Problem von Natascha - 17 Jahre

Magersucht bis zum Tod

Hallo Ich habe ein sehr grosses Problem. Seit 2 Jahren leide ich an Magersucht, habe dies jedoch erst seit etwa September letztes Jahr selber wahrgenommen. Ich habe es vorher immer abgestritten, weil ich es selber nicht glauben
wollte. Alle haben mir immer gesagt du bist viel zu dünn und etc. Auf der einen Seite war es ein schönes Gefühl das mir jemand bestätigt, dass ich dünn bin aber auf der anderen Seite hasste ich es mit dem Thema konfrontiert zu werden.

Es kam soweit, dass ich in meinen Sommerferien in ein tiefes Loch gefallen bin und einfach komplett aufgehört habe zu essen und das Ganze für 7 Tage. Nach 5 von diesen Tagen habe ich auch aufgehört irgendwelche Flüssigkeit zu mir zu
nehmen. An diesem Tag bin ich in meinen Lehrbetrieb gegangen um etwas zu holen. Das war die schlechteste Entscheidung meines Lebens. Zwei Mitarbeitende haben mich gesehen und ich musste noch schnell zu ihnen um sie zu grüssen.
Auf einmal wurde mir Schwindelig, meine Hände sind eingeschlafen, ich hatte Probleme mit der Beatmung, mein Mund war so
ausgetrocknet dass ich nicht mehr schlucken konnte und ich hatte einen Krampf in den Oberschenkeln, dass ich nicht aufstehen und auch nicht gehen konnte.
Die anderen haben bemerkt, dass etwas nicht stimmt und nach langen fragen habe ich ihnen gesagt was los ist. Sie bekamen sofort Angst, haben sich Sorgen gemacht und wollten das ich etwas esse und trinke.
Ich war so dumm und habe es abgelehnt. Sie mussten wieder arbeiten gehen und liessen mich mit einer riiiesen Angst zurück (Sie wollten mich eigentlich nicht mehr aus den Augen lassen) und aus dieser Angst gingen sie zu meinem
ehemaligen Chef. Ehemaliger Chef!!! Ja! Ich habe nämlich durch diese Krankheit vieles verloren, darunter auch mein Ausbildungsbetrieb.
Mein Chef kam dann zu mir und schrie mich wie noch nie jemand an. Von da an war alles fertig, mein Chef machte nun alles damit ich keine Lehrstelle mehr hatte. Ich habe dann angefangen mit dem Erbrechen nach jedem
Essen. Ich bekam sehr schnell Probleme mit meinem Hals und konnte nicht mehr gut schlucken also musste ich leider
wieder damit aufhören.

In dieser Zeit auch früher musste ich schon öfters fast ins Krankenhaus (hatte auch Angst vor einer Klinik) habe aber immer Glück gehabt, weil ich dies um keinen Preis der Welt wollte. Jetzt geht es mir ein Wenig besser, denn ich habe eine neue Arbeitsstelle. Aber das was mir mein ehemaliger Betrieb zugefügt hat, kann man niemals mehr heilen.

Früher war ich ein Mensch der immer glücklich war, ich gab niemals auf, von Niederschlägen liess ich mich nie unterkriegen und habe immer positiv in die Zukunft geschaut. Jetzt ist alles umgekehrt, mir ist alles egal, ich
habe jede Freude am Leben verloren, ich gebe immer gleich auf, meine Gesundheit ist mir sowas von egal und ich sehe
keine Zukunft mehr das heisst alle Träume sind geplatzt. Das ist soo schwierig meine Eltern wissen nichts davon!!
Ich will auch, dass sie das niemals erfahren, weil ich genau weiss wie sie reagieren. Ich habe viele Bücher gelesen und Dokumentationen gesehen, das heisst ich will nicht dass sie so reagieren. Sie würden mich dann kontrollieren zwingen und mir mit einer Klinik drohen. Meine Therapeutin will auch schon lange, dass ich es meinen Eltern erzähle aber ich will das einfach nicht. Es wissen es viele Menschen aber helfen tut mir sowieso keiner.

Ich glaube die einzige Person, die mir hilft ist eine von denen welche damals zu meinem Chef gegangen ist. Sie ist 24 Jahre alt und ist immer für mich
da ich habe ihr auch schon früher immer alles erzählt was mich bedrückt hat und sie hat immer sofort gemerkt wenn es mir schlecht ging. Sie ist da und nimmt mich immer in den Arm. Bei ihr kann ich weinen und sie tröstet mich.

Seit einigen Wochen habe ich nun Depressionen. Es ist das schlimmste Gefühl auf der Welt und ich möchte eigentlich nicht mehr leben.
Ich habe nur noch einige Sachen die ich erleben möchte. Vermissen würden mich doch bloss meine Familie.
Ich würde es erst dann glauben, dass mich viele vermissen wenn ich im Himmel wäre und sehen und hören könnte wie die anderen reagieren aber dann wäre es zu spät. Es ist wie ein Hilfeschrei den keiner hört oder hören will. Ich fühle mich einfach allein gelassen. Ich will meiner Bezugsperson nicht zu fest zur Last werden. Es ist so ein Gefühl, dass mir niemand mehr hilft und ich schaffe doch das nicht allein. Meine beste Kollegin ist in meinem Alter und hilft mir auch nicht,
was ich verstehe weil sie halt damit auch überfordert ist. Und alle anderen sagen, dass ich das allein schaffen muss.
Dabei schreie ich doch förmlich nach Hilfe ich denke es will sich einfach niemand mit dem auseinander setzen, weil sie Angst haben. Ich weiss, dass es schwierig ist, so einem Mensch zu helfen aber ich weiss einfach nicht mehr weiter. Ich
habe das Gefühl wenn nicht mehr Menschen für mich da sind werden ich es nicht mehr lange aushalten was soll ich tun??? Ich will gar nicht mehr leben, es hat kein Sinn mehr und ich sehe ihn auch nicht mehr.
Vor allem gegen diese schrecklichen Depressionen?? Ich kann nicht einmal mehr schlafen. Ich bin bis 05:00 morgens wach und habe mit mir selber zu kämpfen. Sorry ich entschuldige mich für den langen Text aber ich konnte es
fast nicht kürzer erfassen eher noch länger. Liebe Grüsse
(Ich bitte darum, dass mir eine feinfühlige Frau helfen könnte)

Romina Anwort von Romina

Liebe Natascha,

vielen Dank für dein Vertrauen. Dein Problem ist wirklich groß und ich weiß auch noch nicht, ob ich dem gerecht werden kann, aber ich schrecke jetzt mal nicht zurück und versuche es einfach.

Ich möchte nichts schönreden. Deine Magersucht ist eine schlimme Krankheit, die dein Leben sehr einschränkt. Trotz allem hast du vielen anderen Erkrankten etwas voraus: Du hast deine Krankheit erkannt und suchst Hilfe! Das ist zwar nur der erste Schritt auf einem langen Weg, aber viele scheitern schon daran und können sich die Brisanz ihres Zustandes nicht eingestehen. Dieses Gefühl, dass dir niemand helfen kann und will muss wirklich schlimm für dich sein. Aber es stimmt nicht, dass du es allein schaffen musst. Sowas kann niemand. Du hast ein Recht auf Hilfe. Deine Situation mag ernst sein, aber du hast den Lebenswillen noch nicht verloren, das sieht man daran, dass du an den Kummerkasten geschrieben hast. Ich bin überzeugt, dass es viele Menschen gibt, die dich lieben und die dir immer weiter helfen werden, auch wenn der Weg noch weit ist. Vielleicht hast du ihnen noch nicht deutlich genug gesagt, wie schlimm es um dich steht. Es könnte gut sein, dass sie es nicht wahrhaben wollen und leugnen, dass du wirklich ernsthaft krank bist. Rede Klartext, dann verstehen sie vielleicht endlich.
Es muss schwierig für dich sein, dich so anstrengen zu müssen, Hilfe zu bekommen, aber es geht leider nicht anders. Schließlich besteht Hoffnung: Sowohl mit einer Essstörung als auch mit Depressionen kann man heutzutage zurechtkommen. Die Magersucht wird sich zumindest halbwegs in den Griff bekommen lassen, wenn du es wirklich willst, dich anstrengst und professionelle Hilfe holst. Gegen die Depressionen kann Psychotherapie auch helfen, eventuell in Kombination mit Antidepressiva.


Ich sehe ein paar Möglichkeiten, die du ausprobieren könntest, am besten alle, aber ich weiß nicht, wie viel Kraft du noch übrig hast. Bitte versuche wenigstens eine davon zu in die Tat umzusetzen!
1. Sprich noch einmal mit deiner Therapeutin darüber, wie schlecht es dir geht. Erzähl ihr das, was du auch an uns geschrieben hast. Wenn du das Gefühl hast, du bist bei ihr nicht an der richtigen Adresse, sie versteht dich nicht oder sie ist überfordert, dann such dir eine andere Therapeutin! Die Chemie muss einfach stimmen, sonst kann man sich die ganze Therapie sparen. Ein/e gute/r Therapeut/in kann dir schon ein großes Stück weiter helfen.
2. Geh zu einer Beratungsstelle! Wenn du dich alleine nicht traust, nimm deine 24jährige Kollegin mit.
Hier: http://www.hungrig-online.de/cms/index.php/adressverzeichnis findest du eine Übersicht vieler Beratungsstellen, nach Postleitzahlen sortiert. Dort kann dir in jedem Fall weitergeholfen werden.
3. Rede doch mit deinen Eltern. Warum sollten sie so klischeehaft reagieren? Zuerst tun sie das vielleicht, weil sie schockiert sind, aber sie lieben dich und wollen, dass es dir gut geht. Außerdem glaube ich kaum, dass sie nicht bemerkt haben, was Sache ist. Wahrscheinlich sind sie nur auch überfordert. Wenn du dich ihnen anvertraust, fällt wenigstens die Belastung der ständigen Geheimniskrämerei weg. Zusammen könnt ihr euch dann auf die Suche nach einer geeigneten Hilfe für dich machen.

Mein Fazit: Du brauchst unbedingt noch bessere Hilfe! Warum deine Therapeutin diese nicht leistet, weiß ich nicht, du hast leider wenig über sie geschrieben. Bitte warte nicht länger und such dir diese Hilfe woanders.
Du könntest dich zum Beispiel auch zusätzlich noch einer Freundin oder Verwandten anvertrauen.
All diese Leute können dich aber nur begrenzt unterstützen, denn sie sind nicht dafür ausgebildet und selbst emotional daran beteiligt. Wenn du Angst vor einem Klinikaufenthalt hast, ließe sich bestimmt auch eine andere Möglichkeit finden. Es gibt ja zum Beispiel auch Wohngruppen für Mädchen mit Essstörungen und ähnliches. Vielleicht reicht es auch, wöchentlich zur Therapie zu gehen, das lässt sich jetzt von außen schlecht einschätzen.
Bitte gib nicht auf, du kannst es wirklich schaffen! Es wird nicht einfach, aber es gibt genug Menschen, die dir zur Seite stehen werden, wenn sie erkennen, dass du sie brauchst.
Du kannst dich auch jederzeit wieder an den Kummerkasten wenden, wenn du weiteren Rat brauchst.

Ich wünsche dir viel Kraft und Durchhaltevermögen, damit du deine Krankheit besiegen kannst.

Liebe Grüße

Romina