Problem von Anonym - 16 Jahre

Vater rastet aus und verliert die Kontrolle!

Guten Tag.
Ich habe ein Problem mit meinem Vater! Nämlich rastet er für jede kleinigkeit komplett aus und kann sich nicht mehr kontrollieren.
Heute ist mein Vater ausgerastet, weil ich um 23:30 Uhr noch Krafttraining betrieben habe (war eben ein langes Training) und hat mich am Telefon schon damit bedroht, dass er mir mein Gebiss herausschlagen würde, wenn ich nicht sofort schlafen gehen würde; daraufhin legte er auf. Ich habe natürlich auf ihn gehört und wollte nur noch schnell duschen gehen. Doch als ich unten ankam (2-stöckige Wohnung), hat er mich sofort abgefangen und moch herumgeschubst. Als er die flache Hand ausgeholt hat, ist meine Schwester sofort dazwischen gegangen und hat ihn zurück gehalten. Ich hatte schon meine Faust geballt, für den Fall, dass er mir oder meiner Schwester eine geben würde. Doch er schrie nur: Verpiss dich in dein Zimmer oder ich schlage dich kaputt. Um Ärger zu vermeiden, habe ich mich in mein Zimmer begeben. Von hier aus, muss ich mir jetzt anhören, wie er unten alles herumschmeist und Sachen zerstört (hoffentlich nicht unseren Fernseher - der hat richtig viel Geld gekostet). Meine Schwester ist jetzt herunter gegangen, um das zu klären.
Ich habe schon oft darüber nachgedacht, endlich in eine eigene Wohnung zu ziehen, damit dieser Warnsinn endlich aufhört, doch ich möchte nicht wieder in eine Klinik (damals wegen meiner Mutter, die, wegen zu vielem trinken, an Leberversagen gestorben ist). Ich hatte bisher echt kein einfaches Leben und mein Vater war anfangs eigentlich der, der mich wieder aus der Klinik rausgeholt hat und bei sich aufgenommen hat. Er ist eigentlich mit Abstand der beste Vater, den man nur haben kann, doch er hat ein großes Agressions-Problem!
Was soll ich tun? Kann ich mir, sofern mein Vater unterschreibt, eine eigene Wohnung holen? Das Geld dazu hat er jedenfalls! An wen muss ich mich dafür wenden? Ich wollte eigentlich meine Mittlere Reife und mein Abitur noch nachholen! Geht das dann überhaupt noch?
P.S.: Ich bin 16 Jahre alt und habe erstmal keine Lust, das Jugendamt einzuschalten!
Vielen Dank im Voraus!

Dana Anwort von Dana

Lieber Unbekannter,

ich habe mir dein Problem sehr aufmerksam durchgelesen und stelle fest, dass ich einen anderen Ansatz habe als pure Flucht in eine eigene Wohnung.

Nicht nur du hast deine Mutter verloren, auch dein Vater hat kein leichtes Leben gehabt mit einer alkoholkranken Frau, die er letztendlich auch verloren hat. Für mich klingt das Verhalten deines Vaters nach Überforderung. Arbeit, dann Familie, die er alleine groß ziehen muss, Einsamkeit...ich möchte dich daher eher auffordern, zusammen mit deiner Schwester zu schauen, wie ihr eure Familie wieder zu mehr Zusammenhalt kriegt und wie ihr euren Vater seelisch unterstützen könnt. Du kritisierst lediglich deinen Vater. Du siehst es als falsch an, dass er die Krise kriegt, dass du um halb zwölf noch trainierst. Du vermisst Freiheiten, du bist genervt. Klar, dass er Sachen rumschmeißt und dir droht, ist übel, aber es ist wahrscheinlich wirklich ein Ausdruck von Verzweiflung, Einsamkeit und Überforderung.

Mitgefühl sollte hier eher auf dem Programm stehen, als wieder neue Forderungen und dem Ziel, deinen Vater NOCH einsamer zu machen. Der Weg wäre: "wie kommen wir als Familie wieder zusammen? Was können WIR als Kinder tun, damit es unserem Dad wieder besser geht?" Verstehst du? Ich will hier deinen Vater nicht verteidigen. Drohungen und Schläge sind absolut daneben. Aber das ist nur die Folge von einem ganz anderen Problem und das gilt es zu beheben. Es sollte also nicht drum gehen, dass dein Vater genug Kohle hat, dir eine eigene Wohnung zu zahlen, es sollte vielmehr darum gehen, wie ihr wieder an einem Strang ziehen könnt. Es wird immer Probleme geben, aber es kann auch mehr Miteinander geben und die Probleme minimieren sich.

Jeder verarbeitet auf eine andere Weise. Du musstest damals in die Klinik, weil du den Tod deiner Mutter und alles drumrum nicht verkraftet hast, dein Vater ist wahrscheinlich immer noch innerlich wirklich bestürzt über alles, was damals so gewesen ist...und er bräuchte dringend Erholung, Ruhe und Verständnis.

Das Jugendamt ist dafür auch nicht nötig, aber es wäre zB eine Möglichkeit, mal bei ProFamilia anzufragen oder bei einer Erziehungsberatungsstelle. Die Beratungen sind kostenfrei und man bekommt unglaublich gut Hilfe. Du kannst dann alles fragen, kannst erfahren, welche Möglichkeiten es für euch/für dich gibt. Du kannst jedes Problem erklären und dir wird zugehört. Beide Stellen kannst du per Google finden, da stehen auch immer Adressen und Telefonnummern dabei. Einfach zB "Erziehungsberatung + deine Heimatstadt" eingeben und du wirst fündig. Wenn es keine in deiner Stadt gibt, weil du vielleicht eher dörflich wohnst, nimm die nächstgrößere.

Du bist alt genug, dich um deinen Weg zu kümmern. Hilfe ist dort gegeben und das Schöne ist: dir wird die Verantwortung zu einem guten Teil abgenommen und deine Fragen beantwortet.

Ich wünsche dir alles Gute und hoffe, dass du auch die Gegenseite einfach mal etwas mehr beleuchtest, bevor du dir überlegst auszuziehen.

Alles Liebe,

Dana