Problem von Anonym - 14 Jahre

Ich bin verzweifelt

Hallo,
im Moment bin ich sehr verzweifelt...
Also ich fange jetzt von Beginn an!
Ich bin mit 2 Schwestern aufgewachsen und habe eigentlich ganz normale Eltern. Mein Vater hatte ungfähr schon kurz vor meiner Geburt eine schwere Krankheit nämlich Multiple Sklerose. Durch diese Krankheit hatte meine Mama logischerweise nicht soviel Zeit für uns, da sie ja Geld verdienen musste und meinen Papa pflegen musste. Deswegen waren oft "Zivis" bei uns. Im Kindergarten hab ich oft schon diese negative Abneigung gegen mich gespürt und mich sehr nutzlos gefühlt, das ging dann auch weiter bishin zur Vorschule und Grundschule. Ich hatte nie richtige Freunde. Als ich in die 1. Klasse kam also mit 6 Jahren erlag mein Vater dieser schweren Krankheit und starb. In dieser Zeit haben wir auch Trauerseminare besucht. Doch als wieder normaler Alltag einkehrte war meine Mama wieder selten daheim(arbeiten), in der Grundschulzeit auch nie Mittags daheim und hat was gekocht, es haben sich oft Freunde, Bekannte um uns gekümmert. Ich fing auch oft an sehr aggressiv zu werden auch meiner Mama gegenüber, was mir natürlich heute sehr leid tut. Als ich in eine weiterführende Schule kam wurde ich leicht gemobbt, und hatte sogut wie keine Freunde. Das legte sich, jetzt mögen mich viele Leute, doch ich würde sie nicht als richtige freunde bezeichnen. In den vergangenen Jahren starb noch ein Bekannter. Letztes Jahr starb dann auch noch meine Tante die sogleich meine Patin war, und mir sehr viel bedeutete! Mit meiner Mama und schwestern habe ich sehr oft ich würde sagen täglich Konflikte. Ich suche vor allem oft mit meiner Mama Gespräche mit der ich meine Probleme/Sorgen besprechen kann doch sie möchte oft nicht, versteht mich nicht und denkt sie hätte es wohl am schwersten in der Familie bzw. erkennt nicht das ich auch "erst" 14 bin und in dem Alter eigentlich andere Sachen mehr zählen. Sie hat außerdem seit 3 Jahren einen neuen Freund, den ich noch nie leiden konnte, er hat auch schon zu meiner Mama gesagt das ich weg soll in eine Anstalt oder so. Aber ich krieg schon mein Leben lang gesagt das ich alles kaputtmache, was ich mittlerweile schon gewohnt bin! Ich bin eigentlich ein sehr liebes, nettes, lebensfrohes und selbstbewusstes Mädchen, das sehr oft Komplimente bekommt für ihr Aussehen, aber ich werde immer durch diese Traurigkeit bestimmt und es fällt mir so schwer diese Leichtigkeit ins Leben zu bekommen, weil all diese Leute in meinem Alter viele Sachen einfach ganz anders sehen als ich. Vor einer Woche ist der Sohn von meiner Mama ihrem Freund gestorben. Das tut mir sehr leid für ihn, denn es ist bestimmt eine sehr schwere Zeit für ihn, die ihn sicher das ganze Leben begleiten wird, doch an meine Mama komm ich nicht mehr ran, sie weint sehr oft, redet nicht mit mir (was ich bräuchte) und wenn ich sie darauf anspreche sagt sie: Halt deine Fresse und das wiederholt sie ganz oft. Noch dazu muss ich oft auch auf verschiedene Sachen oder auch Hobbys verzichten, da meine Mama nicht soviel Geld hat, klar ich hab schon alles Notwendige doch ich würde auch supergerne ein Hobby haben das mir gefällt. Außerdem hat mein Onkel jetzt schon zum 3.ten mal Krebs, wir haben natürlich auch alle Angst das wieder was Schreckliches passiert, und versuchen die Zeit mit ihm zu genießen. Ich würde wahrscheinlich nicht an euch schreiben, wenn ich jemanden zum Reden hätte bzw. gute Freunde. Ich bin mir echt nicht sicher was ich machen soll, weil im Moment bringt mir das Leben nicht soviel. Ich versuche meiner Mama oft klar zu machen dass ich sie so sehr brauche, aber sie möchte nicht mit mir reden weil sie meint ich bin ihr zu anstrengend... Danke für's durchlesen! Liebe Grüße von mir.

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte,

ein starkes Stück Kraft hast du bisher aufbringen müssen - dein Leben war nicht wirklich einfach. Natürlich können wir dir dein Leben nicht umkrempeln, aber vielleicht kann ich dir ein paar Dinge mit auf den Weg geben, mit denen du etwas anfangen kannst.

Zuallererst: du bist 14 Jahre alt. Das ist nicht besonders alt und Jugendliche deines Alters wollen frei und ungezwungen leben, das ist klar. Du siehst es bei deinen Mitschülern, dass sie völlig andere Dinge als wichtig empfinden wie du. Du musstest schon sehr früh erwachsene Gedanken denken, das hat dich natürlich geprägt.

Aber das, was ich dir jetzt schreibe, kann ich nur einem Erwachsenen schreiben. Jemandem, der den Mut zur Verantwortung hat. Ich hoffe, du hast ihn, denn sonst werden meine Worte verhallen.

Der Satz, der mir bei dir am meisten aufgefallen ist, war:
"Momentan bringt mir das Leben nicht so viel".
Und ich möchte fast sagen, dass dies der Knackpunkt ist.

Ich habe durchweg gelesen, dass du mit deiner Mutter sprechen willst, weil sie doch wissen soll, dass DU sie brauchst, dass sie wissen muss, was du haben willst, wie du dich fühlst, wie es dir geht. Das ist für dein Alter auch völlig verständlich. Aber nun musst du etwas erwachsener denken, damit du aus diesem Loch rauskommst und es sich zwischen dir und deiner Mutter vielleicht wieder einrenkt.

Ihr habt viele Verluste hinnehmen müssen. Deine Mutter muss zudem noch viel arbeiten, sich wirklich abrackern. Sie ist deine Mutter, aber sie ist auch eine Frau - ein Mensch. Und dieser Mensch hat auch Sorgen und Nöte, hat auch Ängste und das Bedürfnis, geliebt zu werden und jemanden zum Reden zu haben. Vielleicht ist sie einfach total überfordert und kriegt es daher anscheinend nicht auf die Reihe, sich normal mit dir zu unterhalten, wenn sie der Meinung ist, du willst nur über deine Belange sprechen.

Du selbst hast sehr viel ertragen müssen, hast zum Teil dann mit Aggression reagiert - ein normales Ventil, wenn man trauert und sich alleine und vielleicht manchmal wertlos fühlt. Dadurch wird man natürlich schnell in eine Schublade geschoben.

Deine Mutter steckt in der Schublade: "sie hört mir NIE zu und ist nie für mich da!"
Du steckst in der Schublade: "aggressives Kind, das alles kaputt macht und dauernd nur sich selbst im Kopf hat!"

Raus könnt ihr da nur, wenn zumindest erstmal eine ihre Schublade verlässt, bzw sich so verhält, dass die jeweils andere große Augen macht und sich überlegt, ob es die richtige Schublade war, in die sie diejenige gesteckt hat. Eure Situation hat sich total festgefahren. Jede steht da mit den Forderungen und kommt nicht weiter, weil sie gegen die Forderungen der anderen stößt. Dabei bräuchtet ihr euch beide. Ihr habt so viel Verlust erlitten, dass es schlimm wäre, wenn ihr euch auch noch total verliert.

Ich würde dir raten, deine Mutter mal zu überraschen. Ihr zB einen lieben Brief zu schreiben, in dem du ihr dafür dankst, dass sie sich Tag für Tag für euch so abrackert. Dass du weißt, dass du aggressiv warst und dass dir das leid tut und dass du dir wünschst, dass ihr wieder eine gute Mutter-Tochter-Beziehung hinbekommt. Dass du daran arbeiten möchtest und du hoffst, dass sie mitmacht.

Frag sie, wie es ihr geht, wie ihr Tag verläuft. Überrasche sie mit einem gedeckten Abendbrottisch oder nimm ihr was im Haushalt ab, ohne zu motzen. Wenn sie merkt, dass du FÜR sie bist und FÜR sie viele Dinge tust, dann kann sie sich dir gegenüber auch entspannen, als wenn sie immer wieder denkt, du willst auch nur alles mögliche von ihr.

Sicher, für eine Jugendliche, wie du ja eine bist, zählen natürlich andere Dinge. Aber wenn es dein Wunsch ist, dass deine Mutter dir gegenüber wieder offener ist, dann würde ich erstmal daran arbeiten. Es kann gut sein, dass es besser wird, wenn sie merkt, du forderst nicht nur, sondern gibst auch etwas.

Was das fehlende Geld angeht: es gibt viele Jugendliche, die mit 14 anfangen zu arbeiten. zB Zeitungen am Wochenende austragen ist für 14jährige schon erlaubt. Das gibt ein nettes Zubrot und du kannst dir vielleicht mal was leisten, was deine Mutter dir einfach nicht kaufen kann.

Es sind alles nur Tipps und Gedanken. Ich kenne dich und deine Familie zu wenig, als dass ich dir da perfekt raten kann. Dass der Freund deiner Mutter sowas sagt wie "die gehört in eine Anstalt", ist absolut daneben. Aber das solltest du erst später angehen. Versuche erstmal, mit deiner Mutter wieder klarer zu kommen, dann kann man diese Unfreundlichkeit angehen. Es muss sich erstmal alles entspannen.

Ja, es fordert etwas Arbeit, aber es kann sich wirklich lohnen.
Du schriebst selbst, dass du ein hübsches, freundliches Mädel bist. Zeig das etwas mehr, auch wenn du vielleicht zuerst nicht wirklich was zurück bekommst.

Ich wünsche dir die nötige Geduld und das nötige Erwachsensein, um die ersten Schritte zu machen. Ich bin zuversichtlich, dass diese Härte in deiner Mutter, was dich angeht, aufweichen kann, wenn du ihr den richtigen Weg zeigst. Einfach ist es nicht...aber ich glaube an dich.

Ganz liebe Grüße,

Dana