keine Freunde und bin so allein...", dann bringt dich das nicht weiter. Du hast eigentlich schon gute Überlegungen angesetzt. Du warst schon am Überlegen, ob du nicht mal weg ziehst.

Dazu würde ich dir dann raten, wenn du meinst, dass die Punkte, die ich später anspreche, nicht in deiner Kleinstadt machbar sind. Was ich so gelesen habe, lässt auf ein sehr dominantes Elternhaus schließen. Sie haben dir gesagt, wie du zu leben hast und du hast brav gefolgt. Deine Mutter und ihre Eltern lieben dich sicher sehr, aber du hast dich dadurch richtiggehend isoliert. Und wenn du das Gefühl hast, du seist kein guter Gesprächspartner und du kannst sowas nicht, dann merkt man dir das auch an. Allerdings hast du es ja auch wohl nie richtig geprobt.

Du hattest als Kind schon mal eine beste Freundin. Und später diese kleine Gruppe. Du bist also nicht unfähig. Du hast dir nur zu sehr reinreden lassen. Nimm das deinen Eltern/deiner Mum nicht übel, sie wollten nur dein Bestes. Aber richtig geholfen haben sie dir mit ihren Ratschlägen und ihrer Übervorsichtigkeit nicht.

Du bist beruflich durchaus ein erfolgreicher Mensch, du bist intelligent und hast Durchhaltevermögen. Du musst dir selbst nur mehr Möglichkeiten einräumen.

Die Menschen um dich herum ändern sich nicht. Du kannst das nur selbst bei DIR selbst.

Ich würde loslegen und erstmal dafür sorgen, dass ich mich selbst wieder mehr mag. Denn ich habe den Eindruck, dass es da bei dir hapert. Du denkst, dass dich eigentlich niemand hübsch und toll finden kann, jedenfalls schreibst du das oben. Das liegt aber nicht daran, dass es wirklich niemanden gibt, sondern dass du das selbst über dich denkst. Und da müsstest du dringend raus.

Meine Ratschläge wären:

1. wenn du dich nicht hübsch genug findest mit deinen Kilos, dann nimm ab. Das kannst NUR du alleine entscheiden und nur du kannst das angehen. Dazu benötigst du:
1a: eine gute Ernährungsstrategie (es gibt viele gute Ernährungsberater, sicher wird das auch in deiner Stadt angeboten, einfach mal googeln)
1b: Sport und Bewegung.

Gerade in einem Sportverein trifft man dann viele, die dasselbe machen wie du und wo es immer Gesprächsthemen gibt. Such dir einen Mannschaftssport aus und du lernst ebenfalls schnell Menschen kennen. Ins Fitnessstudio würde ich nicht gehen, da wurschtelt jeder so für sich rum. Aber überleg einfach mal, was dir Spaß machen würde.

Gesunde Ernährung und Bewegung - und du bist schnell wenigstens ein paar deiner überflüssigen Pfunde los und dir geht es gleich deutlich besser. Dazu kannst du ja mal ne Typberatung machen, das eröffnet meist ganz neue Wege.

2. eine Therapie

Schrei nicht gleich NEEEEIN, sondern lass erstmal die Gedanken zu. Du bist dir selbst so unsicher und baust dir da selbst so viele Mauern, dass eine Therapie da gut helfen könnte. Du brauchst Entspannung und Stärkung für dich selbst. Es gibt inzwischen so viele Psychotherapeuten, die einfach vom Fach sind und dadurch einen schnellen Überblick gewinnen können. Nicht jeder, der eine Therapie macht, hat riesige psychische Störungen. Es gibt zB auch Menschen, die Stressbewältigung lernen oder eben lernen, wie sie entspannter auf Menschen zugehen können und so weiter. Ich glaube, dass dir das helfen könnte. Habt ihr nicht einen Psychologen an eurer Klinik? Vielleicht kannst du dort mal das Gespräch suchen. Denn das Äußere reicht nunmal nicht aus, um den Menschen rauszukrempeln, der da in dir schlummert.

Du bist doch Ärztin und rätst sicher vielen Menschen, was am besten für sie ist, was sie tun sollen, damit es ihnen auf lange Sicht besser geht. Du heilst Menschen.

Heile dich nun selbst und lass Hilfe von anderen Menschen zu.
Vielleicht magst du ja auch deine Mutter miteinbeziehen.

Du hast den ersten Schritt gemacht, indem du hier geschrieben hast. Nun geh weiter. Du bist auf dem richtigen Weg!

Liebe Grüße und viel Erfolg!

Dana