Problem von Anonym - 19 Jahre

Eltern - Kontakt komplett beenden und ein neues Leben beginnen?

So Hallo,

ich beschreib jetzt mal wie die Situation in der Vergangenheit und derzeitig aussah (zuhause):

Meine Eltern haben schon von Kind an mir immer klar gemacht dass ich schlechter als die anderen Kinder bin und ein Versager bin. Das fing in der Grundschule an und setzte sich dann fort. Das lag u.a. daran dass ich immer Probleme gemacht hatte was Schule anging, schon ab der 1. Klasse hab ich mich geweigert meine Hausaufgaben zu machen, habe mich geweigert Bilder auszumalen oder sonstige sinnlose Tätigkeiten zu Hause zu erledigen.
Deswegen gab es eigtl wöchentlich Lehreranrufe bei mir zuhause warum ich die Hausaufgaben nicht mache (habe mich wirklich stark dagegen gewehrt, war auch oft krank in der Schule weil ich keine Lust hatte bzw. hab schon ab der 2. Klasse geschwänzt).
Das hat natürlich ständig Anschiss/Verbote zuhause gehagelt, habe dann übrigens in der 4. Klasse mit einer 1,0 (in jedem Fach) abgeschlossen und bin auf ein Gymnasium danach gegangen.
Hatte jedes Jahr ein 1, oder 2, Schnitt, trotzdem hieß es zuhause immer ich werde das Abitur nie schaffen da ich ein Versager bin, die Nachbarskinder lernen soviel und ich mache garnichts, nichtmal meine Hausaufgaben. Desweiteren habe ich keinen Sport gemacht, die Nachbarskinder machen soviele Sportarten, fahren zur Jugend trainiert für Olympia und sind sooo begabt, meine Eltern sagten ständig solche Kinder hätten sie auch gerne.

Bin dann ab der 10./11. Klasse nurnoch fertig gemacht worden. Für alles und jeden Scheiß, habe bis dato immernoch kein Sport gemacht, geschweige denn eine Freundin gehabt. Das war dann der nächste Angriffspunkt den ich mir ab da an jeden Tag anhören musste, ob ich schwul wäre oder dass ich niemals eine Freundin finden werde weil ich ein Versager bin der nichts lernt oder keine Sportarten macht und kein Benehmen hat.

Hab mich ab der 6.-7. Klasse immer mehr zurückgezogen, den gesamten Tag nurnoch Computerspiele gespielt, Freunde habe ich immer mehr dadurch verloren, online Freunde dazu gewonnen.

In der 10./11. saß ich nurnoch vor dem Computer, habe damit auch teils Geld verdient, durch online Wettbewerbe etc., in den Spielen fand ich wieder eine Menge Spaß.

Vor dem Abitur wurde der Stress mit den Eltern am schlimmsten, die Nachbarskinder lernten tag und nacht während ich mich meinen Computerspielen widmete. Deswegen gabs ständig Verbote, die ich geschickt umging (am Handy weitergespielt o.ä.).
Vorallem Mathe, ich solle mir Nachhilfe suchen etc, anders würde ich Versager das ja nicht hinbekommen
Hatte dann in meiner Mathe-Prüfung, trotz 2~ Stunden Vorbereitung, 90/90 Punkten (der Lehrer meinte die Prüfung war in dem Jahr recht schwer). Man muss dazu sagen dass ich in Mathe nie Probleme hatte, meine Lehrerin hatte mich in der siebten Klasse gezwungen an einem Wettbewerb teilzunehmen, war der zweitbeste in diesem deutschlandweit (hieß damals "Kangaroo-Wettbewerb" oder sowas)
Habe trotzdem nie etwas gelernt, weil es einfach nicht mein Ding war mir Sachen durchzulesen die mich nicht interessieren, genauso war ich derjenige mit der größten Fehlstunden-Anzahl (hatte in jedem Fach Attest-Pflicht).
Mein Abitur habe ich dann mit 2,1 abgeschlossen, nicht das beste dennoch war ich zufrieden (bzw es hat mich nicht interessiert, war in deutsch sehr schlecht da ich die Pflichtliteratur nicht gelesen hatte, desweiteren war sport auch eine totale schwäche von mir)
Schulfreunde hatte ich nur einen, das lag u.a. daran dass ich nie da war (teils 4 Wochen am Stück wegen "Grippe" oder anderen Pseudo-Krankheiten gefehlt habe, die Zeit hab ich an meinem Computer verspielt, meine Eltern haben das nicht gemerkt da sie morgens vor mir rausmüssen und nach mir heim kommen, die Unterschriften konnte ich sowieso in und auswendig. Außerdem hatte ich einen recht läßigen Arzt in der Stadt, da bin ich vorbeigegangen, kurz ne Geschichte aufgetischt und nen 2 Wochen Attest bekommen)

Mittlerweile komme ich ab OKtober ins dritte Semester, studiere Wirtschaftsmathe.
Bin dort eigtl recht gut, habe einen 1, Schnitt (gehöre zu den 5% besten)
Sitze trotzdem den ganzen Tag zuhause und spiele PC oder lerne, Sport keine Lust.
Ich werde immernoch als totaler Versager abgestempelt, der immernoch keine Freundin hat und kein Sport macht, die Nachbarskinder sind so toll, die verdienen schon Geld in ihrerer Lehre/Ausbildung
(Keiner von den Kindern der Bekannten meiner Eltern studiert, alle machen lari fari Ausbildungen/Lehren die selbst von Affen geschafft werden könnten)
Diese erzählen natürlich immer Geschichten an ihre Eltern die diese an meine erzählen, aka die machen sooo schwere Matheaufgaben dagegen wäre mein Studium ein Witz (meine Eltern glauben das natürlich....jeder Affe könnte die Mathe Aufgaben lösen die KFZ-Lehrlinge machen müssen, das ist das 1*1 das jeder Volltrottel mit 12 Jahren lösen kann)
Begründet wírd das dadurch das ich (wie kann das sein? Ich der Versager ??? Habe eine 1,0 in Mathe auf der Uni ???? Wenn so ein Versager wie ich das schaffe und solche Gewinnerkinder in ihrer KFZ-Lehre nur eine 3 in Mathe haben und an Aufgaben wie 3*3 scheitern dann muss es bei mir extrem einfach sein)

Deswegen wollen meine Eltern dass ich mein Studium abbreche und eine Ausbildung anfange.
(Mein Vater hat einen Hauptschulabschluss und meine Mutter Fachabi, keiner von beiden hat studiert oder war auf einer FH, desweiteren können beide kein Wort Englisch reden geschweige denn die einfachsten Matherätsel lösen)

Nun hab ich den Terror geschildert.

Die Frage
Ich wechsel ab Oktober die Uni, 700km entfernt von zuhause (mit Absicht).
Ich hatte vor, den Kontakt zu meinen Eltern komplett abzubrechen und ein neues Leben zu beginnen, evtl. eine SportAG noch nebenher besuchen und versuchen dann mein Master-Studium nach dem Bachelor mit 1,0 abzuschließen.

Meine Eltern meinen solche "Meinungsverschiedenheiten" (oben geschildert) wären doch ganz normal und deswegen können wir uns ja wöchentlich/monatlich besuchen. Wenn ich den Kontakt zu ihnen nicht abreche zahlen sie mir die Wohnung + 300€ pro Monat.
Falls ich den Kontakt total abbreche bekomme ich 0 Euro.

Jetzt stehe ich gerade im Zwiespalt, soll ich (fauler Sack) versuchen mir irgendwelche jobs zu suchen um somit über die Runden zu kommen oder soll ich mich weiterhin fertig machen lassen?
Die eine Option wäre eben, direkt frei zu sein und endlich anfangen zu LEBEN und dieses zu genießen und die andere ist noch ein paar Jahre zu schauspielern und meine Eltern glauben zu lassen wir würden uns weiterhin besuchen und hätten ein "gutes" Verhältnis. Dann würde ich halt cash bekommen.
Nach der Uni seh ich die Vögel sowieso nie wieder.
Meine Eltern glauben übrigens meine Geschwister und ich hätten alles von ihnen bekommen und sie seien so nett deswegen, Meinungsverschiedenheiten wären ja normal aber im Großen und Ganzen wäre wir eine super Familie...

Habe auch 2 Geschwister.
Meine große Schwester hat nach der Schule eine Ausbildung angefangen und ist zu ihrem Freund gezogen, hat den Kontakt auch sofort nach der Schule sofort und komplett abgebrochen zu meinen Eltern, zu ihr selbst habe ich noch Kontakt.
Diese könnte mich aber finanziell nicht unterstützen da weder ihr Freund noch Sie genug Geld dafür haben, sie leben auch nicht in einer Stadt in der ich studieren könnte und somit zu ihnen ziehen könnte.
Meine kleine Schwester geht noch auf die Schule, will nach ihrem Abschluss aber auch den Kontakt zu meinen Eltern komplett abbrechen, hat diese das auch schon wissen lassen.

Was meint ihr als außenstehende???
Soll ich den eigenen Schritt wagen?
Was ist wenn ich komplett versage und nirgendswo Geld auftreiben kann?


Judith Anwort von Judith

Hallo lieber Unbekannter,

Mensch, da hast Du Dir aber mal alles von der Seele geschrieben... Deine Eltern scheinen nicht einfach zu sein. Das sind schon ziemlich verhaertete Fronten, die ihr habt. Ich glaube trotz allem, dass Deine Eltern nur das Beste fuer Dich wollen, auch wenn es Dir ignorant und kleinkariert vorkommt. Deine Eltern sind keine Akademiker, und sie schliessen von sich auf andere- das tun wir alle zum gewissen Grat. Man moechte fuer sein Kind das Beste, und das ist im Zweifelsfall das Altbekannte. Eine sichere Ausbildung, ein guter Job, Geldverdienen, eine nette Freundin etc.

Dass Dich das nicht gluecklich macht, sondern Du studierst und sicher spaeter auch gute, vielleicht karrieremaessig sogar bessere Chancen haben wirst, das sehen Deine Eltern erstmal nicht.

Es tut mir leid, dass Dir auch die Wertschaetzung fehlt. Darum scheint es mir im Kern bei Dir zu gehen. Deine Eltern missverstehen Dich, und Du fuehlst Dich nicht ernstgenommen und nicht unterstuetzt in dem, was DU fuer richtig haeltst.

Ich halte es fuer eine gute Idee auszuziehen. Raus aus dem "alten Trott", wo die Kindern der Nachbarn immer noch Vergleiche sein werden, wo Du bei Deinen Eltern in Deinem Kinderzimmer lebst. Du bist 19, erwachsen, und stehst gut im Studium. Nimm Dein Leben in die Hand! Teil des Erwachsenwerdens ist auch, Dinge ohne die "Absolution" der Eltern zu tun...

Warum Du gleich den Kontakt vollkommen abbrechen moechtest, weiss ich nicht. Klar, Du bist genervt. Deine Eltern scheinen auch alles andere als nett im Ton zu sein. Aber ich glaube mit ein paar Huntert Kilometern zwischen Euch, wird sich die Lage entspannen. An Deiner Stelle wuerde ich einen Kompromiss versuchen: Zieh aus, nimm die finanzielle Unterstuetzung Deiner Eltern an, besucht Euch ab und an, aber such Dir auch einen Job. Es ist immer gut, um Arbeitserfahrung zu sammeln und Kontakte zu knuepfen. Auch als Signal an Deine Eltern waere das sicher gut, dass sie sehen, Du traegst auch dazu bei, finanziell unabhaengig zu werden. Dann erkundige Dich doch auch mal nach BAFOEG, Wohngeld etc. Vielleicht bekommst Du da auch noch etwas Hilfe. Ach, und Sport kann nie schaden... Musst ja nicht gleich Profisportler werden, aber einem Club beizutreten ist ebenfalls gut, um Kontakte zu knuepfen und Freunde zu finden. Gerade, wenn man neu in einer Stadt ist.

Ich hoffe, dass sich dann die Stimmung zwischen Deinen Eltern und Dir entspannt. Ich wuensche Dir alles Gute! Du packst das schon!

Viele Gruesse,
Judith