Problem von anonym - 17 Jahre

Beziehung zu meinem Lehrer

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

ich habe ein kleines Problem, wofür ich leider allein keine Lösung finde. Und zwar folgendes: Ich habe mich nach der 10. Klasse entschieden für ein Jahr ins Ausland zu gehen, nach Kanada. An meiner kanadischen Schule habe ich dann große Schwierigkeiten mit dem Französischunterricht gehabt, mir fällt das Sprechen sehr schwer. Deshalb hat mein Französischlehrer mir angeboten, mir Nachhilfe zu geben... und damit hat mein Problem angefangen. Am Anfang des Schuljahres habe ich diesen Lehrer absolut nicht leiden können, er wirkte einschüchternd auf mich, weil er sehr streng ist und man wirklich aufpassen muss wie man sich bei ihm verhält. Er legt sehr viel Wert auf Respekt und Verantwortungsbewusstsein und wenn man gegen diese Werte "verstößt" kann er auch sehr nachtragend sein. Während der Nachhilfestunden (es waren nur er und ich in dem Zimmer) habe ich ihn dann allerdings etwas besser kennengelernt und wir haben festgestellt, dass wir uns extrem ähnlich sind in unseren Denkweisen, Einstellungen zu Schule und Arbeit und unserem Verhalten. Er hat sogar eine ähnliche Schulzeit wie ich gehabt, mit den gleichen Problemen. Im Verlauf der Nachhilfestunden habe ich dann mehr und mehr eine Sympathie für ihn entwickelt; es fühlte sich gut an mit ihm zu reden und ich hatte den Eindruck, dass er wirklich der einzige Mensch hier in Kanada ist der mich komplett versteht. Ich habe ihm so viele Dinge anvertraut, er hat auch immer gemerkt, wenn es mir nicht gut ging und hat dann solange mit mir geredet bis ich ihm mein Problem erzählt habe und dann hat er immer so unglaublich nette Sachen zu mir gesagt um mich wieder aufzubauen. Jedes Mal nach der Nachhilfe hatte ich super gute Laune und jedes Mal wenn er keine Zeit hatte war ich traurig. Ich habe über diese Situation mit meinen Eltern geredet, und die haben mir gesagt, dass ich für ihn schwärme. Aber ich bin mir da nicht so sicher, denn ich fühle kein Kribbeln im Bauch oder kriege weiche Knie oder sonst irgendwas. Es ist auch nicht so dass ich mir eine Beziehung mit ihm wünsche, es ist eher dass ich mir eine Freundschaft wünsche.
Jetzt ist das Schuljahr leider rum. In der vorletzten Nachhilfestunde habe ich ihm dann ein Geschenk und eine selbstgebastelte Karte gegeben um mich für seine Hilfe während des gesamten Jahres zu bedanken. Auf der Karte stand, dass ich mich für seine Hilfe bedanken möchte, dass das eine außergewöhnliche Geste von ihm war. Ich habe geschrieben, dass ich noch nie einen Lehrer getroffen habe, der so viel Zeit und Mühe in das Unterrichten eines Schülers inverstiert hat. Dann habe ich mich auch noch für seine Ratschläge während des Schuljahres bedankt und am Ende habe ich geschrieben dass er ein außergewöhnlicher Mensch ist und ich froh bin dass ich ihm begegnet bin. Da hat er mich dann in den Arm genommen. Am nächsten Tag war dann die allerletzte Nachhilfestunde und gegen Ende hat er mich dann gefragt wie es meinem Herzen geht. Diese Frage hat mich sehr verwirrt. Er könnte gemeint haben, wie ich mich fühle bei dem Gedanken dass ich jetzt wieder nach Hause muss oder er hat durch meine Karte den Eindruck bekommen dass ich mich in ihn verliebt habe.
Ich habe ihn dann noch gefragt, ob er eine Idee hat wie ich weiter Französischsprechen üben kann wenn ich wieder zu Hause bin und er hat dann gemeint, ich könne ja französische Filme schauen oder wir könnten ja skypen. Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet, dass er mir anbietet mit ihm zu skypen. Ich hatte ihn einige Wochen zuvor schon nach seiner E-Mail Adresse gefragt, denn er hat mir dann gesagt ich solle ihm eine E-mail schicken und dann würden wir das Skypen angehen. Dann hat er sich vor dem Zimmer in dem meine mündliche Prüfung für Französisch war, verabschiedet. Die Prüfung war eine Gruppendiskussion und meine Gruppenmitglieder waren schon da. Er hat dann "Viel Glück" in die Runde gesagt, dann hat er sich nochmal zu mir gedreht und mir viel Glück gewünscht und dabei hat er seine Hand so liebevoll auf meine Schulter gelegt, aber nur für einen kurzen Moment, dann hat er mir auf die Schulter geklopft und ist gegangen. Wollte er damit versuchen mich zu beruhigen, weil er wusste wie nervös ich war?
Ich bin ziemlich verwirrt mit dieser ganzen Situation. Ich bin mir sicher dass er nicht in mich verliebt ist und ich denke eigentlich auch nicht, dass ich in ihn verliebt bin, aber trotzdem fange ich an zu weinen, wenn ich daran denke, dass ich ihn jetzt nicht mehr jeden Tag sehe. Denkt ihr, dass er annimmt dass ich mich in ihn verliebt habe, weil er mich gefragt hat wie es meinem Herzen geht?
Immer wenn ich über diese Situation nachdenken, verspühre ich den Wunsch, dass ich ihn als Freund haben will, weil es gibt mir ein gutes gefühl mit ihm zu reden und ich würde mit ihm so gern über alles reden, was in meinem Leben passiert, aber das habe ich nicht gemacht, weil er eben mein Lehrer ist bzw. war. Er strahlt so eine Ruhe und Weisheit aus und ich habe noch nie einen Menschen gehabt mit dem ich so gut reden konnte, nicht mal mit meinen Freunden und dass obwohl ich sie seit 10 Jahren kenne. Das Problem ist eben auch dass er 20 Jahre älter ist als ich. Kann es somit überhaupt möglich sein, eine dauerhafte Freundschaft mit ihm zu haben, wir kennen uns schließlich erst seit einem Jahr und er ist mein Lehrer gewesen, deswegen kenne ich ihn eben privat doch nicht so gut.
Andererseits, der Gedanke keinen Kontakt mehr mit ihm zu haben, macht mich sehr traurig.
Bitte helft mir, die gesamte Situation besser zu verstehen. Könnt ihr mir vielleicht auch ein paar Tipps geben wie ich ihn nicht mehr so vermisse.

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte!

Der große Fehler der Frau ist es gerne, schon alles mögliche "abchecken" und einordnen zu wollen. Die Gedanken kreisen schon um die wildesten Dinge, dabei sind nur kleine, freundschaftliche Gesten passiert. ;)

Ich denke, dein Lehrer hat sonst eher mit Antipathie zu kämpfen, so wie du sie auch am Anfang hattest. Er ist streng, er ist unnahbar und zieht seine Sache voll durch. Dass ihm die Schülerinnen an den Lippen hängen, ist so also eher nicht gegeben. Und dann kommt eine, die ihm sehr nette Dinge sagt. Ich denke, er hat sich einfach sehr gefreut und gemerkt, dass da eine Freundschaft möglich ist, daher ist er auch "aufgetaut". Dieses "was denkt dein Herz" kann auch einfach ein "Übersetzungsfehler" von dir sein. Vielleicht bedeutet es auf Deutsch einfach nur: "was fühlst du so im Innern?" und er wollte wissen, wie es dir geht, wenn du gehen musst.

Du hast mit deiner Karte und dem Kompliment einfach eine "andere Ebene" erschlossen. Und vielleicht mag er dich einfach sehr gern und weiß, dass er nun nicht mehr Lehrer-Schüler ist, sondern Freund-Freund sein kann.

Ich würde nicht riesig drumrum rätseln, ich würde einfach mal mit ihm schreiben, mit ihm Kontakt halten und dann siehst du ja, was passiert. Wenn irgendwas geschieht, was du nicht möchtest, kannst du es ihm ja ehrlich sagen oder dann den Kontakt abbrechen. Aber ich würde erstmal nicht zu viel und zu doll da hinein interpretieren, sondern es erstmal als das nehmen, was es ist: eine freundschaftliche Geste von dir und ein "Aufwachen" von ihm, dass da jemand ist, der ihn gerne mag und er das gerne zurück gibt. Da muss in beiden Fällen keine Liebe sein, da muss auch keine wachsen. Es kann wirklich eine schöne Freundschaft werden, ohne Zwang und ohne komische Signale, die keiner deuten kann.

Wenn er mal Signale sendet, die du nicht verstehst, frag direkt nach. Frag nicht uns, frag nicht deine Eltern, frag IHN. Nur so findet ihr eine Basis, die beide verstehen und die beide wollen. Warum solltest du einer Freundschaft mit ihm aus dem Weg gehen, wenn du es doch eigentlich auch willst?

Ich wünsche dir viel Freude bei diesem Weg! Genieße die Zeit mit ihm, nutze es für deine Französischkenntnisse, freu dich, dass du einen Freund in ihm gefunden hast. Das Alter spielt keine Rolle und auch sonst nix, solange beide dasselbe wollen. Wenn einer von beiden mehr oder weniger will, muss halt ein Gespräch her, das das klärt. Aber sonst?

Nur Mut!

Liebe Grüße,

Dana