Problem von Alexa - 27 Jahre

Mein Leben gerät zusehends ausser Kontrolle

Liebes Kummerkastenteam,

ich wende mich an euch, weil ich hoffe, dass Ihr mir vielleicht helfen könnt.

Momentan bin ich richtig verzweifelt, weil ich das Gefühl habe, dass mein Leben vollkommen ausser Kontrolle geraten ist. Ich fühle mich verdammt einsam und kann mit niemandem reden. Deswegen habe ich lange hin und her überlegt was ich tun soll und dann hier im Internet nach Hilfe gesucht.

Eigentlich sollte ich rundum glücklich sein, da ich alles habe was man braucht. Ich habe eine Familie, die mich von Herzen liebt und bei allem unterstützt was ich mache. Einen Freund, der mich liebt und mir versucht zu helfen wo er kann. Und natürlich Freunde, die mir mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Allerdings kann ich mich seit einer gewissen Zeit (vielleicht ein halbes Jahr) nicht mehr richtig öffnen. Ich nehme alle in meinem Umfeld als Feinde wahr, die nur von mir verlangen, aber mir nichts geben. In ihrer Mitte fühle ich mich einsam und verlassen. Es mag jetzt klischeehaft wirken, aber es ist wirklich so, als würde ich in einem vollen Raum stehen und bitterlich schreien und weinen, aber niemanden interessierts auch nur ein bisschen.

Es geht mittlerweile schon soweit, dass ich mir wünsche, irgendwas würde mir zustossen und ich wäre endlich weg.

Ich weiss nicht mehr was ich machen soll. Ich bin so verzweifelt. Und ich habe Angst, dass ich mit meinem abweisenden Verhalten wirklich alle verliere.

Bitte helft mir, ich weiss nicht mehr weiter.

Alexa

Dana Anwort von Dana

Liebe Alexa!

Das, was du fühlst, aufzuschreiben, war eine sehr gute Sache. Es war der erste Schritt der Identifizierung mit dem Problem, der aktiven Benennung dessen, was dich stört, was dich hemmt und was dich stark belastet und dem Gang hin zu einer Lösung. Das hast du gut gemacht!

Der Titel, den du gewählt hast, beschreibt meines Erachtens nach nicht so ganz das, was dir widerfährt, denn Kontrolle im Leben ist eigentlich etwas, das nur bedingt gut ist. Es ist auch gut, mit unkontrollierbaren Dingen zu leben, sich diesen hinzugeben. Zu starke Kontrolle machen das Leben schwer und einem selbst schnell Angst, denn wenn man alles kontrolliert, ist die Chance viel größer, dass davon mal was "entschwindet".

Ich glaube, in deinem Problem geht es aber gar nicht wirklich um Kontrolle, daher werde ich den Titel einfach mal ausblenden aus meinem Kopf und nur das in mir behalten, das dann im Text steht. Für mich liest es sich so, als würdest du Gedanken und Gefühle haben, die niemand wirklich mit dir teilt. Aus der ein oder anderen Erfahrung (die verstehen mich nicht...!) lässt du anscheinend auch zu, dich innerlich zu verhärten und das Sich-anvertrauen auf ein Minimum zu beschränken. Das grenzt dich natürlich automatisch noch mehr aus und bildet eine Kette von Aktionen, die in einem großen Teufelskreis enden, wie du ja selbst beschreibst. Du hast den Eindruck, keiner hört dich mehr, keiner wendet sich dir zu. Also wirst du immer verschlossener, was zur Folge hat, dass wirklich irgendwann keiner mehr dir zuhört und sich dir zuwendet, weil du die Signale so setzt.

Du hast jetzt natürlich nur sehr wenig geschrieben, das Problem nur angerissen. Es kann viele Gründe geben, warum dein Leben und deine Art so geworden sind, wie sie es sind. Ich kann in meiner Antwort nicht allem nachgehen, das würde viel zu lange dauern, zumal wir da im Gespräch sein müssten. Ich kann dir nur anbieten: wenn du meinst, ich liege völligst falsch, dann schreibe gerne nochmals hierher, beschreibe dein Problem deutlicher und benenne mich im Titel, ich bekomme es dann schneller.

Da wir nicht im Gespräch sind, musst du das Gespräch mit dir selbst führen, bzw kannst sehr gerne deinen Freund dazu holen. Erzähle ihm genau von diesen Gefühlen, die du hast und dann versucht gemeinsam, die Ursache dafür zu finden, warum du angefangen hast, dich abzugrenzen und abgegrenzt zu fühlen. Woher kommt das? Was gibt es für Aktionen (von Mitmenschen), die dich das glauben lassen? Welche Gedanken hast du, die andere nicht auffangen können? Woran könnte es liegen? Sind sie zu schwer? Zu tiefgreifend? Welche Menschen wären am ehesten geeignet, um mit ihnen über deine Ideen und deine Träume zu sprechen? Wem könntest du am ehesten vertrauen (außer deinem Freund)?

Und neben diesem Arbeiten wäre auch sehr interessant zu sehen, was es denn für Dinge gibt, die dich eigentlich glücklich machen könnten. Was gibt es, das dich laut lachen lassen könnte? Worüber musst du grinsen? Was machst du gerne? Wen hast du gerne in deiner Nähe? Was kannst du gut? Wo liegen deine Stärken?

Und wenn du das heraus gefunden hast, dann weißt du, wer in deinem Umfeld dir noch gut tun könnte, was du eigentlich wirklich magst und wo du noch Vertrauen aufbauen kannst. Und dann, liebe Alexa, wäre es an der Zeit, den Berg zu besteigen. Fasse Mut und sprich mit deinen Mitmenschen, jedenfalls mit denen, denen du ein Gespräch dieser Richtung zutraust. Sprich auch ruhig über deine Angst, zu abweisend zu sein. Ich stelle immer wieder fest, dass Gespräche unglaublich gut tun. Oft kommen ganz andere Horizionte noch zum Tragen und man selbst denkt: "Och...das habe ich SO noch gar nicht gesehen!"

Solange du dich verschließt und alle Menschen über einen Kamm scherst, dich komplett alleine gelassen fühlst und diesen Kreislauf nicht aufbrichst, wirst du sicher weiter traurig sein.

Der neue Weg bedeutet nicht, plötzlich deinen Charakter zu verleugnen und zu allen Menschen wieder Kontakt zu knüpfen. Beginne mit EINEM Menschen. Deinem Freund. Und danach nimmst du NOCH einen Menschen. Jemand, dem du vertrauen kannst. Rede über das, was dich bewegt, sprich es aus. Ich merke zB, wenn ich Gefühle in mir drin lasse, dann nagt das SO sehr an mir, dass irgendwann gar nichts mehr geht. Letztens war ich unglaublich sauer über etwas, das mir passiert war. Ich war einen halben Tag total geknickt und hatte dauernd Tränen in den Augen. Und dann ging ich zu meinem Freund und sagte: Du, ich bin SO sauer!!!!...und dann habe ich ihm das mal erzählt und auch mal die Faust geballt und gefaucht. Ich konnte spüren, wie die Last abfällt. Und das tut sie im Gespräch meist.

Es kann nämlich auch gut sein, dass deine Mitmenschen, die dir viel bedeutet haben und von denen du sagst, dass du mit ihnen nicht reden kannst, einfach nur nicht wissen, was mit dir los ist oder dich missverstehen, weil deine Signale anders gesendet werden als das, was du eigentlich fühlst. Nur...solange du das in dir behältst, wird sich auf keinen Fall etwas ändern. Der Berg wird nur immer höher und irgendwann unbezwingbar.

Ich möchte dich daher herzlich bitten, diesen Kreis aufzubrechen und dich zuerst mit deinem Freund zusammen zu setzen. Wenn er über alles von dir Bescheid weiß, dann nimm dir jemanden vor, der dir auch nahe steht. Rede über deine Wut, deine Traurigkeit, überlegt IMMER GEMEINSAM, was geändert werden kann. Du wirst merken, dass du plötzlich nicht mehr alleine bist. Denn im Grunde isolierst du dich selbst.

Sei dir selbst wichtig genug, das anzugehen. Wenn du merkst, dass du es alleine mit deinem Freund nicht schaffst, kannst du auch gerne mal einen Therapeuten hinzu ziehen, der noch mehr TIpps parat hat als ich. Allerdings glaube ich fest, dass du das auch so schaffst. Wenn du nur willst.

Am meisten würde ich mich freuen, von dir in einer Weile zu hören, dass du das geschafft hast. Was glaubst du, wie stolz dann alle auf dich sein werden...deine Mitmenschen, du...und ich natürlich auch. =)

Ich wünsche dir ganz viel Erfolg, Mut und das wirkliche Wollen, da rauszukommen.
Alles, alles Gute für dich, Alexa.

Dana