Problem von X - 22 Jahre

Mein Vater geht fremd

Hallo liebes Team,

ich wohne mit meinem Freund bei meinen Eltern und gestern habe ich und mein Freund gehört wie mein Papa unter meinem Fenster telefoniert hat.
Er hat dauerd betont wie sehr er sich auf morgen freue und er hat extra einen Termin abgesagt.
Das Telefonat war um halb 12 Uhr Nachts.

Mir war sofort klar dass da eine andere Frau am Telefon war...
Er hat so etwas vor jahren schon mal gemacht und damals kam es schon fast zur Scheidung...

Ich habe meinen Vater darauf angesprochen und ihm gesagt dass er sein Date sofort absagt oder ich sags meiner Mutter. Daraufhin hat er sowas gesagt wie "Das ist mein Sache, ich habe mein fast mein ganzes Leben hintermir" und wenn ich der Mama nichts sage dann Lüge ich sie auch nicht an.

Darauf hin bin ich erst mal in mein Zimmer gerannt weil ich von der Reaktion meines Vaters so geschockt war... Er hat mich dabei angegrinst als ob es ihm einfach nur egal wäre..

Naja aufjeden Fall habe ich dann hin und her überlegt und es dann schließlich meiner Mama gesagt... Natürlich sind darauf hin Tränen gefloßen und Tür geknallt worden.. das volle Programm.

Was jetzt passiert keine Ahnung.
Ich bin mir nur nicht sicher ob ich richtig gehandelt habe, hätte ich vielleicht gar nichts sagen sollen???

Hab ich mich in was eingemischt was mich nichts angeht?

Danke!

Liebe Grüße

Bernd Anwort von Bernd

Liebe "X".

Als Du Deiner Mutter davon erzählt hast, was Du über Deinen Vater weißt, war das wohl richtig für Dich!
Ehrlich gesagt wüßte ich auch nicht viel dagegen zu sagen.
Mich persönlich hätte vielleicht interessiert, was mein Vater damit meinte, wenn er sagt, dass er "fast das ganze Leben hinter sich hat"! Vielleicht hätte ich mit meinem Vater darüber sprechen wollen, bevor ich es meiner Mutter sage?
Vielleicht hätte ich meinem Vater nach einem Gespräch ein zweites Ultimatum gesetzt: ihm die Möglichkeit gegeben, es selbst mit seiner Frau (Deiner Mutter) zu klären, was in deren Ehe nicht mehr zu klappen scheint?
Vielleicht!
Ich weiß es nicht!
Deshalb werde ich Dir Deine Entscheidung, es zu erzählen auch niemals vorwerfen können!

Was mit Deinen Eltern ist, geht Dich schon etwas an! Deshalb darfst Du Dich natürlich auch einmischen!
Was ich vielleicht mit dem Abstand des Alters ein wenig anders sehe, als Du: Du hattest Dein Urteil schon gefällt! Du hast Deinen Vater für sein Tun verurteilt und Deine Mutter war für Dich das "Opfer"!

Was könnte Dein Vater mit seiner Bemerkung gemeint haben? ("ich habe fast mein ganzes Leben hinter mir")
Hast Du einen Eindruck davon, wie sehr sich Deine Eltern lieben? Sich respektieren? Sich ergänzen?
Wie Deine Mutter für Deinen Vater - und Dein Vater für Deine Mutter fühlt?
Wann haben sie sich das letzte mal umarmt? Sich angelächelt? Sich geküsst?

Oder hast Du sie nur bemerkt, wenn ihr Tun sich direkt auf Dich bezogen hat? Wenn Dein Vater Dir etwas verboten hat? Du eher mit Deiner Mutter reden konntest?

Was will ich Dir sagen?

Einmischen finde ich schon richtig und auch wichtig!

Schön fände ich es, wenn Du davon abkommen könntest, den Einen als "Täter" und den Anderen als "Opfer" zu sehen! Das Scheitern einer Beziehung braucht immer Zwei Menschen! Und niemand von denen ist nur Gut! Und Niemand von denen ist nur Schlecht!

Was leider nur sehr selten geschieht: dass zwei Menschen sich ihr Scheitern gegenseitig gestehen und als "gemeinsame Schuld" anerkennen können.

Vielleicht kannst Du Deinen Eltern auf diesem Weg helfen? Zu erkennen, dass es niemals nur die Schuld eines Einzelnen sein kann!

Vielleicht kannst Du Deine Eltern über diese Erkenntnis sogar wieder ein wenig näher zueinander bringen?

Das wünsche ich Dir und Deinen Eltern von Herzen!

Alles Liebe,

Bernd