Problem von Anonym - 14 Jahre

Depression ?!

Der Text ist etwas durcheinander und lang, aber hier sind alle meine Gedanken, Gefühle und Angaben notiert, womit man durchaus eine Ferndiagnose stellen kann:
Ich denke, dass ich depressiv bin, das hat 2 Hauptgründe. (Familie, mein Aussehen) Ich habe seit Mai 2012 Akne und dadurch Minderwertigkeitsgefühle, zudem habe ich seit August 2010 eine Zahnspange. Ich weine sehr viel (mindestens 1 mal täglich) Ich bekomme Panik, wenn ich an einen Ort gehen muss, wo viele Leute sind, ich fühle mich dann ziemlich unwohl und würde am liebsten unsichtbar sein. Die Schule ist für mich kein Problem, sie fällt mir leicht, aber wegen meiner Niedergeschlagenheit und der schlechten Laune fällt das lernen schwer, ich denke immer an meine Probleme und an mein mit Pickel übersätes Gesicht, deshalb habe ich "nur" einen Notendurchschnitt von 1,9.
Wir sind 5 Personen in meiner Familie ich bin die Jüngste. Ich habe 2 ältere Brüder (17 und 21) der 17-Jährige leidet, so wie ich auch, unter Akne, nur Stärker. Meine Mutter tut mir so leid, ich denke, dass sie in einer sehr unglücklichen Ehe ist, sie hat ihren ersten Freund (meinen Vater) sofort geheiratet, sie sind seit 22 oder 23 Jahren verheiratet. Mein Vater arbeitet auf Wechselschicht und meine Mutter ist Verkäuferin, neben bei wäscht sie die Wäsche, denkt an alle Termine, fährt mit uns zu unseren Fußballspielen, geht einkaufen, kocht Essen und putzt das Haus, natürlich helfe ich ihr dabei, aber ich bin auch die Einzige, die das tut, die anderen denken nicht einmal an ihren Geburtstag, geschweige denn am Muttertag. Ich tue wirklich alles was ich kann, aber das verstecken meiner Depression vor meiner Familie ist verdammt anstrengend. Ich will es mir nicht anmerken lassen, dass es mir sehr schlecht geht, das hat insbesondere meine Mutter nicht verdient, sie hat genug eigene Probleme. Manchmal wünschte ich, dass ich Krebs bekäme, den man nicht heilen kann oder der schon im Endstadium ist, nur damit ich das alles nicht mehr ertragen muss und Frieden in die Familie einkehrt, wobei auch meine Brüder und mein Vater merken sollen, dass es so nicht weiter gehen kann.
Ich bin sehr oft in meinem Zimmer und lese Romane, die meine Fantasie wecken und mich für kurze Zeit einfach aus meinem Leben retten, das macht mich glücklich!
Nach außen hin mache ich einen normalen Eindruck, lache sehr viel und bin ein sehr Humorvoller Mensch, mit dem man immer Spaß hat. Ich habe viele gute Freunde, ohne die ich in der Schule nicht überleben könnte, aber meine Lehrer haben beim Elternsprechtag gesagt, dass ich mich selbst unterschätze und mich am liebsten hinter mir selber verstecken würde, womit sie auch recht haben, wäre mein Selbstbewusstsein wegen der Akne nicht so angeschlagen, könnte ich in Beziehungen flüchten, wo mir die Jungs das Gefühl geben würden geliebt zu werden, aber dieses Gefühl von Liebe habe ich noch nie richtig erfahren. Ich bin meinen Brüdern egal, ich denke, das sie nicht einmal mit der Wimper zucken würden, wenn rauskommen würde, dass ich wirklich Krebs hätte...

Florian Anwort von Florian

Hallo Unbekannte,


ich muss Dich leider zunächst darauf hinweisen das wir weder ausgebildete Ärzte noch Psychotherapeuten sind und wir aus diesen Grund rechtlich keinerlei Diagnosen treffen können und auch nicht dürfen. Aber: Wir werden Dir natürlich trotzdem versuchen nach besten Wissen und Gewissen zu helfen.


Das erste was sich bei Dir feststellen lässt ist, dass Du versuchst Deine Gefühle in der Öffentlichkeit zu unterdrücken und Dich selbst dazu zwingst stehts glücklich und ausgewogen zu wirken. Und das obwohl Du, wie Du schreibst, täglich weinst, Dich niedergeschlagen fühlst, Dir Sorgen um Deine Mutter und Deine Familie machst und Dir selbst Minderwertigkeitsgefühle bescheinigst. Eine solche Ansammlung von Gefühlen und Problemen würde jeden Menschen depressiv machen.

Aber hier gibt es eine Lösung, die so einfach klingt wie sie hilfreich ist: Alle Gefühle rauslassen!

Gefühle, egal ein positives wie Zufriedenheit und Glück oder ein negatives wie Traurigkeit und Ärger, haben eine bestimmte Aufgabe in unserem Leben. Gerade die negativesten Gefühle haben die wichtigsten Funktionen: Angst soll uns vor unbekannten Situationen und möglichen Konsequenzen warnen. Trauer soll uns auf einen Verlust hinweisen. Wut und Ärger sollen unsere Kräfte mobilisieren und kampfbereit machen. Einfacher gesagt: Jedes Gefühl erfüllt einen Sinn innerhalb unseres Organismus.
Ignorieren wir nun aber ein Gefühl, z.B. in dem es nicht offen gezeigt wird wenn es auftritt, so verweilt dieses Gefühl im Hintergrund und sammelt von Ereignis zu Ereignis, welche dieses Gefühl ebenfalls auslösen, Kraft und Energie bis schließlich ein kleines Ereignis reicht und das Gefühl sich freie Bahn verschafft. Doch nun ist es viel stärker und so wird aus Wut ein regelrechter Wutanfall, aus Angst wird eine Angststörung bis hin zur Lähmung des eigenen Organismus und aus Trauer wird eine Depression. Psychische Erkrankungen, wie etwa Depressionen, sind also Anzeichen für aufgestaute Emotionen die sich nun versuchen zu entladen. Je länger die Aufstauung schon von statten ging, desto länger kann auch die depressive Phase dauern.

Um genau soetwas zu verhindern ist es wichtig seine Emotionen möglichst selten zu ignorieren oder zu unterdrücken und möglichst häufig zuzulassen und rauszulassen. Das kann in allen möglichen Formen stattfinden. Künstler lassen ihre Emotionen z.B. beim Zeichnen gerne freien Lauf. Ein anderer Kunstler schreibt eine Karte, bindet diese an einen Ballon und lässt diesen davonfliegen. Sportler trainieren sich den Ärger weg. Gesellige Menschen sprechen darüber mit anderen. Manch einer geht zum Therapeuten, andere zu einem Priester und wieder andere nehmen den besten Freund oder die beste Freundin. Eher introvertierte Menschen schreiben ein Tagebuch oder vielleicht sogar gleich einen ganzen Roman.
Es gibt unzählige Möglichkeiten, vielleicht ist Dir spontan auch gerade eine eingefallen, die für Dich ideal wäre. Du entscheidest welche Methode Dir dabei helfen kann Deine Gefühle besser rauszulassen.

Aber um die Emotionen auch wirklich rauslassen zu können und damit den Druck abzubauen, ist es auch wichtig sich dieser Emotionen auch bewusst zu sein. Das bedeutet auf sich selbst und seine Gefühle bewusst zu achten, also sich selbst bewusst zu werden. Dabei genügt es sich ab und an, mitten in einer Situation oder Tätigkeit, zu fragen: "Wie fühle ich mich eigentlich gerade? Fühle ich mich gut oder eher schlecht? Was will dieses Gefühl mir damit sagen?"
Das ist eine ganz einfache Methode kann Dir helfen Deiner Selbst und Deiner Gefühle wieder richtig bewusst zu werden. Sind sie Dir ersteinmal richtig bewusst, kannst Du auch diese in die Welt hinaus lassen, welche Weise Du auch immer bevorzugst und die Dir am sinnvollsten erscheint.


Ich kann Dir versprechen, wenn Du Dir Deiner Gefühle bewusster wirst und sie nicht weiter versucht zu ignorieren oder zu unterdrücken, also rauslässt, wirst Du wieder etwas entspannter werden. Zudem kann Dir, insbesondere die letzte Methode, auch dabei helfen selbstbewusster zu werden und dadurch auch mehr Selbstvertrauen zu gewinnen. Denn nur wenn man sich und seine Gefühle besser kennt, kann man sich auch wirklich selbst wieder besser vertrauen. Ich rate Dir jedoch diese Methoden ersteinmal mit kleineren Problemen und schwächeren Gefühlen zu verwenden, um ein wenig Gefühl über die Intensität der verschiedenen Emotionen zu bekommen. Mit ein wenig Übung kannst Du dann auch Deine größeren Sorgen und Probleme damit anpacken. Wann und Wie ist dabei vollkommen Dir überlassen, denn Du selbst weißt am besten wann und wie es am sinnvollsten und richtigsten ist.

Neben diesen Rat, kann ich Dir auch empfehlen darüber nachzudenken einen Psychotherapeuten aufzusuchen. Gerade wenn Du vielleicht über Deine Probleme reden willst, aber dabei nicht Deine Familie oder Deine Freunde damit beschäftigen willst. Du kannst Dich entweder direkt an einen Therapeuten in Deiner Nähe wenden oder Dich auch zuvor von Deinem Hausarzt darüber beraten lassen. Du solltest allerdings mit ein wenig Wartezeit rechnen bevor es zu einer ersten Sitzung kommt. Lass Dich davon allerdings nicht verunsichern.

Ein weiterer Rat den ich Dir geben kann ist, Deiner Mutter zu sagen, dass Du Dich depressiv fühlst und glaubst Depressionen zu haben. Denn 1. egal wie sehr Du versuchst gute Miene zum bösen Spiel zu machen, Deine Eltern bemerken etwas. Sie erfassen vielleicht nicht die volle Größe, aber eine Persönlichkeitsveränderung, die bei Depressionen eintritt, bemerken sie schon. Und 2. wird bei einer Psychotherapie wird zur Kostenübernahme ein Antrag an die Krankenkasse (für i.d.R. 25 Sitzungen) geschickt, dieser ist in Deinem Fall (da Schülerin) noch von Deinen Eltern zu unterschreiben.
Außerdem ist es für Eltern immer wichtig zu wissen was in den Köpfen ihrer Kinder von sich geht. Nur dann können die Eltern handeln und nur dann merkt auch die Familie, dass etwas nicht stimmt. Es kann sich nämlich nur dann etwas ändern, wenn sich etwas ändert.


Ich hoffe Dir damit weitergeholfen zu haben. Solltest Du weiteren Kummer haben oder etwas zu Deinem Problem ergänzen wollen, dann schreib bitte ein Feedback (Eingabemaske auf der Homepage -> Problemkategorie "Feedback"). Ich wünsche Dir in jedem Fall alle Gute.


Florian