Problem von Anja - 31 Jahre

Sexualangst?

Hallo,
Es ist das erste Mal dass ich wegen diesem Problem um Hilfe bitte aber es belastet mich immer mehr.

Mein Problem ist dass ich beim Sex absolut nichts spüre, auf ihn gerne verzichten kann. Ich habe seit einem Monat eine Beziehung und mein Partner will natürlich auch Sex haben aber bis jetzt habe ich immer Ausreden gefunden. allerdings fällt mir nu nicht mehr viel ein.
Ich hab eigentlich sehr wenig Erfahrung, ich wollte Sex noch nie wirklich. Klar habe ich schon einige Male mit jemanden geschlafen aber das waren bis jetzt immer nur One Night Stands (Beziehungen hatte ich eigentlich nie richtige) und meistens war ich sehr betrunken dabei um es auszuhalten und mich nicht zu schämen.
Aber so will ich ja auch nicht weitermachen.
Ich schäme mich schon seit ic ca. 11 bin sehr für meinen Körper und mich jemandem nackt zu zeigen ist für mich eine Herusforderung.
Seit ih eine Essstörung habe ist es noch schlimmer geworden. Nach langen Jahren der Magersucht habe ich nun Bulimie und auch zugenommen. seither fühle ich mich noch schlechter.
Wenn mein Freund mich berührt spüre ich nichts, gar nichts. Wie wenn mein Körper nicht da ist. Ich spiele ihm dann etwas vor und hoffe nur er merkt nicht dass da ein Eiszapfen liegt.
Ich kann absolut nicht abschalten, denke immer zu nach ob alls passt ob er mich nicht zu dick findet. Ich spüre auch nichts wenn ich mich selbst berühre. Ist dass weil ich so im Kopf eingesperrt bin und meinen Körper nicht mag oder ist das organisch dass ich nichts spüre? Ich würde es aber sehr gerne ändern weil ich so auf die Dauer wohl keine Beziehung halten kann.
Ich hab mal im Internet gesucht und bin auf Sexualangst gestoßen, das beschrieb eigentlich zu 99% wie es mir geht.
Manchmal denke ich ich bräuchte dazu einen Therapeuten aber ich hab angst mi jemanden zu reden

Dana Anwort von Dana

Liebe Anja!

Wenn man im Internet nach Krankheiten sucht, wird man immer Krankheiten finden, die fast genau auf einen passen - ohne dass man sie wirklich hat. Eine Diagnose ist etwas, das nur ein Facharzt stellen sollte, niemals ein Laie. Auch ich werde dir keine Diagnose stellen, möchte dich aber in gewissen Dingen bestärken.

Wenn man deinen Brief liest, stellt man schnell fest, dass du mit deinem Körper komplett uneins bist. Du schämst dich für ihn, du hast quasi selbst Abstand zu ihm und du fühlst deshalb rein gar nichts. Du willst nicht, dass jemand zärtlich zu ihm ist (er ist ja nicht so, wie du ihn willst und der Andere wird ihn sicher auch nicht mögen) und du möchtest am liebsten alles, was irgendwie körperlich ist, abschalten.

Das alles ist in dir drin, seit du 11 bist, also kann es schon seit 20 Jahren "munter" wachsen und gedeien. Ich glaube also nicht, dass du Sexualangst hast. Ich glaube, dass du einfach nichts dergleichen zulassen kannst, weil dein Verhältnis zu deinem Körper so immens gestört ist. Es ist daher eine Blockade in deinem Kopf, die dich auch körperlich hemmt, bis hin zur kompletten Gefühllosigkeit.

Und ja, daran solltest du mit einem Therapeuten/einer Therapeutin arbeiten. Vielleicht ist in deinem Fall eine Frau besser, da es um deine Körperlichkeit geht. Meist kann man dann zu einer Frau besser Vertrauen fassen. Angst haben, mit ihr darüber zu reden, ist eine normale Gefühlslage, aber wenn du den Mut aufbringen könntest, mal zu einer Erstbesprechung zu gehen, würdest du merken, dass gute und geschulte Psychotherapeuten es wirklich schnell schaffen, dich zu entspannen.

In so einer Therapie wird es vor allem darum gehen, dir wieder ein gutes Gefühl zu deinem Körper zu verschaffen, die Essstörung zu behandeln und mal sanft nach den Ursachen zu schauen. Denn Ursachenbekämpfung ist in deinem Fall sehr wichtig. Ich kann es dir nur dringend empfehlen, alleine sind solche Wege kaum zu meistern. Das mag jetzt schlimm klingen, aber du würdest ja auch niemals selbst ein gebrochenes Bein heilen wollen. Da ist es völlig klar, dass man zu einem Chirurgen geht, der das kann. Bei der Seele ist das nicht anders. Man braucht fachmännische Hilfe, damit das wieder gerichtet wird, denn dein "Selbsthass" und die Essstörung haben einen Ursprung, eine Ursache. Daran wird dann gearbeitet und du wirst so aufgebaut, dass du dich selbst wieder akzeptieren und lieben lernst. Und das ist immens wichtig.

Einfach im Telefonbuch oder bei Google mal nach Psychotherapeuten in deiner Stadt suchen. Gerne auch die Nachbarstadt, wenn deine Stadt zu klein sein sollte.

Zusätzlich dazu wäre es, so finde ich, immens wichtig, dass du es deinem Partner erklärst. Du sendest sowieso ablehnende Signale aus, die er auffängt und die ihn verunsichern werden. Schenke ihm reinen Wein ein, sag ihm, wie es dir geht. Er ist dein Freund. Vielleicht seid ihr noch nicht so weit, dass er dich über alle Maßen und wider allen Problemen liebt, aber so kannst du schon mal schauen, ob er versteht, was in dir vorgeht und ob du ihm so wichtig bist, dass er dir da gerne hilft. Es bringt nichts, ihm etwas vorzuspielen, ihn anzulügen, falsche Tatsachen vorzugaukeln, nur um das Unvermeidbare länger aufzuschieben. Das ist ihm gegenüber nicht fair und bringt mit Sicherheit keine Hilfe. Du hast in deiner Seele einige Wunden...und an die Heilung dieser Wunden muss drangegangen werden. Das geht nur mit Ehrlichkeit. Zu deinem Partner, zu einer Therapeutin...und vor allem zu dir selbst.

Ich danke dir, dass du uns geschrieben hast und mir die Möglichkeit gabst, dir meine ehrlichen Gedanken zu schreiben. Was du mit deinem Leben machst, ist natürlich deine Sache...aber ich WEISS, dass du, wenn du die Angst überwinden kannst, dich mal bei einer Therapeutin anzumelden, du viel Hilfe und Erleichterung erhalten wirst. Such mehrere Adressen raus, teste mehrere aus...das ist dein gutes Recht. Lass dir von Hausarzt mal fünf Stunden Therapie aufschreiben und nutze sie, um verschiedene Therapeuten auszuprobieren oder geh einfach hin, die rechnen das dann mit der Kasse ab. Du musst nur aufpassen, dass es wirklich ein Psychotherapeut und kein Psychologe ist, denn nur die Therapeuten haben eine Kassenzulassung.

Ich wünsche dir viel Erfolg, den Mut, den richtigen Weg einzuschlagen und grüße dich herzlich,

Dana