Problem von Lea - 18 Jahre

mutterkomplex- dana kannst du mir antworten?

Hallo liebes Team. Ich wünschte Dana würde mein Problem beantworten.
Ich habe einen Mutterkomplex, der mich unheimlich belastet.
Ich weiß nicht, was ich dagegen tun soll!
Mein ganzes Leben habe ich mir gewünscht, beschützt, geliebt und verstanden zu werden.
Bei meiner eigenen Mutter habe ich das nie gefunden...leider.
Ich bin achtzehn Jahre alt...und in meinem Leben ist schon so viel passiert.
Ich möchte euch meine Geschichte erzählen...
Auch wenn mir alles nicht leicht fällt-
Ich bin als "Scheidungskind" aufgewachsen. Meine Eltern haben sich getrennt, als ich acht Jahre alt war... mein Vater hat uns für eine andere Frau verlassen, meine Mama bekam Depressionen...
Ich bekam nie das, was ich mir gewünscht habe. Liebe. Anerkennung. GEBORGENHEIT.
Seitdem ich mich erinnern kann, habe ich nach Liebe und Zuneigung gesucht, erst bei meinen Eltern... dann bei anderen Menschen.
Aber so oft bin ich bitter enttäuscht worden...
Als ich dreizehn war...
jemand aus meiner Familie hat sich umgebracht.
Ich wurde missbraucht, als ich 12 Jahre alt war.
Ich wurde nie beschützt!
mich hat niemand in Schutz genommen. Als meine Eltern erfuhren, dass ich missbraucht worden bin von einem Menschen den sie kannten...sie haben mir nicht geglaubt.
Und ich durfte nicht darüber reden.
Meine Eltern sind nicht für mich da gewesen... Aber mein Wunsch nach Liebe und Zuneigung wuchs. Und inzwischen ist er so groß dass ich alles dafür tue, geliebt und beachtet zu werden!
Ich bin wie eine Blume, die jahrelang kein Wasser bekam und schrecklichen Durst nach Geborgenheit, Liebe, Aufmerksamkeit hat.
Ich wurde als Kind nie in den Arm genommen, heute brauche ich das noch viel mehr.
Ich bin immer auf der Suche nach einer Bezugsperson... nie finde ich aber was ich brauche, weil mir niemand so viel Zuneigung und Geborgenheit geben kann die ich mir wünsche.

Mit 16.
ich habe versucht, mir selbst Bestätigung zu holen.
Bestätigung. Nähe. Auch wenn sie eklig war.. ich sage es jetzt wie es ist.
Ich hab mich verkauft.
Es war nicht das Geld.
Heute hab ich damit aufgehört aber es geht mir immer noch so oft schlecht deswegen.
Auch hier hat mich niemand beschützt.
Nicht mal ich habe mich beschützt.
Ich bin so oft an die falschen Männern gekommen.
Vergewaltigt. Geschlagen, Missbraucht. Benutzt.. und ich dachte damals ich hab das alles verdient.
Bis ich dann vor einem Jahr den perfekten Menschen getroffen habe.
Ich hab eine Frau kennengelernt, sie ist so wie ich mir meine Mama immer gewünscht hätte.
Aber...
Sie ist die Mutter meiner Besten Freundin.
Was soll ich tun ich wünschte sie wäre meine Mama.
Inzwischen geht unser Verhältnis immer mehr kaputt.
meine beste Freundin distanziert sich.
Ihre Mutter sich von mir... und mir fällt es so schwer ohne sie weiter zu machen.
Niemand wird mir so viel Verständnis entgegenbringen wie sie.
Sie hat mich immer in den Arm genommen.
Ich brauche sie, ohne sie bin ich nichts.
Ich mache seit einem Jahr eine Therapie.
Aber seitdem ich meine "Ersatzmama" verloren habe, fehlt mir jeder Halt.
Ich esse in der letzten Zeit viel, und danach übergebe ich mich wieder und wieder.
Weil der volle Bauch wie eine Umarmung ist, zumindest für eine kurze Zeit...
Dann muss aber alles wieder raus.

Ich brauche jemanden, der mich manchmal in den Arm nimmt, mir zuhört, das Gefühl gibt, da zu sein, mich und meinen Schmerz zu verstehen.

Inzwischen ist meine Sehnsucht nach Liebe so groß geworden, dass ich alles dafür tue, Zuneigung zu bekommen.
Ich trage Verband obwohl ich keine Verletzungen habe,
Ich schlage mir selbst blaue Flecken.
Ich bringe mich absichtlich in Gefahr.
Ich denke daran, Abschiedsbriefe zu schreiben, um zu sehen wer mich wirklich liebt...
Auf einem Hochhaus zu stehen. Zu sehen, wer will dass ich nicht springe...
Wer kommen würde. Oder wer nicht kommen würde.
Ich hasse mich dafür.
Ich hasse mich für mich.
Manchmal glaube ich die Welt ist ohne mich besser dran.

Dana Anwort von Dana

Liebe Lea!

Dann hoffe ich mal, dass ich dir helfen kann. Ich habe dein Problem sehr genau gelesen und mir eine klare Meinung gebildet. Ich denke auch, dass ich damit richtig liegen könnte und hoffe sehr, dass du dich drauf einlässt.

Zuerst: ich kann es glücklicherweise nicht nachfühlen, wie es sein muss, sich ungeliebt und ungeschützt zu fühlen, denn das muss sehr, sehr schlimm sein. Ich kann es nicht nachfühlen, aber ich kann es verstehen. Gerade dann, wenn ein sehr großer Wunsch nach Behütet werden da ist, der einfach nicht erfüllt wird. Lea...ich habe sehr lange überlegt, wie man an dieses Problem heran treten sollte und ich denke, ich habe etwas gefunden, das dir vielleicht eine gewisse neue Einsicht in die Dinge bringt.

Ich glaube, dass deine Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit nur das Folgeproblem eines anderen Problems ist.
Lea, du liebst dich selbst nicht. Und das ist das Schlimmste, das ein Mensch sich selbst antun kann.

Das ist übrigens kein Vorwurf von mir an dich. Ich bin ganz auf deiner Seite und möchte versuchen, dich aus dieser Abwärtsspirale heraus zu ziehen. Ich gebe dir sehr gerne eine Hand. Allerdings wird diese Hand dir nichts nutzen, wenn du nur auf Reaktionen von außen wartest, deinen inneren Dialog aber total vernachlässigst.

Im Prinzip steckst du in einem Teufelskreis fest. Du hast keine Liebe bekommen, daher sehnst du dich danach. Allerdings hat dieser Liebesentzug in dir auch etwas zerbrochen, nämlich dein Selbstverständnis und dein Selbstwertgefühl. Tief in dir sitzt eine kleine Lea, die dir sagt: "Ich hab das sicher verdient, ich bin nichts wert und daher verdiene ich auch keine Liebe!"...somit kannst du dich selbst nicht lieben, suchst nach Bestätigung von außen, wählst in deiner Sehnsucht die falschen Menschen, wirst wieder maßlos enttäuscht und die "kleine Lea" in dir drin wird bestätigt. Das geht ja schon so weit, dass du gegen dich selbst gewalttätig wirst und Suizidgedanken hast, nur um jemanden zu zwingen, dir Aufmerksamkeit zu schenken.

Das eigentliche Problem ist nun, dass man niemanden von außen zwingen kann, den eigenen Teufelskreis zu durchbrechen. Das kann man nur aus sich selbst heraus. Solange du dich nicht selbst lieben und annehmen kannst, solange du mit dir selbst nicht im Reinen bist, wirst du das nach außen ausstrahlen und das schreckt Menschen meist stark ab oder zieht die falschen an. Man will nicht gezwungen werden, Liebe und Aufmerksamkeit zu geben, somit nimmt man eher Abstand. Du selbst hast ja schon festgestellt, dass die Menschen eher zurück schrecken oder es ausnutzen. Daher auch deine wirklich schlimmen Erfahrungen mit Alleingelassenwerden auf der einen Seite und sexuellem Missbrauch (mit der Prostitution sogar auch durch dich selbst initiiert) auf der anderen. Das tat mir echt in der Seele weh, als ich das gelesen habe.

ABER: Mitleid hilft dir nicht, es kann höchstens etwas Trost spenden. Du kannst den Teufelskreis nur durchschlagen, indem du dich von innen heraus umorientierst. Im Prinzip müsstest du dir selbst wieder neu vorgestellt werden. Hallo, Lea...das ist Lea...das Mädchen, das du nicht lieben konntest...und du müsstest anfangen, mit dir selbst zu arbeiten, damit du ins Lot kommst. Das Schöne daran ist meist, dass man sich selbst wieder neu kennen lernt und in sich selbst beginnt zu ruhen. Der Rest (die Sympathie und Liebe von anderen) kommt dann meist ganz von alleine, weil man gerne auf Menschen zu geht, die in sich ruhen und mit sich im Reinen sind. Menschen, die einen dauernd zwingen, Aufmerksamkeit zu schenken, werden auf Dauer lästig. Das mag jetzt furchtbar für dich klingen, aber es ist die Realität. Du kennst das doch sicher selbst, dass du lieber freiwillig etwas gibst, als zu etwas gezwungen zu werden. Daher klappt das auch nicht mit dem, was du so vorhast und ich bin sicher, dass deshalb auch das Verhältnis von deiner Freundin und ihrer Mutter zu dir immer mehr bröckelt. Man hält auf Dauer dieses "Festkrallen" an Aufmerksamkeit und Liebe kaum aus, das weiß ich aus Erfahrung. Es ist dann ein reiner Selbstschutz, wenn man sich distanziert.

Es ist schlimm, dass deine Eltern da so versagt haben, aber keiner weiß, warum es so war. Vielleicht hatten sie selbst eine schlimme Kindheit und konnten nicht anders? Haben es selbst nie gelernt? Andere Menschen anzuklagen, weil es einem selbst schlecht geht, ist zwar einfach...aber es löst das Problem nicht. Es verlagert es nur ein wenig.

Aufgrund dessen hätte ich einen Weg für dich, bei dem ich mir sicher bin, dass er fruchtet und du in ein paar Monaten schon Entspannung merkst.

Begib dich in Therapie. Du wirst das nicht alleine schaffen - musst es auch nicht.
Auch wenn du jetzt mit den Augen rollen und denken könntest: "Super...jetzt schiebt die mich zu nem Deppendoktor ab!!", so ist es absolut nicht.
Vielen Menschen ist nicht klar, was eine Therapie bewirken kann. Fachlich geschulte Personen können einfach eine perfekte Hilfestellung sein. Es gibt verschiedene Punkte, die du neu lernen oder sogar erstmal kennen lernen musst, damit dein Weg ein positiver wird, weg von den Zwängen und der Gewalt, die du dir selbst setzt.

Solche Punkte sind zum Beispiel (es gibt viel mehr!):
- Stärkung deiner Seele im Alltag (das sollte ganz vorne stehen)
- Aufarbeitung deiner Vergangenheit (warum war was wie?)
- Lösungsansätze
- Alltagshilfen (wie gehe ich mit allem um?)
- Arbeiten an deiner Selbstliebe (wie schaffe ich es, mit mir selbst ins Reine zu kommen?)
- Vergebung, ein wichtiger Punkt... (dir selbst, aber auch den Menschen vergeben, die dir übel mitgespielt haben)

Wenn du es schaffst zu lernen, wieder mehr "bei dir" zu sein und dich über dich selbst zu definieren und dazu niemanden anderen zu brauchen...dann wirst du merken, wie dein Leben in neue und gute Bahnen rutscht und wie plötzlich Menschen anders auf dich zugehen. Das heißt: du wirst es schaffen, dass Menschen dich schätzen und sogar lieben, aber NUR DANN, wenn du erst einmal diesen Punkt total ruhen lässt, ihn ausklammerst und dich auf dich selbst konzentrierst.

Das ist IRRE schwer. Wirklich. Es ist ein schwerer Weg, da du es auch nicht gewohnt bist, mit dir selbst zu arbeiten. Dein Fokus liegt momentan nur auf der Außenwelt und auf dem Agieren und Reagieren. Aber das muss sich ändern, Lea. Selbst wenn du deine Mitmenschen zwingst, sich unter ein Hochhaus zu stellen und zu dir hoch zu brüllen, dass du nicht springen sollst...wie ehrlich ist das? Bist du dir hinterher deiner selbst sicherer? Ich denke nicht.

Daher meine sehr dringende Bitte: such dir einen Therapeuten, eine Therapeutin, am besten mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie/Traumatherapie und begib dich in Behandlung. Sicher, ich kann dich dazu nicht zwingen, aber dadurch, dass du mich als deine Beraterin hier wolltest, gehe ich davon aus, dass du mir vielleicht ein wenig vertraust. Ich bin mir sicher, dass, wenn du meinem Ratschlag folgst und einer Therapie gegenüber offen bist, du wirklich Erfolge haben kannst und dein sehnlichster Wunsch in Erfüllung gehen kann. Momentan sehe ich dafür sonst schwarz, denn dein Verhaltensmuster ist hinderlich und nicht förderlich.

Was die Psychotherapeutenwahl angeht, ist es dein Recht, mehrere auszuprobieren. Du kannst dir einfach im Telefonbuch oder über Google in deiner Nähe welche raussuchen (schau nach Psychotherapeuten/Psychotherapie, NICHT nach Psychiatern oder Psychologen, die haben keine zusätzliche Beratungsausbildung oder kommen rein von der ärztlichen Seite). Probiere sie aus, geh zu einem Erstgespräch, das zahlt die Kasse. Am besten wäre es, wenn du vom Hausarzt eine Überweisung hättest, aber selbst das ist nicht nötig. Du kannst einfach hingehen und um ein Erstgespräch bitten. Da meist Wartezeiten vorherrschen, geh zu so vielen Therapeuten wie möglich und schau, wo es dir am besten gefällt und wo du Vertrauen fassen kannst. Nicht jeder Therapeut liegt einem. Es kann sein, dass du vier, fünf abklapperst und dir immer denkst "was für Idioten...", während der sechste oder die sechste dann genau passt, wie die Faust aufs Auge.

Lea, ich weiß, dass das schwer ist und Mut erfordert. Aber du siehst ja selbst, wie es dir jetzt geht und ich denke, du weißt auch, dass es so nicht weitergehen kann. Auch wenn du das selbst noch nicht siehst, bist du es WERT, dass dein Leben anders verläuft. Das kann es aber nur, wenn du selbst aktiv wirst und dir fachliche Hilfe suchst. Du suchst nach Liebe? Finde diese erst einmal in dir drin. Solange du diese Liebe verloren hast, ist es fast unmöglich, andere zu erhalten...hilf der kleinen Lea in dir drin...und alles wird sich mit der Zeit zum Guten wenden.

Ich würde mich freuen, wenn du zB in einem halben Jahr nochmals schreibst und mir erzählst, wie es dir ergangen ist, denn das interessiert mich. Und vielleicht hast du dann ja schon Positives zu berichten.

Dir erstmal alles Liebe, viel Mut, Durchhaltevermögen und viel Erfolg!
Ich glaube an dich.

Dana