Problem von Anne - 13 Jahre

Mobbing! Vom Kindergarten bis heute! Was tun?

Es fing im Kindergarten an.
Da ich hellere Haut habe, wurde ich immer schon geärgert. Ja, am anfang war es nur ärgern, doch dann wurde es immer schlimmer.
In der Grundschule wurde ich dann auch wegen meiner Haut gemobbt.
Und, weil ich ab und zu etwas zuckte.
Was ich damals noch nicht wusste: ich litt an etwas sehr seltenem, dem Tourette-Syndrom.
Deshalb wurde ich auch immer geärgert.
Doch es war gerade noch erträglich.
In der 2. Klasse ging dann die Hölle los, als ein neuer Mädchen in die Klasse kam.
Sie hatte bald die ganze Klasse unter kontrolle.
Doch ich wollte mich nicht kontrollieren lassen und schlechte noten schreiben, weil sie die beste sein wollte.
So erkor sie mich zu ihrem Sündenbock aus.
Sie schlug mich auch mal.
Das war eine besonders schlimme Zeit.
Und ich konnte mich nicht wehren, weil mir immer gesagt wurde: "Geh zu den Betreuern, sie machen was. WEHR DICH NIEMALS SELBST!"
Doch die Betreuer (später Lehrer) taten auch nichts gegen das Mädchen.
So musste ich sie 3 Jahre lang ertragen.
Dann kam ich auf eine weiterführende Schule.
Ich dachte, der Horror wäre endlich vorbei, doch ich hatte mich getäuscht.
Ein Junge aus meiner alten Klasse kam mit in meine neue Klasse - und erzählte allen über mich, meine zuckungen und vieles mehr.
Nun war ich wieder Opfer.
Und dadurch, dass sie es speziell auf meine Tics abgesehen hatten, wurden die immer schlimmer und - es war ein Teufelskreis.
Ich traute mich kaum noch, in die Schule zu gehen.
Irgendwann hatte ich auch regelmäßig Weinkrämpfe, auch in der Schule und ohne Grund, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen.
Doch als ich in die 7. Klasse kam, wurde ein Traum wahr - dachte ich.
Der Junge, der mich am meisten geärgert hatte, blieb sitzen.
Doch dafür kam ein anderer Junge.
Alles wurde immer schlimmer.
Doch ich wurde immer weiter gemobbt und so ging ich nicht mehr aus mir heraus, sonder verschloss mich und ließ niemanden an mich heran.
Darum verstand mich niemand.
Und ich hörte auf, Gefühlsregungen zu zeigen, ich fraß alles nur noch in mich hinein.
Irgendwann dann, ich arbeitete gerade an einem Bild(die man so mit einem speziellen Schabmesser kratzen kann) war ich auf einmal so verzweifelt, dass ich das Messerchen nahm und mir einfach so, ohne Schmerzen, in den Daumen schnitt.
Ich hatte es extra gemacht, nicht ausversehen.
Das hat mich im nachhinein dann geschockt.
Ich habe es aber auch danach nur noch einmal gemacht, dann habe ich gemerkt, dass ich mit meiner Verzweiflung anders umgehen muss, sonst würde ich noch anfangen, mich ernsthaft zu ritzen.
Also habe ich angefangen, Gedichte zu schreiben und meine Gefühle zu malen.
Danach ging es mir immer besser.
Doch nicht lange, denn in der Schule ging der Horror wieder los.
Im 7. Schuljahr war ich sehr häufig krank, teils weil ich aus Angst Bauchschmerzen hatte, teils weil ich Schmerzen vorgespielt habe, um nicht in die Schule und mich dem Terror aussetzen zu müssen.
Im moment bin ich in der 8. Klasse.
Ich weiß nicht mehr weiter, ich klammere mich nur noch an der Hoffnung fest, dass ich alle meine Mobber in der 9. Klasse los bin, da ich wahrscheinlich auf den Gymnasialzweig gehe und sie nicht.
Doch ich habe Panik davor, dass das Mobbing weiter geht!!!
Was soll ich bloß machen???
Ich bin komplett fertig, ich kann nicht mehr.
Ich habe schon sehr oft über Selbstmord nachgedacht, doch dass ist keine Lösung, dass habe ich eingesehen.
Ich weiß einfach nicht mehr weiter.

Anwort von Sabine

Hallo Anne!

Du hast in Deiner Mail aufgezählt was alles passiert ist, wie Du Dich verhalten hast und wie Du erkannt hast, dass es nicht der richtige Weg ist und Du hast einen anderen Weg gewählt, der viel besser für Dich ist. Das höre ich gerne und ich bin stolz auf Dich, dass Du es erkannt hast.
Was die Mitschüler oder auch Mitmenschen betrifft, muß ich Dir Recht geben. Sie können manchmal grausam sein. Du solltest sie jedoch immer nur so dicht an Dich heranlassen, wie Du auch damit umgehen kannst. Es ist eine Art Machtkampf, der das ganze Leben irgendwo läuft und wenn die anderen spüren, dass sie Dich treffen können, dann machen sie oft weiter. Nur die wenigsten sehen ein, dass es verletzend ist. Du solltest versuchen stark zu sein, wenn solche Sprüche oder Dinge auf Dich einprasseln. Je weniger Du sie spüren lässt, dass es Dich trifft um so mehr werden sie die Lust daran verlieren sich mit solchen doofen Sprüchen auszutoben. Keine Reaktion, kein Spaß = sie hören damit auf. Lass es nicht zu, dass sie so dicht an Dich herankommen. Du mußt Dich dafür aber nicht verstecken. Du solltest Dich ihnen genau in den Weg stellen. Sie werden sich bestimmt erschrecken, dass es plötzlich anders läuft und mit dieser ungewohnten Situation können sie gewiss nicht umgehen. Aufgrund Deiner hellen Hautfarbe bist nicht anders. Du bist Du und wie du bist, bist Du toll. Andere Menschen wiederum beneiden Dich um Deine helle Haut. Was Deine Krankheit betrifft, scheinst Du es im Griff zu haben. Du erwähnst es minimal und ich gehe somit mal davon aus, dass Du es decken kannst oder unter Kontrolle hast.
Eine Krankheit zu haben ist nichts schlimmes. Sie zu verstecken kann anstrengend sein. Oft ist der andere, entgegengesetzte Weg der einfachere. Man soll sich akzeptieren wie man ist und diese Krankheit gehört nunmal zu Dir. Wenn Du Dich den anderen gegenüberstellst und offen darüber sprichst, dass Du diese Krankheit hast, dann werden sie Dich mit der Zeit auch akzeptieren können. Wir können es im Moment nicht ändern und diese Krankheit ist ein Teil Deines Lebens. Versuche es zu akzeptieren. Nur wenn Du Dich akzeptieren kannst, können die anderen Dich auch akzeptieren. Du solltest nicht davon laufen. Es kostet zwar oft mehr Kraft sich den Dingen zu stellen, aber es wird bald einfacher für Dich, wenn Du aufhörst Dich zu verstecken. Du bist Du und wie Du bist, bist Du einfach wunderbar. Ich mag Dich schon anhand Deiner Mail und ich finde, dann solltest Du Dich auch mögen können. :-)

Lieben Gruß