Problem von Julia - 16 Jahre

Zweifelhafte Gedanken

Hallo liebes KuKa-team,

seit geraumer Zeit begleiten mich gewisse Gedanken, sadistische Fantasien von Folter, Misshandlung und solchen Dingen. Das alles hat zwar relativ früh angefangen, etwa mit 10 oder 11, war da aber wesentlich weniger schlimm.
Mit der Zeit der Pupertät wurden die Gedanken explizieter und nahmen auch sexuelle Richtungen an. Auch wenn ich weiß dass das nicht umbedingt normal ist, muss ich sagen habe ich mich daran gewöhnt, diese Seite ist ja eben ein Teil von mir, zu mal sie mir nun mal gefällt. Sehr.
Was mir nun Angst macht ist, dass ich vor einer Weile (1-2 Jahre) angefangen habe mir vorzustellen wie es ist Menschen aus meinem näheren Bekanntenkreis bewusst umzubringen, z.B einfach in meine Klasse zu stürmen und Mitschüler zu erschießen.
Dazu muss ich sagen dass ich in der Schule soweit eigentlich keine Probleme habe
und auch wenn ich nicht viele Freunde habe, verstehe ich mich mit den meisten sehr gut.
Bisher waren meine Fantasien ebenfalls nur auf meist eine Person gerichtet die ich ''mochte und mich interessierte''(real oder auch nicht), gefallen am ''Morden'' hatte ich vorher aber nie.
Und dass gibt mir jetzt Grund zur Sorge vorallem da ich zurzeit ziemlich emotional instabil bin. Ich habe mit Depressionen und kleinen Essstörungen zu kämpfen, was zu einem gesunden Selbswertgefühl nicht gerade beiträgt, ich habe Versagensängste und das Gefühl meine Eltern nur noch zu enttäuschen und meinen Freunden ziemlich peinlich und lästig zu sein... ( ich habe immerhin das Selbstverletzen hinter mir gelassen :) ) aber das ist jetzt nicht Thema.
Ja, ich weiß, es wäre ratsam einen Psychologen aufzusuchen
nur fällt mir der Schritt dazu mehr als schwer, vorallem meinen Eltern diesen Wunsch zu
äußern um mit einer fremden Person darüber zu reden und mich zu öffnen
ohne daran zu denken sofort als Psychopath abgestempelt zu werden.
Ich weiß dass das wohl nicht passieren wird aber es fiel mir schon immer schwer über meine Probleme zu reden.
Mir gefällt die Richtung ganz und gar nicht, die das Ganze einnimmt, ich träume oft den ganzen davon anderen etwas anzutuen (oder wie anderen etwas angetan wird) aber ich isoliere mich immer mehr und hab einfach nur Angst.
Jetz will ich endlich was dagegen tuen und traue mich einfach nicht, ich hoffe ihr
habt vielleicht ein paar Tipps oder Anstöße für mich was ich nun tuen soll...

Liebe Grüße, Julia

Dana Anwort von Dana

Liebe Julia!

Doch, du machst das schon ganz richtig und bist eigentlich nur noch einen kleinen Schritt von der letzten richtigen Entscheidung entfernt.

Der Psychotherapeut/die Psychotherapeutin ist die einzig richtige Lösung.
Warum?
Aus irgend einem Grund projezierst du Gefühle und Aggressionen, die in dir sind und die du nicht richtig fassen kannst, in diese Gewaltfantasien. Ich habe dazu ein paar Ahnungen im Kopf, darf sie aber hier nicht aufschreiben, da ich als Laie weder Diagnosen noch "was könnte passiert sein"-Ideen schreiben darf. Das verstehst du sicher.

Du bist mit Sicherheit nicht psychopathisch, nutzt allerdings ein Ventil, das sich irgendwann als gefährlich für dich und andere heraus stellen könnte, auch wenn du das heute noch nicht glaubst. Du merkst jetzt schon, dass diese Fantasien "etwas mit dir machen". Sie nehmen dir Sicherheit, sie geben dir Ängste. Du bist klug und weißt, dass nichts von den Fantasien wahr werden DARF...und es macht dir Angst, dass diese Fantasien da sind. Früher hattest du ein anderes Ventil, das Selbstverletzen. Du hast die Aggressionen in dir gegen DICH gerichtet, indem du dir Schmerzen zugefügt hast. Inzwischen hat sich das Ventil verändert und du richtest diese Wut in dir gegen andere Menschen. Glücklicherweise bisher nur in deiner Traumwelt, die du dazu aufbaust, aber keiner weiß, du auch nicht, wie sich das weiter entwickeln wird.

Es wäre überaus dringend und wichtig, dich einem Fachmann/einer Fachfrau (ich würde eher zu einer Frau tendieren) anzuvertrauen, auch wenn das Mut und Überwindung kostet. Es muss nachgeschaut werden, woher diese Gedanken kommen, warum du ein Ventil brauchst, wo die Wurzel dessen ist und wie du wieder innerlich entspannen kannst. Es ist wichtig, dass du wieder Stärkung erfährst, dass du lernst, mit den Gewaltfantasien umzugehen, sie zu mildern und umzulenken.

Sicher, es ist erstmal total furchtbar, sich selbst einzugestehen, dass man diese Art der Hilfe braucht. Man ist "hilf-los" und braucht Unterstützung. Aber gerade in der Erkenntnis, DASS du Hilfe brauchst, entwickelst du schon dein nächstes Stärke-Hoch! Das ist menschlich stark einzugestehen, dass man nicht alles selbst schafft.

Du bist 16, theoretisch kannst du auch ohne Begleitung zu mehreren Therapeuten gehen (richtig wäre erstmal jemand im Rahmen der Verhaltenstherapie, es kann sein, dass das aber später dann noch wechselt). Google nach Namen und Adressen im Raum, wo du lebst und geh einfach mal hin nach der Schule oder wenn du eh in der Stadt bist. Vielleicht hast du eine Freundin oder eine Verwandte, der du dich anvertrauen kannst und die dich bei der Suche unterstützt? Am sinnvollsten wäre es vielleicht, mit deiner Mutter zu reden, wenn du das schaffst. Du musst ihr ja nicht komplett reinen Wein einschenken, sondern sagst einfach, dass du ein wenig seelische Unterstützung brauchst, die ein Laie sehr wahrscheinlich nicht geben kann. Das machen viele inzwischen so. Dann kannst du auch zum Hausarzt gehen und um eine Überweisung bitten oder du gehst wirklich einfach bei den Therapeuten vorbei und bittest um einen Termin zum Erstgespräch. Da meist Wartezeit bis zum ersten Termin nötig ist, mach bei mehreren Therapeuten was aus und sprich auch nur mit dem wirklich, der dir zusagt. Es ist dein gutes Recht, dir einen Gesprächspartner zu suchen und es wäre wirklich dringend erforderlich.

Wichtig: es muss ein Psychotherapeut sein und kein Psychologe. Erst die therapeutische Weiterbildung befähigt wirklich zur Gesprächstherapie.

Ich würde mir sehr wünschen, dass du dich überwinden kannst und diesen Schritt machst. Du hast dich uns gegenüber geöffnet und merkst selbst, dass es in dir und um dich herum nicht so läuft, wie es laufen sollte. Kein Grund, sich als Psychopath oder Bekloppter abzustempeln, aber sicher ein Warnsignal, dass in deiner Seele eine Wunde geschlagen ist, die nicht heilt, selbst wenn du diese Wunde noch nicht siehst. Ich meine sie zu sehen und zu erkennen, darf es aber nicht schreiben, weil ich eben kein Fachmann bin. Mein Gespür bittet dich aber dringend, deinen eigenen Rat zu befolgen und dir einen Therapeuten zu suchen, der mit dir alles aufarbeitet. Hilfe entlastet auch sehr, man ist nicht mehr alleine. BITTE...tu es.

Alles Liebe für dich! Vielleicht magst du später nochmals berichten, wie deine Therapeutensuche ausgegangen ist?

Dana