Problem von Sophie - 14 Jahre

Meine Mutter

Hallo,
ich bin 14 Jahre alt und heiße Sophie. Früher hat meine Mutter mich sehr geliebt. Aber seit ungefähr 2 Jahren brüllt sie mich nur noch an. Wegen kleinsten Kleinigkeiten geht sie in die Luft.
Ihr müsst dazu wissen, dass meine Mutter meinen Vater vor 8 Jahren verlassen hat und mein Bruder seit 4 Jahren auch nicht mehr zu Hause wohnt. Ich leide kein bisschen unter der Scheidung, aber so gibt es nur sie und mich. Und ich bin die Einzige, an der sie ihre Wut auslassen kann. Oft droht sie auch, mich zu schlagen…mindestens einmal täglich. Ich habe Angst vor ihr und bin wirklich traurig. Jedes Mal, wenn sie mich wieder anschreit kommen mir die Tränen und sie wird noch wütender und sagt ich „soll aufhören zu heulen, sonst gibt sie mir einen Grund dazu“. Zum Beispiel letzte Woche (26.5.11)hab ich vergessen, den Müll rauszubringen, weil ich so viele Hausaufgabe hatte. Ich kam nach Hause und hab mich gleich drangesetzt, nicht mal Zeit zum Essen gehabt. Als sie dann von der Arbeit kam, hat sie mich angebrüllt und gesagt, ich würde gar nichts machen, ich wär die Plage ihres Lebens und das sie in Zukunft viel strenger sei. Seit dem (24.5.11) hab ich Angst aus meinem Zimmer rauszukommen, weil sie mich nur wieder anbrüllt ihr aus den Augen zu gehen. So geht das immer. Ich möchte nicht aus der Schule nach Hause( und weine auch dort manchmal). Ich kann mit niemandem darüber reden, weil ich keine richtigen Freunde habe, die haben mich das letzte Mal, als ich es ansprach, ausgelacht. Meine Familie kann mir auch nicht helfen. Die meisten wohnen sehr weit weg und diejenigen die ich erreichen kann, glauben mir nicht. Denn vor anderen ist sie immer ganz die liebende Mutter.
Bestimmt werdet ihr jetzt sagen, ich soll das ganze nochmal durchspielen und schauen, ob ich da nicht rumgebrüllt habe oder sonst was. NEIN! Das mach ich wirklich nicht. Bei meinem Bruder war es vor mir genau dasselbe. Sie kommt aufgebracht nach Hause und bestraft mich. Meistens ohne Grund.
Ich hab versucht mit ihr darüber zu reden. Wollte ihr sagen, dass es mich verletzt und traurig macht. Aber jedes Mal, wenn ich ruhig darum bitte, ob sie mir kurz zuhören könnte, sagt sie ich soll aufhören rumzuspinnen und so eine Kuh zu sein.
Das Jugendamt möchte ich auch nicht einschalten, weil es sowieso nichts bringen würde. Eigentlich will ich ja nur eine Umarmung. Aber sie stößt mich immer weg wenn ich versuche sie zu umarmen. Das hasst sie.
Es gibt niemanden, mit dem ich reden kann, auch keine anderen Personen wie Lehrer oder so. Ich bin total am Ende. Mein Bruder ist eigentlich der einzige Grund, warum ich noch lebe. WAS SOLL ICH MACHEN?

Dana Anwort von Dana

Liebe Sophie!

Das Problem ist, dass du in deinem Text eigentlich alle Hilfen ausschlägst, die es geben könnte. Du hast wirklich Probleme, du MÜSSTEST dringend reden...aber du sagst, dass du dich nirgends hinwenden kannst oder willst.

Wenn du Hilfe willst, musst du dich dahingehend leider überwinden. Du kannst es nicht alleine schaffen. Den ersten Schritt dazu hast du ja hier gemacht, indem du uns geschrieben hast. Du hast dich geöffnet und um Hilfe gebeten. Die wirkliche Hilfe aber muss von deinem Umfeld kommen.

Du wirst daheim wirklich stark gedemütigt und nicht mehr ernst genommen. Das ist ja kein Zustand, in dem du friedlich leben kannst. Du hast Angst und das wird sich irgendwann auf alles auswirken. Deine Mutter scheint immense Probleme mit sich selbst zu haben, vielleicht hat sie große Sorgen und weiß nicht, wie sie sich und dich über Wasser halten soll. Aber das ist kein Grund, dich nicht mal reden zu lassen und dir Gewalt anzudrohen. Das geht einfach nicht, da hast du völlig Recht.

Das Jugendamt einzuschalten wäre durchaus eine gute Idee. Da gibt es nämlich nicht nur schwarzweiß. Die kommen nicht und holen dich weg. Aber es gibt für überforderte Alleinerziehende zB einen Familienhelfer. Die kommen in die Familie und helfen im Umgang miteinander. Sie versuchen, die kaputten Familien wieder zu heilen und auf den richtigen Weg zu bringen.

Deine Mutter ist überfordert und voller Sorge. Sie hat starke Aggressionen aufgebaut, die sie an dir auslässt. Sie hört nicht auf dich (logisch), somit kannst du nichts ausrichten. Aber eine Fachkraft könnte das. Die Familienhelfer kommen in die Familie, reden mit den Angehörigen, sitzen einem Gespräch zwischen euch beiden bei und lenken es in die richtige Bahn. So könnte dir zB auch zugehört werden, was wirklich lebenswichtig wäre!

Du brauchst Unterstützung von einem Erwachsenen, der sich mit sowas auskennt. Das kann keiner aus der Familie oder aus der Lehrerschaft. Die wären mit sowas auch überfordert. Eine Familientherapeutin könnte das. Und die kannst du übers Jugendamt bekommen. Das kostet dich auch nichts, dort hin zu gehen. Es ist auch nicht peinlich.

Sicher, deine Mutter kriegt sicher einen Raster, wenn sie mitbekommt, was du gemacht hast. Aber du hast dann Hilfe! Du stehst nicht mehr alleine da. Deine Mutter steht dann auch so ein wenig unter Beobachtung, so dass du keine Angst mehr haben musst.

Familienhelfer demütigen auch niemanden. Sie werden deiner Mutter nicht implizieren: "Du bist eine schlechte Mutter!!!", sondern von vorneherein versuchen, positiv auf euch und eure Beziehung zu wirken. Das tut manchmal Wunder und erleichtert ungemein, weil beide Parteien plötzlich merken: ich bin nicht mehr alleine! Ich bekomme Hilfe. Auch deine Mutter müsste mal reden. Sie braucht seelische Unterstützung. Die kannst du ihr als Tochter aber nicht geben, weil du eine völlig andere Rolle in ihrem Leben bekleidest. Sie wird dich nicht an sich ranlassen. Familientherapeuten haben da so ihre Möglichkeiten, sie sind ja darauf extra geschult.

Ich wünsche dir, dass du den Mut hast, beim Jugendamt wenigstens mal nachzufragen, was es für Möglichkeiten gibt. Die helfen da wirklich und haben mehr Ideen als du jetzt. Einfach bei Google "Jugendamt" oder "Familientherapeut" eingeben und deine Stadt dazu. Dann spuckt Google dir alles aus, was in deiner Stadt so ist. Geh einfach hin, die helfen da und schicken dich nicht weg.

Es ist auch kein Verrat an deiner Mutter. Es ist Hilfe. Für euch beide. Trau dich und sorge für dich! Schütze dich und hilf deiner Mutter, sich auf diese Weise auch wieder schützen zu können.

Alles, alles Gute, Sophie!

Dana