Problem von Anonym - 20 Jahre

Aussichtslosigkeit

Hallo liebes Kummerkasten-Team. Mein Problem ist folgendes: Ich war vier Jahre lang, bis Oktober diesen Jahres, mit meinem Ex-Freund zusammen. Wir waren insgesamt betrachtet immer glücklich miteinander, klar, ab und an gab es Unstimmigkeiten, aber das ist ja normal... Anfang diesen Jahres, als wir noch zusammen waren, haben wir uns entschieden beide in der gleichen Stadt zu studieren und zusammenzuziehen. Die Bewerbungen für unser Wunsch-Studium sind bei uns beiden etwas schlecht verlaufen, sodass wir auf der Warteliste standen. Anfang September hatten wir beide immernoch keine Zusage. Und Anfang September habe ich auch einen anderen Mann etwas näher kennengelernt, sodass ich für ihn ins Schwärmen kann. Ich habe meinem Freund direkt davon erzählt, aber seine Reaktion war eher unerwartet. Das Gespräch lief etwas so ab:
Ich: "Ich hätte fast was mit D. angefangen gestern Abend."
Er: "Och S., hast du dich in D. verguckt?"
Ich: "Könnte schon sein."
Er: "Das wird schon wieder..."
(Das war jetzt die Kurzfassung)
Ich hatte danach das Gefühl, als könnte nichts und niemand meinen Freund verjagen. Aber ich war mir trotzdem nicht mehr sicher ob es noch das Richtige wäre, wenn wir zusammen bleiben, obwohl sich außer dem anderen Mann eigentlich nichts geändert hatte, wir verstanden uns immernoch sehr gut. Ich wusste nicht wie ich mich entscheiden sollte. Während unserem Gespräch darüber ob wir zusammenbleiben wollen oder nicht, rief mein Vater mich an, dass Post von der Uni gekommen wäre, ich hätte meinen Studienplatz. Als ich aufgelegt hatte sagte mein Freund sowas wie "Das wird schon alles wieder, wir suchen uns jetzt eine Wohnung und ziehen zusammen."
Allerdings war ich mir immernoch unsicher auf uns bezogen. Aber es war alles so knapp, das Semester sollte schon in drei Wochen anfangen und ich musste noch eine Wohnung finden und kurz darauf bekam mein Freund auch eine Zusage... Also suchten wir uns wirklich eine Wohnung zusammen. Und die ganze Zeit über war ich mir unsicher ob das das Richtige ist. Einen Tag bevor wir dann zusammengezogen sind war ich auf einer Feier. Dort traf ich zufällig den anderen Mann, meine Gefühle kamen hoch und ich trank zuviel... Wir haben uns mehrmals geküsst. Ich erzählte es meinem Freund am nächsten Morgen. Der Umzug war nicht mehr rückgängig zu machen und einige Tage später trennten wir uns in Freundschaft. Wir sind dann immernoch zusammen wohnen geblieben, wir waren bloß kein Paar mehr. Wir leben auch jetzt noch zusammen. Aber es fällt mir schwer. Es kam einfach alles auf einmal: ein neuer Mann, die Trennung mit meinem Ex-Freund, der Umzug, das neue Studium. Mein Ex-Freund hat ziemlich darunter gelitten, und jedesmal wenn wir darüber geredet haben hab ich zutiefst bereut was passiert ist. Aber trotzdem ging es weiter mit dem anderen Mann. Daraus wurde eine Art Affaire. Es stellte sich aber heraus das er eigentlich nicht an "mir" interessiert ist, sondern generell an fast allen Frauen. So banal das auch klingen mag. Und trotzdem mag ich ihn sehr. Ich habe auch das Gefühl, dass sich das alles nicht "gelohnt" (ein besseres Wort finde ich nicht) hätte, wenn es jetzt nicht mit ihm weitergehen sollte. Mittlerweile habe ich aber festgestellt, dass ich zurzeit nur zufrieden sein kann (wenn man das zufrieden nennen kann, es ist mehr ein "ich überlebe"), wenn zwischen meinem Ex-Freund alles okay ist - freundschaftlich gesehen. Wir wollen zusammen eine WG aufmachen mit einem anderen Freund. Das alles ist mittlerweile zwei Monate her, aber noch immer hab ich das Gefühl das der Ablauf unserer Trennung total falsch war, und es fehlt mir immernoch etwas. Normalerweise hat man erstmal Abstand zueinander nachdem man sich getrennt hat, um über alles in Ruhe nachzudenken, aber das hat bei uns nicht funktioniert weil wir zusammenwohnen. Wer weiß, vielleicht wären wir bereits wieder ein Paar. Mir kommt einfach alles was ich im Bezug auf ihn mache falsch vor. Es ist falsch, mit ihm in eine WG zu ziehen, es ist aber auch falsch, von ihm wegzuziehen. Es ist falsch, mit ihm befreundet zu sein, es ist aber auch falsch, mit ihm wieder zusammenzukommen. Genauso wenn wir keine Freunde mehr sein würden.
Mir fällt es schwer, mit meinen Freunden darüber zu reden, und ich merke, dass es ihnen auch schwer fällt mit mir darüber zu reden. Sie haben einfach kein Verständnis für die gesamte Situation und können das ganze nicht nachvollziehen. Wenn wir darüber reden, dann nur über oberflächliche Dinge, aber es gibt keine emotionale Ebene. Das macht mich traurig. Ich würde so gerne mit meinen Freunden darüber reden. Ich hätte so gerne einen Rat. Ich weiß einfach nicht was der richtige Ausweg aus der Situation ist. Alles steht offen - ich bin mir nicht im Klaren über meine Gefühle zu meinem Ex-Freund, ich weiß nicht wie es mit dem anderen Mann weitergehen soll, ich bin mir nicht ganz sicher ob das mit der WG eine gute Lösung wäre. Und ich weiß nicht wie ich meine Freunde dazu bringen soll zu sagen was sie tun würden. Ich wäre dankbar wenn ihr euch dazu melden würdet...

Jessica Anwort von Jessica

Hallo,

ich finde es schön, dass Du Dich an uns gewendet hast. Es scheint tatsächlich eine recht verzwickte Situation zu sein, in der Du gerade steckst. Ich denke, Dein Gefühl leitet Dich schon ganz richtig, auch wenn es manchmal durch das Gedanken-Wirr nicht so gut zu deuten scheint. Du hast geschrieben, dass Du das Gefühl hast, dass alles was Du in Bezug auf ihn machst falsch sei. Sieh es so, falsch kannst Du nichts machen, wenn es zwischen Dir und ihm die Vereinbarung gibt, dass ihr zusammen wohnen möchtet. Aber die Situation scheint Dir nicht sehr gut zu tun und das einzige was in einer solchen Situation hilft, ist Abstand. Man kann sich später immernoch entscheiden wieder zusammenzuziehen. Aber so ein Abstand hilft einfach über die Gefühle im Klaren zu werden, um so für sich die richtige Entscheidung treffen zu können. Es wird Dir vielleicht möglich sein bei einem Freund oder einem Verwandten bzw. Dein Elternhaus unterzukommen. Vielleicht nimmst Du Dir so ein wenig Auszeit, konzentrierst Dich auf Dein Studium und versuchst so wieder Klarheit für Dich zu schaffen. Jegliche Situation lässt sich immer am besten objektiv betrachten und daraus eine Entscheidung zu fällen, als wenn man mitten im Geschehen steckt. Das kennst Du sicherlich auch, wenn Du einer Freundin einen Rat gibst und ihr eine Betrachtungsweise ermöglichst, die sie vorher nicht sehen konnte, da man "mittendrin" einfach weniger klaren Überblick über alles und seine wahren Gefühle hat. Ich hoffe, ich konnte Dir mit meinen Zeilen weiterhelfen. Ich wünsche Dir weiterhin alles Liebe und viel Erfolg in Deinem Studium. Darüber hinaus wünsche ich Dir weiter frohe Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr. Jessica