Problem von Cathy - 20 Jahre

Lustlos, Müde, Traurig, Krank - Was passiert mit mir?

Hallo liebes Kummerkasten-Team!

Um einmal meine Ausgangssituation zu schildern.
Ich bin 20 Jahre alt und mache zur Zeit eine Ausbildung. Ich bin dafür vor 9 Monaten von meinen Eltern aus dem Dorf in eine Stadt gezogen. Ich fahre etwa alle 2 bis 4 Wochen nach Hause, da ich aufgrund von Wochenenddiensten nicht immer die Möglichkeit habe zurück zu fahren.

Anfangs kannte ich niemanden hier, habe dann recht schnell Kontakte geknüpft zu den Leuten in meiner Klasse. Es haben sich Freundschaften entwickelt die noch heute bestehen. Außerdem habe ich IHN kennengelernt. Er ist in meiner Klasse, und wir haben uns gut verstanden. Kennenlerntage über ein Wochenende, und wir haben uns verliebt. Ich habe mir eigentlich immer geschworen - NIEMALS mit jemandem aus meiner Klasse zusammen zu kommen. Aber das hat dann irgendwie doch nicht funktioniert. Wir waren letztendlich von Oktober 2010 bis Februar 2011 zusammen. Er hat Schluss gemacht, weil ... ja so richtig bin ich da leider auch nicht durchgestiegen. Angeblich keinen Gesprächsstoff mehr, Geschlechtsverkehr sowieso seit einem Monat nicht mehr gehabt. Ich war in dem letzten Monat wo wir zusammen waren sowieso schon ziemlich am Boden zerstört, weil ich gemerkt habe, dass etwas nicht stimmt - Aber ich hatte nie den Mut das so richtig anzusprechen. Letztendlich hat er sich getrennt und ich war am Boden zerstört. Habe mich nachts betrunken, die ganze Nacht nicht geschlafen. Mir ging es lange lange nicht gut und ich MUSS ihn 3 Mal die Woche sehen - wegen der Schule.

Seitdem sind 3 Monate vergangen und so richtig glücklich bin ich immernoch nicht. Ich habe mich in der ersten Zeit in meine Wohnung verkrümelt und erstmal meinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Danach habe ich seine "Ex-Schwärmerei" kennengelernt. Sie hat mcih in der Zeit wo wir zusammen waren gehasst, weil ich ihn bekommen habe und sie nicht. Naja, dann haben wir uns abends getroffen und Sekt getrunken, sind feiern gegangen usw. Seitdem sind wir beste Freunde. Sie hat noch ein wenig Kontakt zu ihm, ich durch die Schule bedingt natürlich auch, aber wir reden kaum miteinander.

Ich habe viele neue Leute kennengelernt. Allerdings muss ich sagen, mir geht es einfach nicht mehr gut. Seitdem wir auseinander sind vermisse ich meine Eltern und alten Freunde immer mehr. Ich habe so oft das Bedürfnis nach Hause zu fahren. Ich muss beinahe täglich meine Eltern anrufen, nur um ihre Stimmen zu hören.
Ich mag am Wochenende nicht mehr weggehen.
Ich könnte den ganzen Tag durchschlafen vor Müdigkeit - muss ja aber arbeiten.
Meine Leistungen in der Schule sind abgesackt.
Ich bin einfach so oft traurig/nachdenklich und weiß selbst nicht was mit mir los ist.
Wenn meine beste Freundin abends mit mir was machen möchte, kommt es oftmals vor, dass ich sage, ich muss noch dies und das machen, weil ich einfach keine Lust habe mich zu unterhalten. Ich will mich einfach nurnoch zurückziehen und am liebsten schlafen und die ganze Welt vergessen. Mit meiner Mutter habe ich bereits drüber gesprochen und sie sagte, ich soll zu meinem Hausarzt gehen und ihm alles schildern, aber ich kann nicht.

Bevor ich es vergesse, ich habe seit knapp 3 Monaten eine Urtikaria (Nesselsucht). Das ist eine allergische Reaktion der Haut bei der es zu starkem Juckreiz kommt und sich Quaddeln auf der Haut bilden - Das sieht dann aus, als wenn man in Brennesseln gefallen ist. Auslöser bei mir ist wahrscheinlich der ganze Stress. Die Ursache ist noch unbekannt. Als ich deswegen beim Hautarzt saß, bin ich einfach so in Tränen ausgebrochen, ich habe Hektikflecken bekommen und habe am ganzen Körper gezittert. Ich konnte einfach nicht mehr.

Was ist bloß mit mir los? Ich weiß selbst nicht mehr was ich fühle. An einigen Tagen bin ich dann wiederrum der glücklichste Mensch der Welt und könnte die ganze Welt umarmen, Party machen, Freunde treffen, neue Männer kennenlernen. - Im nächsten Augenblick bin ich wieder tieftraurig, in mich gekehrt und lustlos. Ich möchte nicht zum Arzt gehen deswegen. Ich habe Angst nicht ernst genommen zu werden. Ich weiß ja selber nichtmal sicher, was für Gefühle ich zur Zeit habe.

Ich lag vorhin im Bett und wollte schlafen - ich war noch wach aber hatte meine Augen zu, und aufeinmal hatte ich ein ganz ganz seltsames Gefühl. Ich habe nachgedacht und meine Gedanken sind immer und immer schneller geworden, als wenn ich in einem Karussel sitzen würde und alles dreht sich, taubes Gefühl auf den Ohren. Alles hat sich in meinem Kopf gedreht und wurde rasend schnell. Ich fühle mich benommen und habe Angst bekommen. Dieses Gefühl hatte ich noch nie. Ich wusste nichtmal um was für Gedanken es sich handelt - weil alles viel zu schnell ging.

Liebes Kummerkasten-Team, ich hoffe wirklich, dass ihr mir sagen könnt was ich bloß tun soll. Ich traue mich wirklich nicht zum Arzt zu gehen - ich möchte solche Probleme immer lieber mit mir selber ausmachen. Ich erkenne mich wirklich selbst nicht wieder und würd gerne wieder glücklich werden und Spaß am Leben haben.
Ich danke schonmal und eure Hilfe.

Liebe Grüße Cathy

Dana Anwort von Dana

Liebe Cathy,

zuerstmal danke für dein Vertrauen. Du hast Angst vor dem Arzt, merkst aber, dass du alleine da nicht durchkommst, daher hast du zuerstmal diese Alternative gewählt, durchaus klug.

Ich möchte mich hier auch nicht als Ärztin aufspielen, denn ich bin keine. Diagnostik unterlasse ich in den meisten Fällen, so auch hier. Allerdings klingt dieses "Drehen" im Bett und die Angst, die dann kam, nach einer leichten Panikattacke. Die bekommt man, wenn eine große seelische Überlastung eingetreten ist. Auch die Nesselsucht hängt hundertprozentig damit zusammen. Du nutzt deine Haut als Ventil für deine Ängste und Sorgen. Daher die Nesselsucht und die Angstflecken. Du siehst ja auch, dass die Nesselsucht anfing, als dein Freund sich von dir getrennt hat.

Momentan steckst du in einem Zustand hoher emotionaler Belastung. Dein Freund hat mit dir Schluss gemacht, du hattest keinerlei Chance das zu verarbeiten, es traf dich aus heiterem Himmel und deine Balance ist aus dem Ruder. Daher brauchst du momentan auch deine Eltern sehr stark und sehnst dich nach deinen alten Freunden, die dir Sicherheit und eine gewisse Ordnung geben könnten.

Der größte Fehler wäre es nun, alles mit dir alleine auszumachen. Das ist falscher Stolz, der unbedingt abgelegt werden müsste. Hab den Mut, um Hilfe zu rufen und auch Hilfe zu erhalten. Hier, in der Anonymität, schaffst du es ja auch schon. Du merkst, dass etwas mit dir nicht stimmt und bekommst es alleine nicht so ganz heraus.

Frisst du weiter alles in dich rein, ohne darüber zu reden, wirst du irgendwann erkranken. Die Angstattacke ist schon ein Zeichen dafür. Irgendwann kommen depressive Phasen dazu (auch die zeichnen sich schon ab, dass du manchmal total lustlos bist und am liebsten dauernd schlafen möchtest), in denen du dich isolierst.

Nur diese Isolation führt zu einer Verschlimmerung, niemals zu einer Verbesserung.

Deine Eltern haben völlig Recht, dass du eine Fachkraft hinzu ziehen solltest. Es muss ja nicht dein Hausarzt sein, allerdings wäre es auch bei ihm absolut nicht peinlich. Die Menschen denken immer, ihr Problem wäre das abgrundtief Dümmste und Peinlichste, dass jeder Arzt entweder nen roten Kopf oder die Krise kriegen könnte. Ärzte haben schon SO viel gesehen und weit Schlimmeres. Und das Gute: Ärzte haben Kontakte und das nötige Wissen!

Im Prinzip wäre ein Therapeut für dich genau das Richtige. Du wirst dadurch nicht zum Loser abgestempelt, der nicht in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, sondern du zeigst damit menschliche Größe und die Weitsicht, dass du nicht unfehlbar bist und jetzt eben Hilfe benötigst. Jemand, der gut für sich selbst sorgt und der sich selbst wichtig ist, würde das durchaus in Erwägung ziehen.

Allerdings wäre es auch sinnvoll, dich deiner Freundin vor Ort anzuvertrauen. Erkläre ihr, was gerade in dir passiert und bitte sie, dich ab und an wirklich zu zwingen, mit zu kommen und das Haus zu verlassen. Der Sumpf, in den du dich gerade eingräbst, wird dich sonst irgendwann ersticken.

Du merkst doch selbst, dass es nicht besser sondern eigentlich immer schlimmer wird. Zu der Traurigkeit kam diese Müdigkeit. Es kam die Nesselsucht. Es kamen Angstflecken. Es kamen Schwächegefühle. Es kam die Panikattacke nachts im Bett. Das alles sind Warnzeichen, die dein Körper sendet. Er schreit nach Hilfe.

Und nur du kannst sie geben. Nur du kannst sagen: ok, ich öffne mich, ich habe den Mut und beginne, meine Seele heilen zu lassen. Und dazu gehört leider auch das Sprechen über die Sache. Es gibt leider keine Zauberknalls, die dann PUFF machen und alles ist weg. Wenn es die gäbe, wären alle Psychologen auf der Welt auf einen Schlag arbeitslos. Doch dieser Berufsstand hat sich etabliert, weil immer mehr Menschen merken, dass es einfach komplexe Probleme gibt, die sie alleine nicht bewältigt bekommen. Und dann gehört Mut dazu, sich diesem Prozedere zu stellen, um sich selbst gesunden zu lassen.

Es wäre vielleicht auch eine Möglichkeit, dir deinen Exfreund zu schnappen und mit ihm mal ein Gespräch zu führen. Dass du ihm erklärst, dass du damals nichts verarbeiten konntest, weil er keine Gründe angegeben hat und du einfach plötzlich vor dem Aus deiner Beziehung gestanden hast. Dieses Gespräch sollte aber vielleicht wirklich im Rahmen deiner Therapie laufen, dass du eine Fachkraft im Rücken hast, die dir hinterher hilft, das Gespräch auch zu verdauen.

Ich habe an dich die dringende Bitte, deinem Selbst nachzugehen. Lass dir helfen, hab den Mut. Du brauchst die Hilfe JETZT, wo es noch in einem Stadium ist, in dem dir geholfen werden kann. Je länger du wartest und dich einigelst, desto schwieriger wird es.

Du bist es wert, Cathy. Du bist mit 20 noch am Anfang deines Lebens, du kannst so viel Schönes noch erleben. Gib dir dazu die Chance.

Ich wünsche dir alles Gute, du kannst dich auch gerne nochmals melden, wenn du Fragen hast oder Unterstützung brauchst.

Liebe Grüße,

Dana