Problem von Anonym - 15 Jahre

Schwerste entscheidung

Hallo

meine Eltern sind getrennt seit ich 9 bin, damals musste ich mich entscheiden bei welchem Elternteil ich bleiben wollte. Für mich gab es jedoch keine frage : ich wollte zu meiner Mutter. Ich sehe meinen Vater regelmäßig an den Wochenenden und wir wohnen auch in der selben Stadt, jedoch ist das Verhältnis zu meiner Mutter besser. Meine Mutter hat schnell einen neuen Freund gefunden und der hat nun eine neue Arbeit in einer Stadt weit weg von unserem jetztigem Wohnort. Für meine Mutter steht fest dass sie zu ihm ziehen will aber ich kann mich nicht entscheiden ob ich hier bleiben oder mitzeihen will.
Zu erst war ich sozusagen gezwungen mit zu gehen da ich mir auf keinen Fall vorstellen konnte bei meinem Vater zu wohnen aber um so näher der Zeitpunkt des Umzugs rückt desto weniger will ich umziehen. Mitlerweile habe ich mich mit den gedanken befasst zu meinem Vater zu ziehen. Wir haben darüber geredet und er ist auch bereit einige Kompromisse einzugehen z.B. eine größere Wohnung.
Mein problem ist nur dass ich überhaupt nicht weiss wie ich mich entscheiden soll, ich möchte auf jeden fall in meiner gewohnten Umgebungen, bei meinen Freunden und auf meiner alten Schule bleiben aber ich habe angst dass ich meine Mutter vermisse.
Ich bin auf einem Gymnasium und werde in ca 3 jahren mein Abitur machen. Dann will ich Studieren also werde ich dann eh von zu Hause wegziehen. Also ist die Zeit für die ich mich entscheiden muss nur begrenzt, aber 3 Jahre können bei der falschen Entscheidung eine Ewigkeit sein.
Meine Mutter sagt dass ich mir egal wofür ich mich entscheide Vorwürfe machen werde das Falsche gemacht zu haben.

Wenn ich wenigsten wüsste ob ich in dem Alter von ca 16 bis 18 noch viel mit meinen Eltern zu tun haben werde oder ob ich mich in der Zeit eh selbstständiger mache und ich meine Mutter nicht vermissen werde.

Ich freue mich auf eine hilfreiche Antwort oder Erfahrungen von ähnlichen Situationen. Ich zerbreche mir jeden Tag den kopf darüber und weiss nicht wie ich mich entscheiden soll... ich habe Angst die falsche Entscheidung zu treffen.

Johannes Anwort von Johannes

Liebe Ratsuchende,

ich habe mir dein Problem bewusst herausgesucht, da ich in der gleichen Situation war wie du und hoffe, dir die Entscheidung ein wenig leichter machen zu können.

Ich empfehle dir in erster Linie mal nur auf die Vorteile zu schauen. Fertige dir eine Liste an und schreibe nur die Vorteile auf, die du siehst, wenn du zu deinem Vater ziehst und notiere dir natürlich auch die Vorteile, die du siehst, wenn du mit deiner Mutter wegziehst.
Es ist wichtig, dass du dich nicht anhand von Meinungen anderer Leute beeinflussen lässt.

Lass mich einige Punkte ansprechen, die du in deiner Liste einbringen könntest:
- bei dieser Person (Mama oder Papa) möchte ich lieber wohnen
- in dieser Gegend möchte ich lieber wohnen
- sich zu Hause fühlen
- Freunde
- Bekannte
- Schule
- neue Menschen kennen lernen ...
und was dir sonst noch alles so einfällt.
Wenn du diese Liste fertig gestellt hast, wirst du schon eine erste Feststellung machen können.

Aus deiner Mail kann ich folgende Punkte herausfiltern, die für eine Entscheidung wichtig sein können:
- "Umso näher der Zeitpunkt des Umzugs rückt, desto weniger will ich umziehen."
- "Mittlerweile habe ich mich mit den gedanken befasst zu meinem Vater zu ziehen. Wir haben darüber geredet und er ist auch bereit einige Kompromisse einzugehen z.B. eine größere Wohnung."
- "Ich möchte auf jeden fall in meiner gewohnten Umgebungen, bei meinen Freunden und auf meiner alten Schule bleiben."
- "Jedoch ist das Verhältnis zu meiner Mutter besser."
- "Ich habe Angst, dass ich meine Mutter vermisse."
Wie du siehst, habe ich drei Argumente gegen den Umzug gefunden und zwei dafür.
Es wird dir ganz sicher helfen, wenn du dir noch weitere Argumente überlegst. Und wenn du dann fertig bist, hast du auch ein klares Ergebnis vor Augen.

Tut mir leid, wenn ich dir das jetzt so deutlich schreibe, aber die Aussage deiner Mutter, dass du dir hinterher sowieso Vorwürfe machst, die falsche Entscheidung getroffen zu haben, finde ich Schwachsinn! Meiner Erfahrung nach gibt es in einer solchen Situation gar kein richtig oder falsch.

Du schreibst, dass du in drei Jahren dein Abitur machen wirst. Leider kann ich den genauen Zeitpunkt des Umzugs nicht aus deiner Mail entnehmen. Wenn deine Mutter geplant hat, vor deinem Abitur zu ihrem Freund zu ziehen und du mitziehst, würde das für dich vor dem Abitur ein Schulwechsel bedeuten. Das kann man sicherlich machen, aber ich weiß nicht, ob es zu diesem Zeitpunkt so sinnvoll ist. Du bist sicherlich seit nicht zu kurzer Zeit in deiner Klasse und müsstest dich dann an neue Lehrer und neue Mitschüler gewöhnen.

Verstehe mich jetzt bitte nicht falsch: Ich möchte dich zu keiner Entscheidung drängen. Ich versuche lediglich, dass du alle Punkte in deine Entscheidung mit einbeziehst.

Außerdem hast du um Erfahrungen von ähnlichen Situationen gebeten. Da ich letzten Sommer auch weit weg von zu Hause gezogen bin, weil der Mann meiner Mutter auch einen neuen Job gefunden hat, erzähle ich dir gerne ein bisschen von meiner Erfahrung: Am Anfang habe ich mich mit Händen und Füßen gegen den Umzug gewehrt. Ich konnte und wollte mich nicht auf den Gedanken einlassen, so weit wegzuziehen. Irgendwann habe ich dann die Entscheidung getroffen, mitzuziehen, da ich im neuen Wohnort bessere berufliche Möglichkeiten gehabt habe. Je länger ich mich auf das Neue eingelassen habe, desto besser konnte ich mich auch daran gewöhnen. Ich habe schnell neue Freunde, neue Bekannte und sehr nette Arbeitskollegen gefunden, die mir jetzt 100%ig fehlen würden, wenn ich nicht mitgezogen wäre. Den Kontakt zu meinen "alten" Freunden und Bekannten und vor allem den Kontakt zu meinem Vater ist mir immer sehr wichtig gewesen und wird es auch immer bleiben. Seitdem ich Auto fahren darf, fahre ich durchschnittlich zwei Wochenenden im Monat in die alte Heimat und wenn ich Urlaub habe, natürlich auch über einen längeren Zeitraum. Diese Zeit genieße ich immer wieder und würde sie mir auch nicht nehmen lassen.

Und genau das empfehle ich dir auch, liebe Ratsuchende, egal, wie du dich entscheidest. Lass es nicht zu, dass die Entscheidung unter dem Verhältnis deiner Eltern leidet. Du bist 15 Jahre alt und du hast das Recht, den anderen Elternteil (bei dem du nicht wohnen wirst) so häufig zu sehen, wie du möchtest. Nutze diese Gelegenheiten!

Wenn du möchtest, kannst du dich sehr gerne wieder bei mir melden, wenn du dir einige Punkte überlegt hast, die für das Mitziehen und für das Hierbleiben sprechen. Gib dann oben, wo "Titel/Überschrift deines Problems" steht meinen Namen ein und dann wird mir das Problem zugeteilt. Dann werde ich dir gerne meine Meinung zu deiner Liste mitteilen und schauen, was mir die einzelnen Punkte sagen. Die Entscheidung kann ich dir allerdings nicht abnehmen, die liegt wirklich ganz bei dir.

Egal, wie du dich entscheidest: Jede Entscheidung wird einen Preis haben.

In diesem Sinne wünsche ich dir dabei ganz viel Erfolg und hoffe, dass du bald zu einer Entscheidung kommst, mit der du glaubst, am glücklichsten leben zu können.


Alles Liebe

Johannes