Problem von Janina - 16 Jahre

Essprobleme, Suizidalität, Ritzen, Selbsthass

Hallo,
ich weiß nicht wirklich wo ich anfangen soll. Vor ca. 2 Jahren war ich 1,5 Jahre lang Magersüchtig. Ich habe es aber geschafft, es zu überwinden, ohne Psychologen oder Klinikaufenthalt. Damals habe ich mich bei 168 auf 44 Kilo gehungert. Nachdem ich damit "abgeschlossen" hatte, habe ich mich eigentlich akzeptiert und als ok empfunden. Hatte halt dann die ganze Zeit ein Gewicht von 52 - 53 Kilo, also Normalgewicht. Vor einem guten halben Jahr ging es allerdings mit dem Selbsthass erst so richtig los. Wirklich ich empfinde mich wie so ein Alien, ich hasse einfach alles an mir. Mein Gesicht, meine Nase, Augen, Mund, Haare, Ohren, will meine Schlüsselbeinknochen sehen, will mehr Busen, finde mich viel zu Breit... und auch wieder viel zu dick. Zu dem Zeitpunkt habe ich mit dem ritzen angefangen. Bei jeder Kleinigkeit habe ich mich geritzt, manchmal hat es gereicht in den Spiegel zu schauen, manchmal habe ich mich mit meinen Eltern gestritten usw. Vor ca. 4 Monaten habe ich meiner Mutter davon erzählt, also von dem Ritzen. Nach langem hin und her haben wir einen Termin beim Psychologen gemacht. Das ich sterben wollte, wusste zu dem Zeitpunkt niemand, außer ich selbst. Da ich keine Erfahrung mit Psychologen hatte, habe ich meinen als ok empfunden. Ich hatte 5-6 Sitzungen bei ihm, aber nach jeder Sitzung ging es mir nur noch schlechter. In der Zeit als ich bei ihm war, wurde mein Zustand immer schlimmer, und an einem Tag vor guten zwei Monaten habe ich dann versucht mich umzubringen. Dadurch haben dann auch meine Eltern meine Suizidalität bemerkt. Ich war jetzt für 8 Wochen in der Psychiatrie. Das mit meiner Suizidalität ist besser geworden. Jedoch war ich mit einem Magersüchtigen Mädchen in einem Zimmer. Ich fand sie einfach so wunderschön. Und dann kam alles von früher wieder hoch. Ich habe angefangen mir den Finger in den Hals zu stecken, hab in ca. 3 Wochen 4 Kilo abgenommen, dann wieder 2 Kilo zugenommen. Habe Mahlzeiten ausgelassen, an manchen Tagen nicht mehr als 500 kcal zu mir genommen, an manchen Tagen bestimmt 4000 und mir dann den Finger immer wieder in den Hals gesteckt und keiner hat es mitbekommen. Ich wurde natürlich gefragt, wieso ich so viel abgenommen habe und so, aber ich habe einfach gesagt, dass ich immer Schwankungen in diesem Bereich habe. Irgendwie halte ich jetzt immer das Gewicht von 51 Kilo, aber das auch nur mit Tagen von 500 kcal und dann Fressattacken und Finger in den Hals stecken. Ich weiß, dass das nicht normal ist. Und da ich mich kenne, weiß ich das ich irgendwann wieder von der Sucht noch dünner zu werden ergriffen werde. Ich weiß irgendwie nicht was ich machen soll, ich habe so eine krasse Angst davor zuzunehmen, wenn ich wieder normal esse und habe auf irgendeine Weise auch Angst davor, wieder abgemagert zu sein. Auf eine andere Art und Weise will ich aber auch wieder nur 44 Kilo wiegen. Heute war zum Beispiel ein Tag an dem ich normal gegessen habe, gestern ein Tag an dem ich 800 kcal zu mir genommen habe. Ich weiß irgendwie nicht was ich im Moment machen soll. Ich habe gerade keinen Psychologen dem ich das erzählen kann, da ich meinen wechseln wollte, und ich erst vor einer Woche aus der Klinik entlassen wurde, und mein erster Termin beim neuen Psychologen noch so weit weg ist. Ich kann das meiner Mutter nicht antun. Ich kann sie nicht noch mehr belasten. Ich will ihr Leben nicht noch mehr kaputt machen. Ich kann nicht noch mehr falsch machen. Sie ist wegen mir schon so kaputt. Genau das gleiche gilt für meinen Papa.

Was soll ich nur tun ?

Pia Anwort von Pia

Liebe Janina,
vielen Dank, dass Du Dich hier gemeldet hast.
Ich möchte Dich gleich am Anfang daran erinnern, dass wir keine professionelle Hilfe sind und ich Dir leider auch nicht viel helfen kann, da deine Problematik schon sehr fortgeschritten ist. Ich möchte Dir dennoch ein paar Ratschläge geben und hoffe, dass Du baldmöglichst professionelle Hilfe bekommst.

Ich finde das klasse, dass Du vor 1,5 Jahren Deine Magersucht alleine in den Griff bekommen hast. Da hast Du großes geleistet, das ist nicht einfach allein da durch zu kommen. Ich denke jedoch, dass Dich die Essstörung nie richtig los gelassen hast. Du erzählst von einem riesen Selbsthass und meistens entwickelt sich eine Essstörung aus einem Selbsthass heraus. Ich finde es sehr schade, dass Du Dich nun nicht mehr akzeptieren kannst. Du bist zwar im Normalgewicht gewesen aber am unteren Rand, also nur ein paar Kilos hin u her, dann wärst Du schon wieder im Untergewicht, wenn Du das jetzt noch nicht bist. Du schreibst hier, dass Du nun auf Deinen 51 kg sitzen bleibst, aber um das halten zu können zu hungern oder anderen Maßnahmen greifen musst. Du merkst, das ist nicht der richtige Weg. Du tust Dir wahrscheinlich sehr schwer weiter abzunehmen, da Dein Stoffwechsel nun schon eingeschlafen ist und jeden Stoff sofort aufnimmt, wenn Du Dir dann doch einmal etwas gönnst. Da nimmst Du natürlich wieder zu und dann beginnt der Teufelskreislauf. Den gilt es zu durchbrechen. Außerdem bist Du nun auch noch in die Bulimie gerutscht, weil Du der Meinung bist manchmal zu viel gegessen zu haben. Du merkst, dass Dein Essverhalten sich total verschoben hat. Du versuchst zu hungern, dann unterzuckerst Du und hältst es nicht mehr aus und isst dann mehr als Du bräuchtest. Dann hast Du ein riesen schlechtes Gewissen und brichst es. Das geht immer so weiter und Du merkst, dass Du da an Deine Grenzen stößt. Durch Dein Schreiben hier nehme ich an, dass Du wieder gesund werden möchtest. Ich finde es super, dass Du geschrieben hast und Deine Problematik erkannt hast.

Du möchtest auf der einen Seite gesund sein, Oberweite haben und normal gesund Essen ohne schlechtes Gewissen und auf der anderen Seite möchtest Du wieder auf 44kg hungern. Das ist der Kampf der Essstörung, doch Du bist stärker als sie. Du kannst es wieder schaffen ein gesundes Gleichgewicht zu bekommen. Ich finde es sehr bedauernswert, dass Du durch das Mädchen in der Psychiatrie so schnell wieder rückfällig geworden bist, aber das zeigt Dir auch, dass das Thema Essstörung noch nicht abgeschlossen ist und Du noch weiter daran arbeiten musst. Es ist eine anstrengende Sache, aber Du kannst es schaffen.
Gut, dass Du Dich schon um einen neuen Psychotherapeuten gekümmert hast, denn Du brauchst wirklich Hilfe. Natürlich kannst Du Deinen früheren Psychotherapeuten anrufen, er ist nach der Therapie noch für einige Male Dein Ansprechpartner. Du musst nur abwägen, ob er Dir gut tut, da Du beschrieben hast, dass sich alles durch ihn verschlimmert hat. Es kann sein, dass eure Beziehung nicht gut gelaufen ist und er nicht der Richtige war. Es ist sehr wichtig, dass Du selbst spürst, dass Du Dich wohl fühlst und es sich richtig anfühlt. Dafür kannst Du auch mehrere Therapeuten „ausprobieren“, mache das bitte auch bei Deinem nächsten, falls Du wieder das Gefühl hast, dass es nicht gut ist. Es kann natürlich auch oftmals eine Verschlimmerung der Symptome kommen, wenn man eine Therapie beginnt, da alles aufgerissen wird und man mit den Themen konfrontiert wird und viel mehr über die ganze Problematik nachdenken muss. Das ist hart Arbeit und auch oft weniger schön, doch unbedingt nötig, sonst bricht es später alles mal auf Dich ein. Sei jedoch immer ehrlich zu Deinem Therapeuten und wenn es Dir zu viel wird, dann lieber alles in kleinen Schritten bearbeiten. Bespreche auch mit Deinem Therapeuten, dass es Dir oftmals nach der Therapiesitzung weniger gut geht und erarbeite mit ihm Gegenmaßnahmen.

Ich hoffe, dass Dein neuer Therapeut Dir gut helfen kann und dass Du Dich bei ihm wohlfühlst. Wie gesagt, wenn es noch zu lange dauert, dann rufe doch Deinen früheren Therapeuten mal an. Außerdem rede mit Deinen Eltern, sie sind bestimmt gerne für Dich da. Wenn Du auch einmal schnelle Hilfe brauchst, kannst Du bei der Seelsorge anrufen, vielleicht haben die auch noch einige Tipps für Dich:
0800- 111 0 111 oder 0800- 111 0 222 oder 0800- 111 0 333

Ich fände es ebenfalls gut, wenn Du all Deine Probleme einmal anpackst. Deinen Selbsthass, Deine Essstörung, Dein selbstverletzendes Verhalten und Deine Suizidalität. Es kann gut sein, dass Dein Therapeut erstmals überfordert ist und es gut wäre, wenn Du zur Stabilisierung erstmals in eine psychosomatische Klinik gehst. Wenn Du diese ersten Hürden geschafft hast, kannst Du dann ambulant weiterarbeiten. Doch das solltest Du mit Deinem Therapeuten und Deinen Eltern besprechen. Ich denke, dass Du Dich schon sehr gut über das Thema Essstörung und Ritzen auskennst, sonst könntest Du Dich hier auch einmal informieren:
http://www.magersucht-online.de/index.php
dort findest Du auch einiges zum Thema Selbstverletzungen.

Wie gesagt, Deine Problematik ist schon sehr fortgeschritten und es kann sein, dass Du an einer Persönlichkeitsstörung leidest. Bitte gib nun nicht auf. Du bist stark und kannst das schaffen! Es wird kein einfacher Weg. Bitte versuche immer ehrlich zu Dir zu sein und Dir Hilfe zu holen. Eine psychosomatische Klinik würde ich Dir in Deinem Fall am meisten empfehlen. Du möchtest etwas ändern und nun solltest Du nicht stehen bleiben sondern in kleinen Schritten ans Ziel gelangen. Ich wünsche Dir dafür alles Gute und wenn Du noch Fragen hast, kannst Du Dich gerne nochmal melden.

Viele Grüße
Pia