Problem von Naomi - 17 Jahre

Alive... or just breathing?!... Was ist nur los mit mir?!...

Hallo Liebes Kuka-Team,

...hier zu schreiben fällt mir echt nicht leicht und ich weis auch gar nicht wie ich es so erklären soll... wahrscheinlich habe ich auch kein Recht euch hier zu schreiben weil ich mir bestimmt eh nur alles einbilde...
Aber ich dachte fragen kann man ja vielleicht mal...

... vor 4 Jahren ist meine Mutter an Krebs gestorben und seit dem wird das Leben von Tag zu Tag dunkler... ich bin mit 13 selbständig geworden und hab den Haushalt geworfen, Schule gemacht und war für alle da... aber dann hat mein Vater eine neue Frau kennengelernt die uns aber nicht leiden kann... ab dann ist die komplette Familie auseinander gerissen... nur noch Streit und Probleme... "Wir sind sein altes Leben und er hat ein neues" hat mein Vater gemeint... außerdem trinkt er immer mehr weil er anscheind nur so auf glückliche familie machen kann... aber es fällt mir schwer ihn noch einen Vater zu nennen nachdem was er alles getan hat....es ist alles kaputt und es ist
einfach zu viel um zu erzählen... so viele Gedanken in meinem Kopf und kein Ende...

Ich quäle mich nur noch durchs Leben... ich hab keinen Antrieb und Lust auf alles... selbst auf Dinge die mir normalerweise Spaß machen... ich sehe für mich keine Zukunft mehr... ich bin nicht gut genug fürs Leben und versage nur... hab eine Ausbildung zur Bankkauffrau abgebrochen wofür mein Vater mich z.B. hasst und jetzt mach ich seid 3 Wochen wieder Schule und würde es am liebsten einfach nur hinschmeißen... hab mich nach einem halben Jahr mal überwinden können mich für den Führerschein anzumelden und auch das würde ich am liebsten wieder abbrechen... selbst vor Partys oder Sonstige Sachen drücke ich mich so gut es geht... ich würde eh nur jeden nerven oder was falsch machen denke ich dann immer....ich weis das ich sowieso nichts schaffe... ich werde nur versagen... ich bin zu schlecht für die Welt einfach für alles... Ich habe Angst und Panik vor jedem Tag, vor Druck, hohen Anforderungen den ich nicht gerecht werde... dass ich mich blamiere oder was falsch mache... dass ich versage oder jemanden nicht passe...

Ich hasse mich... ich will nicht das es mich gibt...
Mein Aussehen, mein Chrackter, meine Art, was ich tuhe, denke und sage, wie ich bin... dass ich bin... ich hasse es einfach...
Selbst wenn ich komplimente bekomme... ich nehme sie dankend an aber denke innerlich ich bekomme sie nur aus mitleid und höflichkeit...
Ich wache Morgens auf und will nicht aus dem Bett... Nachts liege ich im Bett und quäle mich mit Gedanken und Sorgen... meistens Schlaf ich schlecht ein oder wach 10 mal nachts schlagartig auf...
Ich wills jedem Recht machen und ich kanns nicht...
Ich habe manchmal Heisshunger und dann aufeinmal hass ich mich wieder so dafür das ich kaum was esse... ich drehe durch... so kann ich nicht weiterleben... ich meine bin ich wirklich so dumm und bilde mir alles ein?!

Ab und zu habe ich kurze Phasen in denen ich motiviert bin und denke ich schaffe es... aber im nächsten Moment sitzte ich wieder weinden im Zimmer und will weg von allem...Manchmal hasse ich mich so sehr dass ich mich einfach bestrafen will... ich verletze mich dann um mir zu zeigen was ich verdient habe und wie schlecht ich bin... Das Leben und ich sind einfach nicht füreinander bestimmt und das einzige was mich am Leben hält ist Hoffnung... sollte man nicht einfach von dieser Hoffnung loslassen?!....

Ich bin blöd ich weis... und bestimmt seid ihr von der Mail total genervt... ich bin nur ein pubertäres Mädchen mit Stimmungsschwankungen und totalen Einbildungen... Es tut mir leid falls es falsch von mir war...
Wenn es Zeitverschwendung ist müsst ihr auch nicht antworten...

Aber Danke fürs lesen auch wenns nur ein Teil von allem war...

Matthias Anwort von Matthias

Liebe Naomi,

zunächst einmal: deine Anfrage zu lesen und sie zu beantworten ist für mich und alle anderen hier absolut keine Zeitverschwendung und auch kein unnötiger Zwang. Wir machen das gerne, wir sind da um zu helfen. Es war in keinster Weise falsch, uns hier anzuschreiben und du hast grundsätzlich jedes Recht dazu.

Du hast trotz deines relativ jungen Alters bereits eine Menge durchgemacht. Es ist vollkommen normal, dass der Tod deiner Mutter und die darauf folgenden Familienprobleme nicht spurlos an dir vorübergezogen sind. Menschen sind die Summe ihrer Erfahrungen und leider hat deine Seele viel Schlechtes erfahren müssen.

Ich kann das, was du zurzeit durchmachst auch teilweise wirklich gut nachvollziehen. Oftmals denkt man von sich selbst viel schlechter, als andere das je tun könnten. Das mangelende Selbstvertrauen gaukelt uns vor, dass die Meinung unserer Mitmenschen über uns unserer eigenen entspricht. Darum sehen wir ernstgemeinte Komplimente als leere Phrasen. Wir können und wollen uns nicht vorstellen, dass Wahrheit in ihnen liegen könnte.

Da man sich nicht in der Lage sieht, sich selbst und damit den Selbsthass zu ändern, wollen wir zumindest die Meinung unserer Mitmenschen über uns ändern. Darum versuchen wir, ihnen alles recht zu machen, indem wir uns verstellen oder Dienstmädchen spielen, indem wir unser Selbst zurückhalten. Scheitert das, kapselt man sich ab. Man wird zum Einzelgänger - und hat somit weniger Chance auf Besserung.

Auch deine Angst, vor allem vor Prüfungen (Führerschein) und deiner vielleicht ungewissen Zukunft kann ich sehr gut nachvollziehen. Diese Angst teilen viele in deinem/unserem Alter und es nicht gerade einfach, mit ihr umzugehen. Es ist die Angst vor dem Ungewissen, die uns hier lähmt. Was soll ich werden? Wie gesagt, sehr viele junge Leute stellen sich im Moment genau diese Frage.


Ich habe jetzt viel zu deinen Problemen gesagt aber kaum etwas, was dir wirklich helfen kann, nicht wahr? Nun, es ist leider nicht einfach, in einem solchen Fall gute Ratschläge zu geben. Es gibt keine Universalhilfe und für dich klingen alle Empfehlungen meinerseits wahrscheinlich hohl. Ich möchte es trotzdem gerne versuchen.

Bitte mach dir klar, dass viele deiner Ansichten und Gedanken allein von deiner Einstellung beeinflusst werden (oder wie man so schön sagt: alles eine Sache der Einstellung). Es ist sicher nicht das Beste, immer nur optimistisch in allen Lebenslagen zu sein. Noch gefährlicher ist es allerdings, als Pessimist zu leben, also frei nach dem Motto: ich kriege eh nichts auf die Reihe, aber da ich das weiß, bin ich hinterher wenigstens nicht enttäuscht. Dieses Denken zieht dich mehr und mehr runter, bis es auf deine Laune und dein allgemeines Verhalten Einfluss nimmt. Es kommt also nichts Gutes dabei rum. Mein Rat also: steh über den Dingen, denke realistisch und objektiv. Warum solltest du den Führerschein nicht schaffen? Warum sollte es mit der Schule nicht klappen? Du sagtest du hast Angst zu versagen, dich zu blamieren. Es ist jedoch immer besser, es zu versuchen und vielleicht zu straucheln, als es nur aufgrund von Angst gar nicht erst anzugehen. Ach und keine Sorge, ich für meinen Teil kenne einige, die ihre Ausbildung abgebrochen haben. Es ist nie was schlechtes dabei rausgekommen.

Trau dir ruhig was zu! Wenn du es nicht zumindest versuchst, hast du automatisch verloren. Ich weiß, der Druck ist nicht so leicht zu bewältigen aber leider gehören Anstrengungen, Befürchtungen und Mühe zu den meisten Zielen im Leben. Dafür ist die Befriedigung umso größer, wenn man etwas geschafft hat, glaub mir.
Ich lege dir hierzu noch folgenden Link nahe:
http://www.psychotipps.com/selbstzweifel.html

Die Situation in deiner Familie ist keine Leichte und sie sollte auch nicht so bleiben. Schuld an eurer Lage ist keiner, weder du, noch dein Vater. Solange es auch nur eine Person in der Familie gibt, die unglücklich ist, sollte aber auf jeden Fall etwas dagegen getan werden. Der Weg zur Besserung führt hier nur durch Annäherung, nicht nur Entfremdung. Versuche also deine Sorgen und Nöte mit deinen Geschwistern und/oder deinem Vater zu teilen. Je nachdem, mit wem du besser zurecht kommst, solltest du da vielleicht den Anfang machen. Ihr seid nach wie vor eine Familie, kein Streit kann das ändern. Deine Verwandten sollten wissen, dass dir die momentane Situation Leiden bereitet, dass du dich unwohl fühlst und das beheben möchtest.

Vollkommen egal aus welchem Grund: du solltest dich nie absichtlich selbst verletzen. Niemand, auch nicht wenn es gegen dich selbst gerichtet ist, hat Verletzungen "verdient". So etwas wird nie die Lösung irgendeines Problems sein, egal bei wem und wann (im Gegenteil: es bringt nicht selten noch weitere Probleme mit sich (nicht nur gesundheitliche)).
Weitere Informationen zu diesem Thema findest du übrigens hier:
http://www.rotelinien.de/
http://www.rotetraenen.de/

Wie ich zu Beginn schrieb: es war - anders als du dachtest - keine Zweitverschwendung, dir hiermit helfen zu wollen. Deine Anfrage war weder blöd noch unrechtmäßig. Deine Erwartungen und Gedanken waren schlichtweg viel negativer, als sie hätten sein müssen. Ich beispielsweise finde du bist weder blöd, noch "nur pubertär" oder gar "nervig". Bitte denke also nicht so schlecht von dir. Ich versichere dir, es ist absolut nicht nötig. Jeder hat seine Macken, niemand ist perfekt und keiner verlangt auch von dir perfekt zu sein. Gerade unsere Unperfektheit (ja das Wort gibt es wirklich, hätte ich auch nicht gedacht) macht jeden von uns so einzigartig und menschlich. Naomi, du bist wie du bist, und das ist auch gut so :)

Ich wünsche dir von Herzen alles Gute
Matthias