Problem von Anonym - 21 Jahre

Viel zu viele Gedanken im Kopf!

Hallo,

Also wie soll ich anfangen und wo...
Also zuerst zu meiner person.
ich bin 21 jahre, habe eine freundin und eine feste arbeitsstelle.
Mein problem ist, dass ich egal in welcher hinsicht mir viel zu viele gedanken und druck mache.
Im job probier ich immer alles perfekt zu machen und so, aber ich arbeite dann einfach am limit. Ich geh morgens auf dir arbeit und abends wieder mit kopfschmerzen raus. Ich arbeite schicht und das auch am wochenende.
Ich schlafe sehr schlecht und wenig, manchmal nur 3-4 stunden wenn ueberhaupt.
Und wenn ich mal schlafen traeume ich den groeßten dreck von der arbeit oder auch private dinge... Ich hab schon echt vieles probiert und mich eigt auch dran gewoehnt, aber das mit wochenende arbeiten, feiertage oder sonst was nervt mich echt sehr. Ich will auch eine weiterbildung machen und habe einfach angst, dass ich das nicht schaffe und glaube das ich mich ueberschaetze....
Ein anderes problem ist, dass wenn meine freundin mal nicht so gut gelaunt ist oder sich anders verhaelt dann denke ich immer den groeßten muell...
Zb das sie keine lust mehr auf mich hat, ich sie nerve und und und..( sind noch nich all zu lange zusammen)
Habe mit ihr auch schon drueber geredet, sie sagt dass ich spinne und alles viel zu persoenlich nehme und sie eigt nicht so kompliziert denkt.
Sie hat mir vergewissert, dass sie nur mich will und ich der einzige bin... Eigt glaube ich es ihr auch, aber dann kommen wieder die gedanken.
Sie ist ein huebsches maedchen und wird von viele jungs abgebaggert. Sie erzaehlt mir eigt ( hoffe ich) immer alles, obwohl ich nicht frage und das finde ich auch echt gut, aber dann denk ich mir als... Sie koennt doch viel huebschere wie mich bekommen und bessere.. Denke dann immer alles moegliche und das habe ich ihr auch gesagt. Sie sagt dass ich spinne und das ein riesen quatsch ist, weil es nur mich in ihrem leben gibt und wenn das nicht so waere haette sie sich nicht auf mich eingelassen, weil sie ja denken wuerde sie verpasst was. Sie meinte auch wenn sir einen freund hat, dann ist das auch echt ueberlegt und nicht ueberstuerzt.
Ihr schreiben einfach immer so viele kerle und dann so genannte gute freunde verlieben sich in sie wo ich vorher zu ihr schon gesagt habe, dass da was net stimmt.
Das wird aber nicht geglaubt und ich uebertreibe.
Das nervt irgendwoe schon obwohl sie eigt nichts dazu wirklich kann, versteht ihr mich? Ich will sie auch nicht immer damit volljammern, weil sie mir auch echt immer alles probiert zu erklaeren und mir es probiert in de kopf zu trichtern.
Ich bin glaub ich einfach schwer von begriff.
Ich will mir einfach nicht immer so viele gedanken machen und sonst was ausmalen.
Ich will drueber lachen koennen und mir denken koennen, wenn jungs meine freundin anbaggern, dass ich sie habe und ihr sie nicht bekommt.
Ich bin eigt nicht so der eifersuechtige typ, aber irgendwie leide ich, glaub ich unter verlust aengste oder wie auch immer man das nennen soll.
Einfach keine angst haben, dass meine freundin mich verlaesst oder so.
Ich will mit ihr gluecklich sein und auch nicht alles so persoenlich nehmen wenn sie mal was hat. Einfach drueber hinweg sehen und mir nix dabei denken...
Ich finde keine loesung, was soll ich machen?
Bin ich ein pessimist?

Ich hoffe ihr versteht mich, was ich meine...
Danke und liebe grüße!

Florian Anwort von Florian

Hallo Ratsuchender


Du schreibst schon selbst, dass Du Dir zu viele Gedanken und zu viel Druck machst und möglichst alles perfekt zu machen. Was Du dabei vielleicht noch nicht in Betracht gezogen hast (oder vielleicht auch doch) ist, dass mit diesem Perfektionismus auch ein gewisser Kontrollzwang einhergeht, damit die Vorstellung von Deinem perfekten Leben, Deiner perfekten Arbeit und Deiner perfekten Beziehung sich auch wirklich erfüllen. Da die eigene Entwicklung, die eigene Vorstellung und die eigene Persönlich im ständigen Wandel sind und auch unsere Umwelt sich permanent wandelt, ist das Erreichen eines perfekten Lebens faktisch nicht realisierbar.
Dieser Umstand sorgt jedoch, sollte der Perfektionismus nicht abgelegt werden, dafür trotzdem nach Wegen zu suchen dieses perfekte Ziel zu erreichen. Es entsteht dadurch ein Konflikt mit sich selbst und schließlich zu bestimmten Abwehrmechanismen. Das bedeutet sich permanent Gedanken darüber zu machen. Das bedeutet auch sich selbst unter Druck zu setzen. Und es bedeutet letztlich auch zu versuchen alles kontrollieren zu wollen.
Somit ist es letztlich die unerreichbare Perfektion und damit zusammenhängende Vorstellung vom Leben die zu den Abwehrmechanismen führt und damit Deine Probleme ausgelöst haben. Entsprechend sollten wir bei der Problemlösung dort ansetzen.


In diesem Zusammenhang sind die Erkenntnisse und Therapieansätze des Psychologen Carl Rogers sehr interessant. Dieser hatte als Lösungskonzept, wenn man sein Leben selbst unter konstanten Voraussetzungen (wie beim Perfektionismus) sieht, folgende fünf miteinander verknüpfte Ansätze entdeckt.

Da wäre zunächst die Offenheit für neue Erfahrungen. Das bedeutet nicht gleich bei jeder erdenklichen Möglichkeit sein Leben verändern zu wollen und nurnoch kurzfristig zu denken. Es bedeutet die Möglichkeit etwas Neues und bislang Unbekanntes zu allererst zu erkennen und dem nicht von Grund auf verschlossen zu sein und dann zu sagen: "Das passt nicht in meine Vorstellung.".
Eine vernünftige Offenheit gegenüber neuen Erfahrungen sorgt dafür sein Leben nicht als etwas starres zu sehen, sondern als Prozess der sich bis zum Lebensende durchzieht und durchaus auch abhängig ist von diesen neuen Erfahrungen. Entsprechend sollen, können und werden sich auch die Ziele nach und nach verändern.

Ein weiterer Ansatz ist zu versuchen im gegenwärtigen Moment zu leben, sich also nicht von Fehlern der Vergangenheit oder den Sorgen über die Zukunft beeinflussen zu lassen. Die Vergangenheit ist bereits vergangen, kann also nicht wiederholt werden. Und die Zukunft kann nicht vorausgesagt werden, ist also so oder so unsicher. Das bedeutet das Sorgen um die Zukunft und das Nachtrauern um vergangene Chancen oder Fehlern sind Ressourcen, wie Gedanken, Zeit und Energie, die man nützlicher in das gegenwärtige Leben einsetzen kann und dadurch mehr aus dem Aktuellen herausbekommt.
Das Leben im Gegenwärtigen, ein Prinzip das die Buddhisten schon seit mehr als 2000 Jahren predigen, sorgt also dafür weniger wertvolle Rexxourcen zu verschwenden und diese passender in der Zeit einzusetzen, wenn man sie gebrauchen kann. Also im Hier und Jetzt. Das sorgt dafür, dass man in der Gegenwart das beste aus sich rausholen kann, wenn man das gegenwärtige Handeln im Sinne der Gegenwart und nicht der fernen Zukunft oder längst vorrübergegangenen Vergangenheit steuert. Desweiteren können so weitere Möglichkeiten, wie im ersten Ansatz gezeigt, besser erkannt werden und somit noch besser genutzt werden.

Ein ganz entscheidender Punkt ist auch das Vertrauen auf sich selbst. Dabei geht es insbesondere seinen Gefühlen zu vertrauen, egal wie negativ oder positiv diese gewertet werden. Diese Gefühle müssen angenommen werden und dürfen nicht verdrängt oder ignoriert werden. Ignorierte Gefühle gehen nämlich erst weg, wenn diese zugelassen wurden. Dabei steigt jedoch ihre Intensität bis sie letztlich in einem Ausbruch herauskommen. Man kann das z.B. bei Freude durch einen Lachanfall oder bei Trauer durch Depressionen erkennen. Die Ignorierung stellt jedoch eines der oben genannten Abwehrverhalten dar, nämlich dem Kontrollieren der eigenen Gefühlsregungen. Das signalsiert jedoch kein Selbstvertrauen, sondern im Gegenteil eine große Unsicherheit. Man glaubt seinen Gefühlen nicht vertrauen zu dürfen und daher diese auch nicht annehmen zu dürfen.
Wer sich selbst, mit all seinen Gefühlen und auch Stärken und Macken annimmt, der lebt zum einen mit deutlich weniger Stress sich vor der Öffentlichkeit verstellen zu wollen oder auch Ängste durchleben zu müssen, wie z.B. auch Verlust- oder Versagensängste. Selbstvertrauen stärkt das persönliche Befinden und das eigene Handeln.

Dies führt zum nächsten Ansatz: Der Übernahme von Verantwortung. Und zwar von jeder Entscheidung die wir treffen. Dabei ist nicht nur die Verantwortung für schlechte oder moralisch bedenkliche Handlungen gemeint. Es geht vielmehr um das Bewusstwerden von Entscheidungen und das Anerkennen all ihrer Folgen. Wer sich z.B. entscheidet eine Fortbildung zu durchlaufen, sollte auch anerkennen das dies Zeitstress bedeutet. Oder wenn z.B. der Freundin gegenüber kein Vertrauen gezeigt wird, sollte man anerkennen das diese dafür vielleicht kein Verständnis hat. Das eigene Handeln und die Konsequenzen die daraus entstehen gehen miteinander einher. Wer sich gegen die Konsequenzen streubt oder sie gar einem anderen zuschiebt untergräbt selbst seine eigene Macht die er besitzt und damit wiederum auch sein Selbstvertrauen. Er unterminiert sich also langfristig selbst um kurzfristig nicht in der Verantwortung zu sein und vielleicht Sanktionen in Kauf nehmen zu müssen.

Der letzte Ansatz fordert die bedingungslose positive Zuwendung gegenüber sich selbst und auch anderen. Das bedeutet sich selbst und anderen mit den größtmöglichsten Respekt und mit Zuneigung gegenüber zu stehen ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Also nicht im Sinne des sonst so umgänglichen Prinzips: "Ich schenke dir etwas, weil..." oder "Eine Hand wäscht die andere.". Sonder es ist eher das Prinzip: "Ich schenke dir etwas. [Punkt. Aus. Finito.]" oder "Ich wasche deine Hand, du brauchst meine nicht waschen.". Also Zuwendung und Zuneigung geben ohne dafür grundsätzlich etwas zu verlangen.
Wenn also, nur als Beispiel, man glaubt, dass der andere Partner vielleicht zu viele Möglichkeiten hätte fremd zu gehen und das in Anspruch nimmt, so gilt es nach diesem Ansatz trotzdem so viel Vertrauen entgegen zu bringen, wie man sie von seinem Partner auch erwarten würde ohne dabei eine weitere Forderung zu stellen. Ein anderes Beispiel wäre auch, sich selbst nicht bis zur Ermüdung oder bis zu Kopfschmerzen mit Arbeit zuzuschütten, sondern sich unabhängig der beruflichen Leistung eine Auszeit und genügend Schlaf zu gönnen.


Zusammen bilden diese Lösungsansätze ein ideales Gesamtpaket, um Dich vom Perfektionismus zu lösen, neue Möglichkeiten zu entdecken und Dich auch mit einer nicht so perfekten Welt oder einem nicht so perfekten Leben zufrieden zu geben. Diese Kombination hilft zudem dafür ähnliche Situationen vorzubeugen und solche Probleme gar nicht erst wieder aufkeimen zu lassen. Du hast somit eine gute und passende Rundumversorgung, wenn Du diese Ansätze anwendest.

Solltest Du noch Hilfe, z.B. bei der Umsetzung, brauchen oder noch Fragen oder sonstige Anmerkungen dazu haben, dann schreib mir via dem Kontaktformular (im Titel und bei der Kategorie bitte Feedback angeben und im Text oder im Titel meinen Namen anfügen).

Ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Anwendung.


Alles Gute

Florian