Anwort von PaulG

Lieber Anonymer,

weißt du, was paradox ist? Du bist so dienstfertig und freundlich, das ehrt dich. Aber wie sollst du etwas in den Griff bekommen, das sie bis aufs Blut bei dir provoziert?

Ich bin nicht ganz sicher, ob du es ernst meinst, wenn du schreibst, du hättest deine Eifersucht im Griff. Die Zeilen, die dir im Kopf umhergehen, werden sicher nicht nach sich ziehen, dass du sagst: "Ach, das war halt nicht ganz einfach für sie, das passt schon." Ich glaube viel eher, dass du im Grunde vor Wut kochst. Lass es kochen. Denn sie tröstet sich mit anderen Kerlen, während du dir den Kopf zerbrichst, wie du es ihr recht machen kannst. Sie, die anderen Jungs, nehmen sich was sie wollen. Du bist nicht der Typ, der sich einfach nimmt, das ist gut und recht. Aber dir wird auch nicht gegeben. Du wirst es ihr nicht recht machen können.

Erwartest du wirklich Klärung, wenn ihr euch trefft? Hast du wirklich den Eindruck, dass das eine realistische Hoffnung ist? Dass es dazu kommen wird? Oder wird sie dich weiter hinhalten, dich dazu bringen, dass du dich noch tiefer in deine Zweifel versenkst? Irgendwas läuft falsch. Du bist auf dem Holzweg, wenn du das mit dir machen lässt. Sie stört sich an deiner Eifersucht, aber sie bemüht sich nach Kräften, auch noch das letzte Bisschen Eifersucht in dir zum Kochen zu bringen. Ich sage dir nochmal, lass es kochen. Fühl dich im Recht. Ein "Ist schon okay, darf halt nur nicht wieder passieren", darfst du ihr nicht bieten. Stell ihr keinen weiteren Freiraum zur Verfügung. Geh nicht einfach über das hinweg, was sie dir angetan hat. Trau dich, zu sagen, was Sache ist: Nämlich, dass ihre Vorwürfe nichts sind gegen das, was du ihr vorzuwerfen hast. Und ich verspreche dir hiermit, genau das ist der Fall.

Was sie braucht, ist eine Ansage, was sie sich eigentlich einbildet. Entweder sie erkennt an, dass ihr euch beide aufeinander zu bewegen müsst. Dass sie aufhört, dich so zu treten, wie sie es in Wirklichkeit tut. Oder du bist ihr Freund gewesen, und zwar diesmal endgültig. Gestehe ihr nicht zu, mit dir zu spielen. Lass dich nicht zur zweiten Geige machen. Heuchle ihr nichts vor. Sie soll ja nicht denken, dass sie für dich die Einzige bleiben wird. Das ist nämlich der Unterschied zwischen euch: Sie wird sich trösten, wenn du sie morgen nicht mehr wollen würdest. Du wirst ihr nachtrauern. Und das spürt sie, das gibt ihr die Macht, die sie sich nimmt. Die Macht zu einem Rachefeldzug der Eifersucht, der ihre eigenen Wünsche absurd macht. Nur wenn du eine klare Linie fährst und sie forderst, dann kann die Sache ins Lot kommen. Aber das muss sie auch deutlich wissen. Ich glaube dir, dass sie dir wichtig ist, und du bereit bist, zu verzeihen. Ich glaube auch, dass sie dich gern hat und weiß, was sie an dir hat. Und genau da mag eine Wurzel des Problems liegen. Denn eigentlich, und das musst du zugeben, ist die Geschichte wirklich paradox. Hat sie wirklich gezeigt, dass sie dir gar keine Möglichkeit lassen will, deine Eifersucht annähernd in den Griff zu kriegen. Sie hat dir nicht "gestanden", sie hat dir einen Schlag versetzt. Deswegen musst du dich auch nicht entschuldigen.

Ich wünsche dir, dass du das Selbstvertrauen aufbringst, auch sie vor eine Wahl zu stellen. Dass du dahin kommst, auch dir ein Recht zu geben: Recht auf Ärger, auf Eifersucht, auf Gleichbehandlung. Ohne das geht es nicht. Trau dich, es zu fordern - andernfalls wirst du nicht nur sie, sondern auch dich selbst verlieren.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul