Problem von Nana - 23 Jahre

Panische Angst vor normalen Dingen

Ich weiß garnnicht so richtig wo ich anfangen soll, denn je weiter ich zurück gehe, desto mehr wird mir bewusst wie viel Zeit ich verplempert habe.
Meine Probleme haben schon in der Schulzeit angefangen, wenn ich nicht lernen konnte, weil mir jeder Blick auf den Stoff klar gemacht hab, was noch vor mir liegt. Das Abi habe ich dann auch eher schlecht als Recht bestanden.
Danach wollte ich ins Ausland, das war schon immer mein größter Traum, aber ich habe Monate gebraucht, bis ich es auf die Reihe bekommen habe, die verschiedenen Möglichkeiten über Auslandsaufenthalte rauszusuchen, weil ich immer Angst hatte auf Hürden zu stoßen, die meinen Traum kaputt machen.
Nach einem dreiviertel Jahr hab ich es dann in einer spontan endlich geschafft einen kurzfristigen Flug ans andere Ende der Welt zu buchen, ohne Rückflug und ohne Unterkunft. Das war mit Abstand die beste Zeit meines Lebens. Ich hatte keine Pflichten, bin umher gereist, habe mehrere Länder besucht und habe gemacht worauf ich Lust hatte. Der finanzielle Part kam zum größten Teil von meinen Eltern, die wahrscheinlich auch nur froh waren, dass ich endlich etwas auf die Reihe bekommen habe.
Zurück zuhause ging es dann wieder los. Ich wollte studieren, hab auch etwas angefangen in einer anderen Stadt in meiner eigenen Wohnung und es schien als ob ich endlich meinen Weg gehen könnte. Dann nach einem halben Jahr war es an der Zeit für die ersten Klausuren zu lernen. Ich war wochenlang wie gelähmt, habe mich nichtmal auf die Internetseite meiner Uni getraut, habe mich nicht getraut, Meine Emails durchzulesen, alles was mich an die Uni erinnert hat, habe ich konsequent ignoriert. Die Bibliotheken, die ganzen Menschen mit ihren Büchern, die lernen, die Stille im Raum, die Regeln die ich einzuhalten hatte, haben mich total in Panik versetzt. Ich habe ein paar mal versucht zu lernen, aber es ging nicht. Die Klausuren habe ich dann nicht mitgeschrieben, mir wurde alles zu viel und ich habe jedem erzählt, dass das Studium wohl doch nicht so mein Ding war, obwohl mich das Fach bis heute interessiert. Ich habe dann alles abgebrochen, ohne mich um etwas neues zu kümmern.

Momentan arbeite ich ein bisschen und „suche“ nach neuen Studienmöglichkeiten fürs nächste Wintersemester, aber selbst das fällt mir total schwer. Ich bekomme Heulkrämpfe wenn ich nur die Internetseite der Unis in meiner Stadt nach Studiengängen durchsuche. Ich muss mich richtig darauf vorbereiten, Tage vorher plane ich wie ich am besten suche. Ich hab schon soviel in meinem Leben geschafft, war auf mich alleine gestellt und habe alles gemeistert, aber sobald es um offizielle Dinge oder um meine Zukunft geht, dreh ich total durch. Ich verkrieche mich und lenk mich mit Freunden, Feiern und Arbeit ab, um ja nicht an Morgen denken zu müssen. Ich will meine Eltern nicht enttäuschen, obwohl sie mir immer sagen, dass das garnicht möglich ist. Ich will es allen beweisen, aber ich kann es ja noch nicht mal mir beweisen. Ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Ich bin so orientierungslos und ohne Plan. Da ist keine normale Angst mehr, das ist nackte Panik. Und ich schäme mich so sehr dafür.
Bitte helft mir.

Delia Anwort von Delia

Hallo Nana,

zuerst einmal: Du hast überhaupt keinen Grund dich für irgendetwas zu schämen! Natürlich erscheint dir deine Angst als irrational und als lächerlich, aber das ist sie nicht. Sie wird einen Grund haben, auch wenn dir dieser Grund noch nicht bewusst ist. Und es ist wichtig, dass du an diesem Problem arbeitest, denn so wie es jetzt ist kann es wohl kaum weiter gehen.

Schau mal, du bist bereits durch mehrere Länder gereist, hast eine eigene Wohnung und zumindest einen Nebenjob. Das ist für ein Alter von 23 Jahren doch gar nicht mal so wenig. Du hast also durchaus bereits einiges geschafft, auch wenn es dich verständlicherweise stört, dass du dein Studium auf Grund deiner Ängste nicht weiter führen konntest.
Ich denke du wirst alleine nicht wirklich aus diesem Vermeidungsverhalten herauskommen, vor allem weil es bereits seit langer Zeit besteht. An Universitäten gibt es für so etwas extra psychologische Beratung, du würdest dich wundern, wie viele Menschen ähnliche Probleme haben wie du. Das Ganze ist nicht so ungewöhnlich oder seltsam wie du vielleicht denkst.

Bis zu den Anmeldungen für das nächste Wintersemester hast du ja noch ein paar Monate Zeit. Diese Zeit solltest du nutzen um dich deinen Ängsten zu stellen, wenn du möchtest auch gerne mit professioneller Hilfe. Vielleicht würde es dir gut tun mal mit einem Therapeuten über deine Ängste zu reden und einfach mal alles raus zu lassen was dich so beschäftigt. Mit einem Psychologen könntest du deine Ängste ergründen und herausfinden was du dagegen machen kannst und welche Verhaltensweisen dir helfen können unangenehme Dinge nicht länger zu vermeiden. Wie du einen Therapeuten findest kannst du z.B. hier nachlesen: http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html
Du kannst aber auch jederzeit zum Hausarzt gehen und ihm von deinen Problemen berichten, oft leiten diese einen dann weiter bzw. sagen einem welche Möglichkeiten man hat.

Liebe Nana, bitte verkrieche dich nicht weiterhin und lass deine Ängste dich nicht kontrollieren. Du bist nicht schwach, du hast bereits eine Menge in deinem Leben erreicht, auch wenn du das selbst nicht so sehen kannst. Ich bin mir sicher, dass du auch dieses Problem in den Griff bekommen und wieder erfolgreich ein Studium aufnehmen kannst.

Ich wünsche dir alles Gute!