Problem von Anonym - 16 Jahre

Re: Komme einfach nicht weiter

http://mein-kummerkasten.de/293280/Komme-einfach-nicht-weiter.html

Lieber Bernd,

vielen Dank für deine schnelle Antwort!
Falls ich etwas falsch verstanden oder nicht beachtet haben sollte, korrigiere mich bitte.

Das was du zu Reizüberflutung geschrieben hast, klingt plausibel. Aber wie gehe ich damit um? Wie kann ich denn dieser Welt gerecht werden, ohne diese Art von Erwartungshaltung zu entwickeln? Oder wie kann mein Ziel nicht sein, der Welt gerecht zu werden?

Zwar gibt es heutzutage eine Informationsflut, die nicht zuträglich ist. Aber gibt es nicht auch Dinge, die wir einfach herausgefiltert haben (um all dem Stand zu halten), die unbedingt wieder wahrgenommen werden müssen? Ich rede vom fühlen. Also zum Beispiel, ich habe die letzten ein bis drei Jahre bewusst damit verbracht konkret herauszufinden, was mein Problem ist, warum es mir körperlich nicht so super geht und warum ich nicht besonders glücklich bin und so weiter. Sollte doch eigentlich nicht so schwer herauszufinden sein, oder? Wenn ich mir die Welt um mich rum angucke, es gibt so viele unglückliche Menschen. Warum? Haben wir nicht rein theoretisch alle Mittel, daran etwas zu verändern? Warum werden Menschen ausgegrenzt, bewusst verletzt? Fühlen wir nicht, was wir damit denen und uns selbst antun? Ich hoffe, es ist einigermaßen klar geworden, was ich meine.
Und ich will das alles fühlen! Aber wie kann ich mich denn gleichzeitig für solche Informationen öffnen, aber andere ausschließen? (Und natürlich muss ich beides auch noch unterscheiden können.)

Musik machen bedeutet für mich genau das, was du beschrieben hast. Und noch mehr: Durch Musik lerne ich eben wieder zu fühlen. Aber das nur am Rande. Also ja, ich kann mich in der Art musikalisch ausdrücken und das gibt mir schon ziemlich viel im Leben.
Das was du mit „begreife was du damit anrichten kannst“ habe ich nicht ganz verstanden, erklärst du es mir nochmal?

Ehrlich gesagt habe ich keine Freunde, mit denen ich mich richtig gut unterhalten kann. Nein halt, ich kann mich schon mit bestimmten Freunden richtig gut unterhalten, aber nicht über mich. Ich wüsste jetzt niemanden, den das so wirklich interessieren würde. Aber das ist eine Sache, die kann ich nicht ändern. Also muss ich irgendwie anders damit umgehen.

Ein interessanter und sicherlich guter Ansatz, was die Sprache der Musik anbelangt. Aber mir geht es glaube ich mehr darum, dass was da ist an sich zu ordnen, also in eine „ausdrucksfähige Struktur“ zu bringen, als es auszudrücken. Da kommt wahrscheinlich wieder der Filter mit ins Spiel, wie ordne ich die Informationen die ich habe und lösche die, die ich nicht brauche? Und übersehe dabei ja nicht die, die ich um nichts in der Welt übersehen will?
Eine Frage, die ich mir in dem Zusammenhang stelle: Ist ein Mensch zu Anfang irgendwie, oder sucht er sich dann irgendwann aus wie er sein will? Ich habe bei mir eher das Gefühl, dass letzteres der Fall ist. Aber ist das wirklich erstrebenswert? Nimmt mir das nicht genauso viel wie es mir gibt?

Tatsächlich hat mir die Woche genau das gebracht, wovon ich geschrieben hatte. Vielleicht kann ich sogar sagen, dass es, nachdem ich mich diese Woche in dieser positiven Art und Weise „bei mir aufgehalten“ habe, und ich mich so von diesem zermürbenden Alltag ein wenig entfernen konnte, und alles ein wenig ordnen konnte (und so weiter), dann eben den Tag danach in Ordnung bzw. sogar schön oder gut war auch in der „Normalität“ bei mir zu sein. Fiel mir gerade so spontan ein/auf.

Ich habe das Gefühl, immer gegen eine Mauer rennen. Aber wenn diese Mauer nicht da wäre oder zusammen brechen würde, hätte ich Zugang zu all den Antworten, die ich unbedingt haben muss. Aber kann auch sein, dass ich mir alles nur einbilde. Der einzige Weg, das herauszufinden besteht wahrscheinlich darin, die Mauer mit Fragen zum bröckeln zu bringen, hm?

Nochmal danke, dass du dich mit all dem beschäftigst! Gibt mir gerade wirklich viel, das mal teilen zu können!

Liebe Grüße ....



Bernd Anwort von Bernd

Es ist ein zweiter Versuch einer Antwort!

Liebe Unbekannte,

Das Lied meines Ältesten, das mich ungeachtet meines Alters "verführt" hatte, findest Du hier:
http://www.youtube.com/watch?v=r85eHPs-O3E

Das meinte ich, mit: "was Du damit anrichten kannst": Auch ein knapp 60-Jähriger ist nicht unbedingt klüger als Du! Und das Lied eines damals 17-Jährigen hat mein Leben umgekrempelt: mir einst den Mut gegeben, auf die Welt zu scheißen und mich selbst zu suchen.

Nach dem, was Du geschrieben hattest, hatte ich Deine Einsamkeit darin wiedergefunden: wie eine Feder im Wind.

Du hast geschrieben:
"Tatsächlich hat mir die Woche genau das gebracht, wovon ich geschrieben hatte. Vielleicht kann ich sogar sagen, dass es, nachdem ich mich diese Woche in dieser positiven Art und Weise „bei mir aufgehalten“ habe, und ich mich so von diesem zermürbenden Alltag ein wenig entfernen konnte, und alles ein wenig ordnen konnte (und so weiter), dann eben den Tag danach in Ordnung bzw. sogar schön oder gut war auch in der „Normalität“ bei mir zu sein. Fiel mir gerade so spontan ein/auf. "

Bitte vergiss es nicht wieder! Du hast Dich also schon zu einem guten und befreienden Teil selber erlebt!
Nun geht es wohl darum, dass Du nicht wieder "der Welt dienen" solltest, sondern vielleicht auch ein wenig "biblisch" denken darfst:"(Du) der Mensch mache sich die Welt Untertan!"

Du schreibst:

"Oder wie kann mein Ziel nicht sein, der Welt gerecht zu werden?"

Ganz einfach: die Welt ist zu groß für einen Einzelnen!

und unsere Fähigkeiten sind begrenzt! Ist doof aber es ist so: wer kein Brot hat, kann keines verteilen!

"Aber mir geht es glaube ich mehr darum, dass was da ist an sich zu ordnen, also in eine „ausdrucksfähige Struktur“ zu bringen, als es auszudrücken."
Aber: wer mit seinem Instrument Gefühle in Resonanzschwingung bringt, oder mit seinem Schlagzeug den heartbeat trifft: macht mich zumindest für die Zeit glücklich!?
Selbst, wenn er Trauer oder Sehnsucht oder Unglücklichsein herüberbringt?


Also geht es wohl zuerst darum, Deine eigenen Ambitionen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und daraus: Ziele zu ermitteln! (Da ist der Rest der Welt noch ganz außen vor! (Selbst die Wünsche der Eltern?)

"Wenn ich mir die Welt um mich rum angucke, es gibt so viele unglückliche Menschen. Warum? Haben wir nicht rein theoretisch alle Mittel, daran etwas zu verändern? Warum werden Menschen ausgegrenzt, bewusst verletzt? Fühlen wir nicht, was wir damit denen und uns selbst antun?"

Nein, diese Mittel haben wir nicht! Wodurch entsteht denn "Unglück"?

erstes Beispiel: unglücklich verliebt! Dagegen kannst Du nur etwas tun, wenn du die Skaverei wieder einführst: wer verliebt ist, kann "Eigentümer" des geliebten Menschen werden!
Liebeskummer ist oft nichts anderes als die Erkenntnis, dass uns der geliebte Mensch nicht "gehört"!
zweites Beispiel: kannst Du zusammenfassen mit den Begriffen "Neid und Mißgunst"!
Es gibt wirklich viele Menschen, die durch Neid und Mißgunst so sehr zerfressen sind, dass sie niemals glücklich werden können!

Beispiel 3: Warum werden Menschen ausgegrenzt, bewusst verletzt?

Puh :-( Da habe ich auch (hier) schon mal jemanden einen Arsch genannt, aus dem bei allen Schminkversuchen kein Gesicht werden wird.
Aber Du meinst sicherlich die Anderen!

Im Ernst! Gehe einmal in die nächst gelegene Moschee und lasse Dir alles erklären!
Oder suche danach, wo die den Austausch suchen, die du als "Ausgegrenzt" betrachtest:
tue etwas!
Finde Dich neu in jedem Ansatz, mit dem Du zu dem für Dich richtigen Maß an "Mitwirkung" findest!

"Und ich will das alles fühlen! Aber wie kann ich mich denn gleichzeitig für solche Informationen öffnen, aber andere ausschließen?"

Deine Intention spüre ich schon. Und bitte entschuldige und versuche es in der Richtung zu verstehen, die ich ausdrücken will und hoffentlich auch so zu Dir transportiert bekomme:
Ist nicht jeder, der sich über "das Elend in der Welt" in allen Kanälen die Bilder "runterholt" zuerst einmal vergleichbar mit dem, der auf die Autobahnbrücke hastet, wenn er erfahren hat, dass da ein schrecklicher Unfall geschehen ist? Früher sagte man "Schaulustige" dazu. Heute wird es mit dem bezeichnet, was wir oft sind: sensationsgeile Gaffer!

Der, der den Erste Hilfe Kurs macht und vielleicht sogar in einer der Organisationen seinen freiwilligen Dienst anbietet: der hat damit soviel zutun, dass er - wenn er andere Schreckensbilder sieht - wohl weiß, dass da auch noch was getan werden muß! Aber er weiß auch, dass seine eigene Arbeit hier nicht vergebens und nicht abkömmlich ist!

Du darfst und sollst mir aber wirklich sagen, ob ich "Alter" nur etwas "finden wollte", was eigentlich niemals da war!
Oder in kurz und verständlich: ich hoffe, Deine Fragen richtig verstanden zu haben!

Alles Liebe,

Bernd