Problem von Joanna - 17 Jahre

Ich und die Probleme anderer...

Hallo liebes Kuka-Team,

zuerst einmal war ich mir nicht sicher, in welche Kategorie ich mein Problem einordnen sollte, denn es hat sowohl mit mir, als auch mit meinen Freunden und Bekannten zu tun.
Mein Problem ist, dass die Probleme anderer mich unheimlich belasten. Fangen wir bei den Problemen meiner guten Freunde an:
Erzählen sie mir beispielsweise etwas, haben sie die Erwartung an mich, dass ich ihnen bei ihrem Problem helfe. Sie setzen mich nicht direkt unter Druck,
aber ich mache mir trotzdem die ganze Zeit Gedanken darüber, wie ich ihnen helfen könnte, was ich sagen könnte etc.
Dabei habe ich selbst, teils größere teils kleinere, Probleme um die ich mich eigentlich kümmern müsste, doch diese stelle ich dann in den Hintergrund, sodass ich manchmal total überfordert bin. Und das nur um ihnen zu helfen.
Aber ich kann doch zu meinen Freunden nicht sagen "Ne, Sorry, ich kann dir nicht helfen, weil ich dann überfordert bin und wahnsinnig werde."

Mein zweites Problem ist ähnlich, hier habe ich aber eine Beispiel Situation in der ich gerade stecke:
Ich lerne relativ oft neue Leute in meinem Alter kennen. Meistens ist es so, dass man dann nicht direkt befreundet ist, aber eben trotzdem miteinander redet, lacht und sich halt auch die eine oder andere Sache erzählt.
Jetzt bin ich in folgender Situation:
Eine meiner zwei besten Freundinnen hatte Geburtstag und wir haben dann vor 2 Wochen einen "Mädelsabend" gemacht. Da waren ich und noch eine Freundin von mir und dann noch vier andere Freundinnen meiner besten Freundin, die ich zwar vom Namen her kannte und mit denen ich auch schon ein paar mal kurz geredet hatte, aber sonst keinen Kontakt hatte.
Dabei war ein Mädchen die ich von Anfang an sehr gerne mochte, weil sie ein bisschen ausgeflippt aber nett war. Allerdings ist sie so eine Art Emo, allerdings nicht so extrem. Sie kleidet sich relativ normal, allerdings eher dunkel und manchmal wirkt sie leicht depressiv, ist aber im nächsten Moment wieder total gut drauf.
Nun hatte ich wieder die Situation, dass man sich versteht, aber eben noch nicht so richtig befreundet ist.
Dann waren wir abends draußen und da hab ich durch ihre Jacke gesehen, dann sie sich ihre Arme aufgeritzt hatte. Meine BF hatte mir schon mal erzählt, dass sie so eine Phase hatte, dass die aber vorbei sei.
Nun war ich etwas verwirrt und mir tat das so Leid, weil ich das gar nicht verstehen kontne, denn sie war immer so lustig und gut drauf, also ich war mir unsicher wie ich reagieren sollte. Man kann natürlich nicht zu jemandem den man kaum kennt sagen "Hey, du hast dir ja deine Arme aufgeritzt, geh mal zum Therapeuten."

Jetzt denke ich die ganze Zeit darüber nach, ob und wenn ja was ich tun könnte oder ob ich mich da eher nicht einmischen sollte. Nur ist sie so ein nettes Mädchen und ich finde das so schrecklich, dass sie ihr Leben so ruiniert.

Vielen Dank für eine Antwort im Vorraus!

PS: Wir sehen uns nur alle 2-3 Monate, also eine richtige Freundschaft etc. aufbauen wäre schwierig.

Dana Anwort von Dana

Liebe Joanna!

Du hast das Thema eigentlich sehr gut einsortiert, denn es ist vor allem ein "Problem mit dir selbst".

Du schreibst sehr sympathisch und ich kann mir vorstellen, dass viele deiner Freundinnen oder "Halbfreundinnen" sich gerne von dir Rat holen. Du scheinst gut zuzuhören und dich wirklich des Problems anzunehmen.

Allerdings opferst du dich wohl total in dieser Rolle auf, was absolut nicht gut ist. Gerade wir Berater hier können natürlich da aus der absoluten Erfahrung schöpfen. Abstand ist das non plus ultra bei dem Lösen von Problemen anderer Menschen. Wenn man das alles mit sich weiter rumschleppt, wird man eines Tages wirklich verrückt.

Und genauso musst du lernen, die Probleme anderer nicht zu deinen eigenen zu machen. Ein wenig gesunder Egoismus schadet da nicht. Probiere das Problem zu lösen, wenn es aber nicht geht, nimm es nicht mit nach Hause! Lass es vor der Haustüre. Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan, aber man kann das trainieren. Es dauert allerdings einige Zeit, ich habe das auch lernen müssen, inzwischen kann ich es ganz gut. Das bedeutet ja auch nicht, dass du die Probleme anderer nicht wichtig nehmen sollst. Ich nehme alle Probleme hier wichtig, auch deins, aber ich kann nachts trotzdem noch schlafen und es frisst mich nicht auf. Früher war das anders.

Ich musste sehr über den Satz schmunzeln: "Hey, du hast dir ja deine Arme aufgeritzt, geh mal zum Therapeuten." Total niedlich! :D Natürlich kann man das so nicht sagen.

Und nein, auch hier ist es nicht DEINE Aufgabe, diesem Mädchen zu helfen. Du kannst sie, wenn ihr euch seht, mal sanft drauf ansprechen, ob sie Probleme hat (dieses Ritzen, das "Juhuuuuu" und danach total down sein passt sehr stark auf das Borderline-Syndrom, das viele Menschen haben, allerdings bin ich keine Spezialistin, keine Psychologin und keine Ärztin und bin vorsichtig mit einer Diagnose) und ob sie mit dir mal drüber sprechen möchte. Will sie das nicht, LASS SIE. Es ist IHRE Sache, nicht deine. Will sie und redet mit dir drüber, kannst du ruhig und sachlich den Gedanken der Therapie mal anbringen.

DU SELBST solltest nicht versuchen, solche Probleme zu lösen, das kannst du nicht schaffen. Und genauso solltest du dich auch insgesamt schützen, wenn jemand mit einem Problem zu dir kommt, dass sich durch dich nicht lösen lässt. Wenn eine Freundin kommt und sagt: "Mein BH drückt, scheiße, ich weiß nicht weiter...", dann kannst du gerne helfen, die Sache ist ja schnell abgeschlossen. Wenn aber eine Freundin mit schwereren Problemen kommt, schütze dich und sag ihr, dass du sie zwar bedauerst, dass du aber einfach nicht vom Fach bist und ihr da nicht helfen kannst. Wenn es Probleme sind, die du beantworten kannst, tu es ruhig, allerdings ist es wichtig, dass du sie dann nicht als deine eigenen mit dir rumschleppst. Ich würde mir wünschen, dass du dort zuerst an dir arbeitest.

Ich selbst habe vor einiger Zeit meinen besten Freund sehr stark angepfiffen. Er hatte mich mit seinen Problemen überhäuft, ohne dass man dann nach meinen Ratschlägen Besserung gesehen hatte. Er wollte nur immer weiter "rumheulen" und von mir betuddelt werden. Das hat mich dann so belastet, dass ich ihm sehr deutlich gesagt habe, dass ich ihn die nächste Zeit nicht zu sehen wünsche, weil er mich total runterzieht.

Er ist immer noch mein bester Freund, hat darüber nachgedacht und schützt mich jetzt besser. ;)

Insgesamt kannst du stolz sein, eine sensible Seele zu besitzen und Vertrauenswürdigkeit auszustrahlen. Aber pass auf, dass das nicht ausgenutzt wird, das schadet dir nur selbst. DU und deine Probleme, ihr seid auch wichtig. Es bringt nichts, wenn du versandest, nur weil du immer die Probleme anderer lösen willst. Das ist und darf nicht deine Aufgabe sein.

Ich wünsche dir alles Gute auf deinem weiteren Weg!

Dana