Problem von Anonym - 12 Jahre

bin ich schwul

liebes kummerkasten team
ich weiss diese frage wurde euch hier schon oft gestellt aber die hatten meistens schon irgendwie erfahrung ich habe was das qngeht mit 12 (fast 13) noch keine gemacht aber ich finde es relativ merkwuereig das ich in meiner schule viele jungs 'nett' finde und schon oft phantasien mit so etwas hatte aber bis so etwas zum ersten mal passierte war ich mit ein paar aussnahmen (mit maedchrn berstandt ich much besser als jungs)relativ normal war auch schon 1-2 mal in ein maedchen verknallt. .. .. . ..
das were echt das totale disaster wenn ich wirklich gay wehre denn ich habe eh schon so gut wie kein selbstvertrauen da ich schon in der grundschule und auch heute gemobbt werde ausserdem ist meine familie ausser meine mutter nicht gerade tollerant ganz in gegenteil und ich wollte schon von klein an eine familie mit trau 2 kindern einer guten arbeit und ein haue
ich freue mich auf eure ratschlaege

Florian Anwort von Florian

Hallo Ratsuchender


Deine Unsicherheit im Bezug auf Deine Sexualität ist wahrscheinlich Deinem geringen Selbstvertrauen geschuldet. Durch das Mobbing in der Schule und durch die Intoleranz einem Großteil Deiner Familie wurde Dein Selbstvertrauen und Dein Selbstbewusstsein angeschlagen. Dadurch hast Du wahrscheinlich auch dann die Sicherheit verloren über welche Sexualität Du verfügst.
Das bedeutet: Wird das Selbstvertrauen wieder gestärkt und vor Angriffen geschützt, erhälst Du wieder Klarheit über Deine Sexualität.

Daher sollten wir, mit Deinem Einverständnis, damit anfangen zunächst einmal Dein Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen wieder auf die Beine zu stellen. Damit dies funktioniert möchte ich Dich bitten die nachfolgenden Methoden in Ruhe durchzulesen und dann nach und nach zu verwenden. Keine davon ist ein sofortiger Heilsbringer und sie werden wahrscheinlich zunächst etwas schwierig sein, aber bei regelmäßiger Anwendung wird es immer leichter und die Wirkung wird immer stärker.

Als erste Methode möchte ich Dir ein Achtsamkeitstraining vorstellen. Darin geht es sich seinem Handeln sowie seine Gedanken und Gefühlen bewusster zu werden. Dies hilft dabei sich selbst, sein eigenes Verhalten und seine Gefühle besser zu verstehen und damit auch eine gewisse Akzeptanz gegenüber sich selbst zu etablieren, was wiederum die Selbstsicherheit steigert.

Für diese Methode setzt Du Dich am besten locker und trotzdem aufrecht hin. Die Füße berühren den Boden und die Hände legst Du entweder, falls vorhanden, auf eine Armlehne oder lässt sie auf Deinen Oberschenkeln locker liegen. Atme ein paar mal tief ein und wieder aus. Versuche dabei Deinem Atem zu folgen, wie er durch Mund oder Nase einfließt, in die Lunge gelangt und dann wieder austritt. Schließe dabei ruhig die Augen, wenn Du Dich dann besser konzentrieren kannst. Mache nichts weiter als Deine Atmung zu beobachten. Wie sie ruhig und tief abläuft. Du selbst wirst dabei immer ruhiger und entspannter. Gedanken, Geräuche und andere Ablenkungen hören auf zu existieren. Es gibt nur Dich und Deinen Atem.
Sobald Du glaubst ausreichend entspannt zu sein beende die Übung. Du solltest Du nun entspannt und zufrieden fühlen. Dies ist eine Form des Achtsamkeitstrainings und eine Entspannungsübung für eine bevorstehende schwierige Situation. Sie hilft den Kopf klar zu halten und nervige Gedanken auszuschalten. Damit wird Stress vermindert und bei täglicher Anwendung sogar noch eine längerfristige Stressresistenz aufgebaut. Zudem dient es als Hilfe sich besser konzentrieren zu können, was für die nächste Übung sehr hilfreich ist.

In der nächsten Übung, die zum Achtsamkeitstraining gehört, geht es darum seine Gedanken und Gefühle bewusster zu beobachten. Wie die Aufmerksamkeit auf den Atem gesteuert werden kann, kann sie auch auf die Gedanken geleitet werden.
Um diese Übung zu beginnen solltest Du Dich, mit der ersten Übung, in einen entspannteren Zustand bringen. Wenn Du dann ruhig und gelassen bist, kannst Du anfangen Deine Gedanken kommen und wieder gehen zu lassen. Beim Einatmen lässt Du die Gedanken kommen und beim Ausatmen lässt Du sie wieder gehen. Bleib dabei ganz in Deinem ruhigen Atemzyklus. Einatmen - Die Gedanken füllen Deinen Kopf. Ausatmen - Dein Kopf ist wieder vollkommen frei.
Wenn Du die Gedanken komme lässt, versuche diese aus der Sicht mehrerer Beobachter zu erfassen und sie von allen erdenklichen Seiten zu erfassen. Bewerte sie dabei nicht als gut oder schlecht. Die Gedanken sind weder gut noch schlecht. Sie sind einfach nur existent.
Dann lässt Du den Gedanken wieder, durch das Ausatmen, gehen. So ist jeder Gedanke zeitlich begrenzt und nicht ewig. Die Gedanken erhalten zwar dann Zeit ihre Aufgabe zu erfüllen, z.B. auf etwas hinzuweisen oder eine neue Idee zu präsentieren, sie bleiben jedoch nicht länger als notwendig. So ist auch die Gefahr geband ins Grübeln zu kommen.


Neben den Gedanken ist es auch wichtig seinen Gefühlen Freiräume zu schaffen und so vielleicht auch besser zu verstehen. Dazu hilft ein Akzeptanztraining. Denn unsere Gefühle werden, insbesondere durch gesellschaftliche Vorschriften, gerne außen vor gelassen. Man soll stehts glücklich und zufrieden sein. Unzufriedenheit, Trauer und Ärger werden als nichtgesellschaftsfähig abgestempelt. Sie werden sogar als "schlechte" Gefühle abgestraft.
Dabei übt jede Emotion und jedes Gefühl, sei sie auch noch so "schlecht", einen Zweck aus: Angst soll uns vor schlechten Entscheidungen beschützen, Trauer soll auf Verluste hinweisen und Wut unseren Ärger ausdrücken. Wenn diese Gefühle ihre Arbeit nicht erledigen dürfen, weil sie z.B. ignoriert oder verdrängt werden, kommt es zu einem Gefühlsstau. Beim kleinsten Stressmoment kann es dann dazu kommen, dass der Damm bricht: Aus Wut wird ein Wutanfall, aus Angst werden Selbstzweifel und aus Trauer wird Depression. Einfach ausgedrückt: Wenn wir unsere Gefühle versuchen zu kontrollieren, brechen sie irgendwann mit stärkerer Wucht wieder hervor.

Um dies zu verhindern und damit den Gefühlen den Freiraum zu schaffen den sie brauchen, gibt es das Akzeptanztraining. Es geht darum seine Gefühle, welcher Art sie auch sein mögen, zu akzeptieren, als etwas sinnvolles zu betrachten und sich dabei trotzdem nicht darin zu verlieren. Dabei musst Du, Achtsamkeitstraining lässt grüßen, Dir Deinen Gefühlen zunächst einmal bewusst werden. Was fühlst Du z.B. in diesem Moment? Und warum? Vielleicht fühlst Du Dich genervt davon, dass ich hier eine ellenlange Mail schreibe. Vielleicht fühlst Du Dich auch gerade erschöpft weil Du einen harten Tag in der Schule hattest.
Wie bereits bei der Übung mit den Gedanken gilt es hier zu beachten: Beobachte Deine Gefühle nur. Bewerte sie nicht als gut oder schlecht. Mache Dir immer wieder bewusst was Deine Gefühle Dir eigentlich mitteilen wollen und das sie daher einen Sinn besitzen und nicht verdrängt oder verscheucht werden müssen. Sobald ein Gefühl seine Aufgabe erfüllt hat, kann sie gehen. Geht sie nicht, ist seine Aufgabe noch nicht erfüllt.
Beachtest Du dies kannst Du Deine Gefühle nicht nur besser verstehen. Du kannst auch den Grad ihrer Stärke besser einschätzen und auf diese angemessener reagieren. Dadurch wirst Du Dir selbst auch besser bewusst und kannst so auch mehr Selbstvertrauen erhalten.


Nachdem nun die Gedanken und Gefühle geklärt sind, kannst Du auf Basis dieser Erkenntnisse Dich selbst nochmal ausführlich fragen: "Was erwarte ich vom Leben?", "Welche Ziele habe ich für mein Leben?" und "Was tut mir am besten?"
Die Fragen kannst Du Dir für alle Lebensbereiche einmal vornehmen, so auch für Deine Sexualität. Du kannst Dich, ganz unabhängig von der Meinung anderen, fragen ob Du selbst das Gefühl hast eher heterosexuell oder mehr homosexuell zu sein. Wenn Du nach wie vor gerne später einmal eine Familie mit zwei Kindern haben willst, kannst Du Dich auch ruhig fragen: "Lieber eine Familie mit einem Ehemann oder mit einer Ehefrau?". Bei welcher Vorstellung fühlst Du Dich wohler? Wo wärst Du glücklicher? Schreib Dir ruhig alle Gedanken dazu einmal auf und wäge in Ruhe ab. Niemand kann Dich hier zu einer absoluten Antwort drängen. Und Du musst eine solche Antwort nicht einmal sofort treffen. Vielleicht findest Du in zwei Monaten eine Antwort. Vielleicht auch erst in einem Jahr oder schon direkt nachdem Du Dir einmal nähere Gedanken gemacht hast.


Nimm Dir diese Methoden einmal vor und führe sie einige Wochen durch. Das hilft Dir nicht nur mehr Selbstbewusstsein zu erhalten, Deine Gefühle und Deine Gedanken besser kennenzulernen und so auch auf eine Antwort zu gelangen. Vielleicht findest Du eine ganz andere Antwort als Du Dir vorstelltst.

Ich wünsche Dir viel Spaß dabei.

Alles Gute

Florian