Problem von Julian - 19 Jahre

Schwer zu sagen

Hallo....
Ich habe ein Problem, besser gesagt ein großes Problem. Es verfolgt mich bereits mein Leben lang, so scheint es mir jedenfalls. Vor einiger Zeit habe ich ein Mädchen kennengelernt bzw. eine junge Frau. Sie war mir direkt symphatisch. Mit der Zeit trafen wir uns und fanden zu einander. Anfangs wollten wir uns garnicht verlieben, aber das Leben denkt da anders. Denn das müssen Sie wissen, bin ich so etwas wie ein Schriftsteller. Ich schreibe Tag und Nacht. Sie war nur meine Testleserin und total begeistert von meinen Werken. Jedenfalls schrieb sie mich heute an und meinte sie wolle mich bloß als besten Freund. Ich sei für sie zu kompliziert. Ich trinke, rauche, hasse mich selbst und schreibe düstere Werke. Das hält sie nicht aus. Aber sie versteht nicht, wie sehr sie mich ändert. Nur durch sie fühle ich mich besser. Natürlich kann so eine Veränderung nicht von heute auf morgen kommen. Ich liebe sie so unendlich, dass die Worte selbst so unaussprechlich schwach klingen....

Ich weiß nicht mehr was ich tun soll. Sie ist die Einzige die mich versteht. Ohne sie funktioniere ich nicht. Jedes Wort, was ich auf's Papier tippe klingt fremd....

PaulG Anwort von PaulG

Grüße dich Julian!

Du bist wirklich ein Schriftsteller. Nur ein wahrer Schriftsteller hätte so etwas erleben können, es in genau der Weise erleben und wiedergeben, wie du es hier getan hast.

Sie ist deine Muse, stimmt's? Sie ist der Quell, der die Geschichten in deine Finger fließen lässt. Der Sonnenstrahl, der deine Gedanken wach kitzelt, sodass sie sich regen und ins Papier wollen. Das Gesicht, in dem du deine unbeschreiblichen Wünsche und Ideen wiederfindest, und auf einmal Worte für sie hast.

Und sie ist auch deine Liebe: Ihre Zuneigung verleitet deine Inspiration zu einem endlosen Fluss von Liebesgeschichten, aus dem Scherz und Leichtigkeit sprudeln, in dessen lichtloser Tiefe die Erotik brodelt und auf dessen Wellen sich ihr Lächeln, ihre Augen, ihre Glieder spiegeln. Jeder Satz, den du schreibst, ist einem Stück von ihr nachempfunden - und eine plötzliche Änderung in ihrem Verhalten, kann das freundliche Gewässer in einen reißenden Malstrom verwandeln.

Es gibt nur eine Antwort: Ergreife die Chance, die das Schicksal dir bietet - die Chance, große Kunst zu erschaffen! Keine große Literatur ohne das bebende, quälende, nach außen drängende Gefühl im Leben ihres Verfassers; angenehme, warmherzige, ebenso wie die düstere, pessismistische. Kein Werk ist komplett ohne eines von beiden, keine Biographie taugt zum Spiegel durch Jahrhunderte und Epochen, die nicht in Licht und Dunkelheit gleichermaßen schillert. Mach aus deiner Not eine Tugend; lass die Dunkelheit Gestalt in deinen Werken annehmen, ehe sie dir abhanden kommt. Lass sie fließen, fixiere sie, gib ihr Namen und Beschreibung; mache deine Muse zur Gestalt am Himmel der ewigen Liebe, der Literatur. Werde deiner Natur des Schriftstellers gerecht - lasse die Muse wirken, die dir geschenkt wurde; erkenne an, dass sie nicht ewig ein Lichtwesen bleiben, oder es nicht ständig sein kann, so sie dich berühmt machen soll. Sie ist dein Sonnenschein, sie ist auch Finsternis und Eisregen, sie ist die Rettung der Welt, das Ziel des Weges, aber eben auch der Abgrund, die Gefahr, die Verführung und der Schmerz. Anders kann es nicht sein. Was dir fremd erscheint, ist ein Teil deiner Arbeit, der jetzt getan werden will; was auch immer dir einfällt, gehe ihm nach - auswählen, verfeinern, daran feilen, kannst du noch immer.

Stelle dich in die Tradition, die an deine Tür geklopft hat - und tue damit gleichzeitg das Beste, um deine Gefühle zu verarbeiten. Schöpfe Stärke aus dem, was du am besten kannst, so dir nur ein Gefühl gegeben ist. Wandle deine Trauer in ein Kunstwerk, ein Stück von echter Qualität. Sei du selbst, lass alles werden, was in deine Feder, deine Tastatur will - wie gut, dass ich es jemandem raten kann, der keines Rates bedarf; der längst getan hat, wozu ihn seine Natur bestimmt hat. Der Literat weiß, wovon ich spreche. Nutze diese Kraft, sie wird dir helfen.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul