Problem von Ella - 29 Jahre

Fernbeziehung ohne Zukunft

Ich führe eine Fernbeziehung, dazu ist mein Freund jünger als ich.
Zu Anfangs war einfach alles perfekt (abgesehen von der Entfernung). Wir haben uns auf jedes Wiedersehen gefreut und zusammen geplant, was wir machen werden.

Nun sind 4 1/2 Jahre vergangen und er entfernt sich immer mehr. 4 1/2 Jahre Fernbeziehung, die ich nur durchgehalten habe, weil ich ihn wirklich liebe. Er behauptet ebenfalls er liebe mich und will in Zukunft mit mir zusammen wohnen... noch studiert er, daher geht das noch nicht.
Aber von Jahr zu Jahr hat sein Interesse deutlich abgenommen. Er plant nichts mehr mit mir, von ihm kommt nichts mehr, er setzt selbst keine Aktion mehr, er lässt mich einfach alles machen. Und da frag ich mich manchmal, führ ich diese Beziehung schon alleine?

Wir hören uns täglich über Skype, wobei "hören" übertrieben ist. Die meiste Zeit schweigt er mich an und ist mit irgendwas anderem beschäftigt. Natürlich, man kann nicht jeden Tag 2 Stunden plaudern, aber seine knappen Antworten auf Gesprächsbeginne von mir sind nicht besonders förderlich.

Dazu ist er so verschlossen. Erzählt nichts von sich, erzählt mir nichts von seinen Problemen (obwohl ich ihn immer wieder frage und ihm vorschlage, dass er immer zu mir kommen kann). Ich will ihm immer zeigen, dass ich für ihn da bin - nur ist er es nie für mich. Ich hab viel Stress auf Arbeit, arbeite sehr viel - oft 12 Stunden am Tag - und manchmal gehts mir nicht gut, aber von ihm kommt keinerlei Aufmerksamkeit, keine tröstenden Worte, als wär alles wie immer.

Mir würde es schon helfen, gemeinsam einen Urlaub zu planen, oder unser nächstes Treffen. Aber immer steh ich alleine da, obwohl er weiß, dass ich Freude daran hätte. Aber nein, der Herr kann nicht einmal über seinen Schatten springen, nur weil er nicht so der "Planungytyp" ist, da sieht er mich lieber unglücklich.

Ich will ihm auch keinen Druck machen, ich sprech zwar ab und zu meine Sorgen an und dann fängt er erst recht an zu schweigen. Ich versuche es mit ihm zu besprechen und bekomme dann einfach keine Antwort mehr. Er will alles totschweigen, er überspielt alles, er interessiert sich nur für seine kleine Welt.
Jetzt habe vor einigen Monaten aufgehört Energie reinzustecken, ich mache jetzt ebenfalls nichts mehr für ihn, ich schicke ihm keine Aufmerksamkeiten mehr, ich schweige mit ihm mit und spreche nichts mehr an und bin dadurch noch mehr gefrustet. Ich glaube, es fällt ihm nicht mal auf. :(

Ich hab dazu noch so Komplexe wegen meines Körpers, weil ich zwar nicht stark aber doch etwas übergewichtig bin und mein Frustfressen ist dabei nicht förderlich. Dafür hat er sowieso kein Verständnis, er meine nur, er liebt mich so wie ich bin und damit soll ich es belassen und ihn praktisch nicht mehr damit nerven. Das gelingt ihm auch gut, denn das Thema scheint ihm unangenehm zu sein und schweigt wenn ich es anspreche. Ich wünsch mir doch nur mal ein nettes Wort, dass ich heute ... was weiß ich... ne hübsche Frisur hab oder er mich sexy findet oder irgendwas... da muss doch was sein, wenn er mich liebt, zumind. sagt er das.

Ich denke sehr oft ans Schlussmachen, obwohl ich ihn wirklich sehr liebe, darum hab ichs wohl nie durchgezogen. Ich leide sehr, aber kann mir ein Leben ohne ihn auch nicht vorstellen. Ich wünschte wir müssten keine Fernbeziehung führen. Ich will aber auf keinen Fall dass er sein Studium abbricht, tatsächlich wäre ich sogar bereit gewesen (etwa nach 1 Jahr Fernbeziehung) hier alles aufzugeben und zu ihm zu ziehen, da meinte er "das sollten wir nicht überstürzen". Seitdem gehört dieses Thema auf die "Liste mit seinen Abblockthemen" und mir bleibt nichts über als zu warten, auf etwas das zu warten, was (vermutlich) nie eintreffen wird.

Meine größte Angst ist es, wenn ich Schluss mache, dass er kampflos aufgibt. Ich glaube wirklich das würde er tun. Und ich will ihn ja nicht verlieren. Verdammter Teufelskreis - ich kann nicht mit und nicht ohne ihn.

Wie kann er behaupten mich zu lieben, wenn er es offensichtlich nicht mehr tut?

Ich glaub ich muss da einfach durch und akzeptieren, dass ich ihn verloren habe. Gute Freunde wären jetzt ein wichtiger Halt, aber leider sind die zurzeit auch etwas selten bis kaum vorhanden.

Dana Anwort von Dana

Meine liebe Ella,

ob du ihn verloren hast, weiß ich nicht genau, aber es ist leider Fakt, dass Fernbeziehungen, die SO lange laufen, sich meist irgendwann tot laufen. Es ist immer dasselbe Prozedere:

- alles ist super, alles ist toll. Man sieht sich, freut sich aufeinander.
- die Zeiten dazwischen werden einem zu lang. Folge: Frust, Aggression, Streitereien, Meckereien, Geheule.
- man sieht sich wieder, die Erwartungen sind endlos hoch, weil man sich die Wartezeit voll reingesteigert hat.
- die beiden Welten, in denen die Partner auch weiterhin leben, kommen nicht zusammen. Folge: jeder Partner weiß viel vom anderen, aber nicht alles.
- gemeinsame Erfahrungen sind gleich null, da man sich selten sieht und die Zeit, die man sich nicht sieht, überwiegt.
- tägliche Telefonate sind GIFT. Man weiß sich irgendwann nichts mehr zu sagen, man schweigt sich an, es wird einem fast lästig...

...und genau so beginnen die negativen Gefühle, die sich in der Beziehung aufbauen und aus denen man irgendwie entweichen will. Ich gebe immer den dringenden Tipp, so bald wie möglich GEMEINSAM zu starten, sonst geht es einfach in die Binsen. Ich kenne sehr viele, die eine Fernbeziehung hatten...hatten. Es hält einfach nicht, selbst wenn beide sich große Mühe geben. Klar, es gibt bestimmt Ausnahmen, die es trotz dieser Umstände geschafft haben. Aber das ist ein Bruchteil.

Ich weiß, das klingt jetzt alles total demotivierend und frustrierend, aber es ist die Wahrheit.

Ich würde euch raten, die Zeit, die ihr zusammen seid, irgendwie etwas zu verlängern (dann nimm das mit dem Urlaub halt in die Hand, hauptsache, ihr seht euch mal länger am Stück!), damit ihr mal mehr Tage miteinander unterwegs seid. Nimm dir mal eine Woche Urlaub und fahr zu ihm, sei in seinem Alltag dabei, geh mit ihm und seinen Freunden weg.

Dazu kommt: lass ihn "er selbst" sein. Verlange nicht Dinge von ihm, die dir vielleicht selbstverständlich sind, ihm aber anscheinend nicht. Fordere nicht, dass er sich auf bestimmte Art benimmt, fordere nicht Liebesgeständnisse ein oder sonstige Heldentaten, die er momentan nicht zu geben bereit ist oder einfach nicht geben kann. Er sagt, er liebt dich und er will nach seinem Studium mit dir zusammen ziehen. Unterstell ihm doch nicht von vorneherein, dass er lügt, auch, was deine körperliche Sache angeht. ER scheint damit kein Problem zu haben, das hast du. Und du machst es durch das dauernde Ansprechen zu seinem. Wahrscheinlich kann er das einfach nicht gebrauchen. Er ist vielleicht ein einfacher Charakter, direkt und ehrlich und einfach auch müde, was diese Fernsache angeht. Er will keine Probleme mehr hören, er will diesen Frust nicht mehr, er will einfach leben.

Und das solltest du auch tun. Schränkt euren Kontakt unter der Woche mal ein, es kann sein, dass ihr dann wieder mehr zu erzählen habt und dass er dich dann sogar vermisst. Plane den Urlaub (natürlich nur, wenn er auch mitkommt) und fahr mit ihm weg. Am besten irgendwo hin, wo es ein wenig romantisch ist, aber trotzdem was los ist, so dass es ihm auch gefällt.

Versuche so zu sein, dass du eher Oase für ihn bist als dauernder Problemträger. Ich weiß, das ist eine starke Forderung von mir, da du ja auch Probleme hast. Aber wenn er dich schon mit "Achtung, da kommen wieder Probleme!" verbindet, kann es schon sein, dass das abschreckt. Versuche, der fröhliche Mensch zu sein, in den er sich verliebt hat. Er muss positive Dinge mit dir verbinden. Ich weiß, schwer, gerade wenn man selbst in großen Problemen steckt. Aber ich würde niemals eine Liebe einfach sausen lassen, ohne erstmal alles probiert zu haben.

Sollte er einem Urlaub zustimmen, versuche, es so schön wie möglich zu machen. Dann kannst du in einem entspannten Moment auch das Thema Beziehung mal ansprechen und wie es weiter gehen soll. Alles zu tabuisieren, ist ja auch kein Weg.

Ich wünsche dir viel Erfolg bei der zugegeben etwas verzwickten Sache und hoffe, ihr findet einen Weg.

Liebe Grüße,

Dana