Problem von Patrick - 26 Jahre

Angst vor der eigenen Wohnung/Zusammenziehen mit Freundin

Hallo liebes KuKa-Team,

ich habe ein wohl sehr komisches Problem. Wie der Titel schon erahnen lässt, stehe ich kurz davor eine Wohnung mit meiner Freundin zu beziehen aber zuvor hier ein paar Eckdaten von mir:

26 Jahre jung und das Gefühl "alt" zu sein, aber das ist eine andere Baustelle.
5 Jahre glücklich in einer Beziehung, aber wohnen beide noch zu Hause.
Arbeitssuchend bzw. ich jobbe mich hier und da durch, da ich bisher weder eine Ausbildung aufnehmen durfte (Kaufmann im Einzelhandel) und ja, aktuell halt Arbeitssuchend und vom Arbeitslosengeld II am leben...

Meine Freundin hingegen ist des Lebens mehr als froh, hat eine abgeschlossene Ausbildung und wurde auch übernommen. Das ist für mich weniger das Problem, ich mein dafür hat sie hart gearbeitet und ich sehe da keinen Grund "neidisch" zu sein oder "unter" ihr zu stehen, so wie einige Menschen diese Meinung vertreten.

Zur Zeit wohne ich im selben Haus mit meinen Eltern, eine kleine Wohnung oben drüber. Das Verhältniss ist erstklassig zu meiner Familie kann man nicht anders sagen, wir sind insgesamt Sechs an der Zahl und verstehen uns alle noch gut. Während meine zwei Schwestern bereits verheiratet sind und jeweils ein Kind bekommen haben, ist mein älterer Bruder eher der Typ der gerne und laut feiern geht. Er sucht "Sie" noch :)

Aber ok, vor gut zwei Wochen kam die Meldung ihrerseits: "Ich habe eine Wohnung gefunden, müssen sie aber in 2 Monaten beziehen sonst kommt jemand anders."

Ja da ist wohl was dran, diese Wohung ist wirklich sehr begehrt ... Nur habe ich absolute ANGST davor... Angst davor so weit weg von meinen Eltern und der restlichen Familie zu wohnen. Ich hatte einfach immer einen Ort wo ich mich "zurückziehen" konnte, weiß nicht wie ich es sagen soll. Auch wenn der Weg mit dem Auto bis dahin nur ~20-30 Minuten wären, kriege ich dennoch Panik davor sie schlichtweg garnicht mehr oder zu wenig zu sehen.

Ich sehe momentan kein Bild von einer glücklichen Zeit: Es geht mir alles VIEL ZU SCHNELL! Auch wenn man immer sagt: Ja wir suchen uns nun gechillt eine Wohnung und dann schauen wir mal. PENG: Nach wenigen Tagen eine Zusage ... Yay, ich hätte ehrlich gesagt lieber erbrochen zu dem Zeitpunkt :(
Es ist halt zu schnell und nun hänge ich in der Zwickmühle: Einerseits MUSS ich mein eigenes Leben anfangen zu leben, andererseits ist es alles so prompt und man verliert regelrecht den Boden unter den Füßen. Wäre es in sagen wir mal 2-3 Monaten mehr... wäre es mir schnuppe, ganz ehrlich, da würde ich mich sogar riesig drauf freuen. Aber so irgendwie nicht, ich komme mir vor als ob ich nurnoch 2 Monate mein eigenes Leben führen kann und danach einfach dieser strunzdämliche Alltag kommt............ der zu 70% von ihr bestimmt wird. Was soll ich machen, sie ist halt ziemlich Dominant aber zugleich auch die netteste Person auf der Welt der ich genauso oder mehr vertraue wie meiner Mutter.

Wäre ja nicht so das wir nicht schon darüber geredet haben was uns bedrückt, aber sie findet immer Wege das nach ihrer Sicht zu entkräften. "Ist doch alles nicht so schlimm" , "Guck dir andere an..." "Bla, Bla, Bla"... So geht es durch mein Ohr. Irgendwann raste ich aus und sage ihr nicht nett das sie den Mund halten soll, da es nicht das ist, was ich hören will. Ich bin nicht "andere", ich empfinde das nunmal als "schlimm"... was man dann zu hören bekommt: "Verhalt dich mal wie ein Mann". Ja sollte ich auch, aber zum Henker damit! Ich bin in anderen Dingen männlich genug und muss hier nicht den harten markieren. Ich finds nunmal schei*e.

Nun besichtigt sie gerade die Wohnung und ich erspare mir das, da ich sowieso keine netten Worte finden würde, ich bin was das angeht ein Arsch... und ich WILL es ihr ja nicht madig machen aber unterbewusst hoffe ich das es heißt: Nee, wir suchen uns was anderes.

Na ja, ich weiß nicht ob ihr mit dem da oben viel anfangen könnt... aber ich weiß garnicht wohin mit meinen Gedanken und alles. Was soll ich nur machen? Immerhin hat das Schreiben mir schon eine Last von den Schultern genommen.

Monika Anwort von Monika

Lieber Patrick,

danke für deine Mail an uns!

Wenn ich ehrlich bin habe ich das gefühl es geht nicht wirklich um den Auszug. Der ist jetzt nur irgendwie zum Auslöser und Sündenbock deiner Angst geworden.

Trotzdem ein paar kleine Tipps dieses Thema betreffend.
Erstens kannst du deiner Freundin ganz klar sagen, wenn du (noch) nicht mit ihr zusammenziehen willst. Das wird sie erstmal enttäuschen - verständlich - aber du bist ein freier Mensch und keiner von euch hat etwas davon, wenn du dann die ganze Zeit schlecht drauf und unglücklich bist.
Zweitens gäbe es auch die Möglichkeit, so wie du schreibst in 3 Monaten wäre es gar kein Problem, dass ihr die Wohnung mietet und du erst in 2-3 Monaten mit einziehst. Dann hast du eine Übergangszeit in der du immer wieder heim kannst aber auch gleichzeitig austesten kannst wie es ist mit deiner Freundin zusammen zu wohnen. Natürlich müsste deine Freundin mitspielen - wobei sie dich liebt und von daher auch auf deine Bedürfnisse eingehen wird.

Trotzdem denke ich, dass der Umzug nicht das eigentliche Problem darstellt.
Ich höre aus deiner Mail raus, dass du etwas mit dir und deiner jetzigen Situation haderst. Du fühlst dich zwar mit deinen 26 Jahren schon alt, aber gleichzeitig fühlst du dich im Schoße deiner Familie noch sehr geborgen und genießt offenbar die Sicherheit und das Vertraute. Deinem älteren Bruder scheint es ja ähnlich zu gehen.
Zudem scheint es auch mit deinem beruflichen Werdegang bisher noch nicht so zu klappen, wie du es dir vorgestellt hast.
Ich glaube du bist gerade in dem Zwiespalt, dass du erwachsen werden sollst vielleicht auch willst und trotzdem der kleine Junge in dir schreit, dass er noch ein bisschen Nestwärme braucht!

Wie du selber schon sagst, ist das nichts wofür man sich schämen muss. Und auch nichts was man mit einem "jetzt hab dich nicht so" wegwischen kann. Du fühlst gerade Angst, Panik und Traurigkeit und weißt nicht wie es in Zukunft weitergehen soll. Ich finde es toll, dass du es aussprechen kannst!

Überleg dir mal selbst, was dir im Moment gut tun würde. Ich denke du weißt, dass du irgendwann dein eigenes Leben in Angriff nehmen musst. Was könnte dir helfen diesen Schritt zu wagen?
Wie soll es mit deiner Ausbildungssituation weitergehen?
Wo möchtest du in 5 Jahren sein? Welche Ziele hast du bis dahin oder überhaupt in deinem Leben? Und was wären die ersten Schritte in die richtige Richtung?

Ich glaube, dass dir deine dominante Freundin auf der einen Seite gut tut, denn sie tritt dir in den Hintern und sagt dir wo es lang geht. Trotzdem glaube ich, ist es langsam an der Zeit, dass du selbst Vernatwortung übernimmst. Das spürst du und genau das macht dir Angst.
Und damit bist du absolut nicht alleine. Ich denke jedem, der erwachsen wird geht es so. Alles Unbekannte macht einem zunächst mal Angst. Man fürchtet sich davor zu versagen oder eine falsche Entscheidung zu treffen.
Aber du hast die beste Ausgangsposition, nämlich eine Familie und eine Freundin die zu dir stehen, dich unterstützen und wieder auffangen falls doch mal was schief geht.

Also trau dich! Der erste Schritt ist immer der schwerste aber du wirst sehen, dass es leichter wird und deine Angst weniger wird. Du wirst an Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein gewinnen und deinen Weg gehen!

Alles Gute
Monika