Problem von Anonym - 56 Jahre

Bin an Krebs erkrankt

Hallo ,
ich bin an Brustkrebs erkrankt und habe im letzten Jahr die Hölle durchlebt.
Meine Tochter Mutter von zwei kindern und von Beruf Heilpädagogin ignoriert mich und spricht seit 1 1/1 Jahr nicht mit mir, weil wir uns
damals im Streit getrennt hatten. Ich habe ihr längst vergeben und verziehen
aber keine Reaktion.
Sollte man bei solch einer Krankheit nicht auch mal nachgeben und die Hand reichen?
Wer hat ähnlich Erfahrungen gemacht und kann mir einen Rat geben?

Danke schon mal im voraus!

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte!

Für den Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten wäre ein Forum sicher für dich besser.

Beispiel:

http://www.projectfact.eu/krebsforum.html

Das ist ein sehr großes Forum, in dem Betroffene und Angehörige Rat finden. Einfach anmelden, mal etwas drin rumstöbern und gerne auch dein Problem dort schildern.

Wir hier vom Kummerkasten sind ein Team, das Menschen bei Problemen berät. Dies kann ich nun natürlich bei dir auch tun, auch wenn ich selbst nie Krebs hatte und auch keine Tochter habe, die sich entfernt hat.

Das Problem, das ich bei euch sehe, ist die Mauer, die sich zwischen euch aufgebaut hat. Ihr hattet einen schlimmen Streit, der deine Tochter wohl sehr verletzt hat, sonst würde sie sich nicht auf diese Weise zurück gezogen haben. Der Zorn bei ihr muss sehr tief sitzen und die Verletzung scheint heftig eingeschnitten zu haben.

Nun kam von dir bisher wohl kein Wort der Versöhnung, jedenfalls konnte ich das aus deinem Brief nicht heraus lesen. Es kam nur irgendwann die Diagnose, die ihr mitgeteilt wurde. Sie kam in den vollen Zorn, in die Verletzung...und prallte an der Mauer zwischen euch einfach ab. "Jajajaja, während es ihr gut ging, war es ihr völlig egal, dass wir keinen Kontakt hatten! Aber JETZT, wo es ihr dreckig geht, kommt sie und will Anteilnahme!!"...so könnte ein Gedankengang von ihr aussehen.

Du sagst, du habest schon längst verziehen und wunderst dich nun, dass sie dir nicht entgegen kommt. Du kannst dein eigenes Tempo nicht auf andere Menschen projezieren. Sie ist vielleicht der Meinung, dass du einfach im Streit total falsch gelegen hast und wartet auf eine Entschuldigung. Die kam nie, also haben sich die Fronten verhärtet. Du hast vergeben, sie kann es aus irgendeinem Grund nicht. Du bist auf dem Weg also schon viel weiter und wenn du deine Hand ausstreckst, erreichst du sie nicht, weil sie noch viel zu weit hinten steht.

Der erste Schritt wäre nun also, wenn du wirklich Interesse an einer Versöhnung hast, erstmal die Mauer zwischen euch abzutragen, die Fronten aufzuweichen. Schreib ihr zB einen Brief, in dem du Verständnis zeigst, offen für eine Versöhnung bist und dich für deinen Teil des Streits mal richtig herzlich entschuldigst. Vielleicht braucht sie das. Nicht jeder ist charakterlich in der Lage, Verletzungen wegzustecken und versöhnlich die Hand auszustrecken. Nimm das bei deiner Tochter einfach so an, sie ist, wie sie ist.

Zu erwarten, dass der Andere kommt und alles ins Reine bringt, ist natürlich nicht die beste Lösung, allerdings praktizierst du diese Gedanken ja auch schon eine Weile. Mach den ersten Schritt, erkläre deiner Tochter, dass dir bewusst ist, dass du ebenfalls keine reine Weste in dem "Fall" hast und dass du dich entschuldigen möchtest. Dass du sie brauchst, dass sie dir fehlt.

Kein Wort über "du hättest ja mal...!!" oder "ich finde das unmöglich, dass...!!", sondern einfach Hand auf und hoffen, dass sie sie ergreift oder zumindest mal reagiert. Geh von dir aus, nicht von ihr und ohne auf deine Diagnose einzugehen. "Ich hab Krebs, also lass uns das mal bereinigen" wird nicht ziehen. Geh von der menschlichen Seite aus und biete ihr an, mit dir das mal aufzuarbeiten. Sie muss deinen Wunsch sehen, wieder Kontakt zu haben, sie muss merken dürfen, wie wichtig sie dir ist. Das könnte helfen.

Im Streitfall ist zu großer Stolz meist ein Hindernis.

Ich wünsche dir viel Erfolg, sowohl beim Besiegen des Krebs als auch bei deiner Tochter und hoffe, euch geht es bald besser, sowohl gesundheitlich als auch miteinander.

Liebe Grüße,

Dana