Problem von E - 13 Jahre

Suizid (bitte schnell beantworten)

Hallo ich bin E und seit 4 Jahren depressiv, gehe seit einem Jahr in Thearapie. Aber es geht mir immer schlechter. Ich ritze mich jeden Abend. Ich würde meinen Eltern so gern meine Probleme und Ängste anvertrauen, aber mein Vater sitzt den ganzen Tag nur vor dem PC und wenn ich meiner Mutter davon erzählen will, sagt sie immer, sie hätte ja auch Probleme und ich solle meine nicht so ernst nehmen. Ich bin meinen Eltern egal, bin schlecht in der Schule, sehe hässlich aus, habe kaum Freunde und hasse mich selbst dafür, dass ich mich nicht einfach anpassen kann. In der Grundschule wurde ich sehr stark gemobbt und schon damals war es allen egal. Weil keiner für mich da ist, ziehe ich mich immer weiter zurück. Ritzen ist das Einzige, das hilft. Ich sehe keinen Sinn im Weiterleben, ich habe keine Vergangenheit, keine Gegenwart und keine Zukunftsperspektive. Das habe ich meiner Therapeutin erzählt, sie es dann meiner Mutter. Die hat mich erst makl angeschrien, mich nicht ernst genommen, es Schauspielerei genannt. Sie denkt, ich will deswegewn nur Aufmerksamkeit. Also: Meine Therapeutin will mich in eine Klinik schicken und mit Drogen vollstopfen, meine Mutter nimmt mich nicht ernst und meint, sie würde gern die Familie verlassen und meinem Vater ist sowieso alles egal, so lange ihn niemand stört. Ich ritze mich weiter. Ich hasse mein Leben. Ich sehe keinen Ausweg. Meine Frage: Wie kann ich schnell und einfach an Tabletten oder andere Gifte kommen, mit denen ich mich schmerzlos umbrigen kann?
LG E

PaulG Anwort von PaulG

Liebe E,

meine Antwort an dich hat zwei Teile. Im ersten möchte ich dir sagen, was ich für gut halte, um deine Seelenqual in den Griff zu bekommen. Im zweiten würde ich gern ein paar Punkte ausführen, warum du meiner Meinung nach auf keinen Fall hässlich und hassenswert sein kannst.

Ich bin sehr erleichtert, dass du bereits eine Therapeutin hast, mit der du deine Probleme besprechen kannst. Du verdienst ein großes Lob, dass du mit ihr offen über all das geredet hast, was du auch uns geschrieben hast. Nachdem deine Eltern offenbar kein Verständnis für dich aufbringen - was sehr traurig ist - muss ich mich dem Plan deiner Therapeutin anschließen. Es wird dir vielleicht nicht gefallen, das hier von mir zu lesen. Das muss ich in Kauf nehmen. Ich mache mir große Sorgen um dich und habe Angst davor, du könntest versuchen, dir das Leben zu nehmen. Bitte, tu dir nichts an. Zieh es in Betracht, in eine Klinik zu gehen. Denn in deiner jetzigen Situation ist es der beste Weg.

Nur weil das so ist, heißt es aber noch lange nicht, dass du gefährlich, verrückt oder ein hoffnungsloser Fall wärst. Ganz im Gegenteil: Irgendwo unter der Schale schlummert ein goldener Kern. Ein junges Mädchen, die eigentlich ihr Leben genießen möchte, die Wünsche und Träume hat, und die genau weiß, dass sie genauso ein Recht auf Freunde und Anerkennung, Sicherheit und Liebe hat - wie alle Menschen. Du bist da keine Ausnahme. Du bist nicht der widerliche kleine Gnom, als der du dich siehst. Sondern ein Mensch, der denselben Wert hat wie alle, und der der Welt noch viel zu geben hat. Du hast schlimme Erfahrungen machen müssen, und das viele Leid hat dich zu dem Gedanken gebracht, dass alles vergebens sei. Das ist es aber nicht. Auf keinen Fall. Ich möchte dir gern Mut zusprechen, um den nicht einfachen, aber richtigen Weg zu gehen, und dich nicht aufzugeben.

Kliniken sind heute keine düsteren, traurigen Orte mehr, an denen Menschen gequält werden, die die Welt als unheilbar krank und widerlich ansieht. In Kliniken für psychisch Kranke sind schon berühmte Sänger und Sportler gewesen, Politiker und Menschen jeden Alters, aus den verschiedensten Verhältnissen: Erwachsene Mütter und Väter, erfolgreiche Manager, Angestellte und Schüler, Jugendliche wie du; wir leben in einer Zeit erbarmungslosen Drucks. Noch vor hundert Jahren war Depression und Selbstmordgedanken ein Thema, über das man nicht sprach. Aber es drängt sich immer mehr auf, und es ist keine Schande. Es steht nur dafür, dass man ein empfindsamer Mensch ist, der sich gern aufopfert, viel an andere denkt, und dabei seine persönliche Belastungsgrenze überschritten hat. Dazu gehörst auch du - es ist weder deine Schuld, noch ist es ein Stempel, der dich zu einem Monster macht. Du hast das Recht auf ein fröhliches Leben und alles, wovon du jetzt sagst, dass es dir nicht zusteht. All das kann dir gehören, es ist gar nicht so fern. Dafür solltest du jedoch die gebotene Hilfe in Anspruch nehmen.

Die Klinik hat zunächst die wichtige Aufgabe, ein wenig Abstand zwischen dich und all das zu bringen, das dich belastet: Die Schule und die Mitschüler, die Menschen und Plätze und Situationen, die dir weh tun - vielleicht auch von deiner Familie. Es soll einen Schutzraum für dich bilden, in dem du absolut sicher bist. Jemand wird dir zuhören, wann immer du es dir wünscht. Du wirst Möglichkeiten haben, dich zu beschäftigen, und ganz allmählich auf deine Rückkehr vorzubereiten. Ein bisschen ist es wie ein Ferienlager, wo man viele Dinge tut, die ins normale Leben nicht gehören. Ob es künstlerische Betätigung ist, Spiele in der Gruppe, Kochen und gemeinsame Abende - all das kannst du finden, und Leute, denen es ebenfalls nicht gut geht, um dich auszutauschen. Manches, das du erfährst, mag dich schockieren. Aber wenn du von Anfang an versuchst, die Hilfe anzunehmen - auch wenn es nicht gleich gelingt -, dann kann viel Gutes daraus entstehen. Die Klinik ist nicht als Gefängnis gedacht, sondern sie versucht deinem Alltag nahe zu kommen, damit du nicht alles völlig vergisst, und es dir fremd wird. So gibt es oft auch eine Klinikschule, wo du ein wenig von dem Stoff nacharbeiten kannst, den du verpasst. In dieser Schule gibt es aber weder Abfragen noch Klassenarbeiten - du stehst im Vordergrund, und wie du dich gerade fühlst. Die Therapie, die zu einem Aufenthalt in der Klinik genauso gehört, soll dir nach und nach vermitteln, was auch ich dir ein klein bisschen zeigen möchte: Dass du sehr wertvoll und liebenswert bist, und es schaffen kannst. Du wirst an die Wurzeln deiner Probleme rühren, es wird nicht einfach sein. Aber du wirst sie erkennen, und Methoden erlernen, um besser damit klar zu kommen. Und irgendwann kannst du in kleinen Schritten zurück kommen in das Leben, das dein eigentliches ist, und sich dir wiederschenkt. Dann kann sich vieles in der Familie gebessert haben, denn auch sie müssen dann an sich arbeiten. Diese Forderung an sie gehört auch unbedingt dazu, und dir wird die Angst genommen, dass man dich nicht schätzt und du nicht verstanden wirst. Sie müssen es; das werden sie zu hören bekommen. Hier geht es vor allem um dich - und diesen Abschnitt deines Lebensweges, der hoffentlich noch lange nicht zuende ist, wirst du sicher bewältigen. Es ist keine Schande, keine Peinlichkeit - auch wenn es sich manchmal so anfühlen kann. Denn dein Problem hat niemand lächerlich zu finden. Sie haben nicht die geringste Ahnung von der Last, die auf deinem Herzen liegt. Sie haben es niemals gespürt. Fasse Mut. Du bist ein toller Mensch, ein Mädchen mit Zukunft - es wird dir gelingen.

Was die Medikamente betrifft: Du hast nicht Unrecht - aber alle Medizinen sind irgendwie "Drogen", vergiss das nicht. Diese Medikamente werden dir nicht verabreicht, um dich zu betäuben, sondern um dich zu befähigen, wieder ein wenig klarer zu denken, und ein bisschen zur Ruhe zu kommen. Sie stellen dabei nichts ab, oder vergiften irgendetwas. Sie räumen die Ängste beiseite, die dich plagen. Aber das Ziel ist doch, dass du so bald wie möglich wieder ohne Medikamente sein kannst. Das Gute ist ja, dass jemand darüber wacht, und du keine Gefahr läufst, etwas Falsches oder zuviel davon zu bekommen. Du musst dir darum wirklich keine Sorgen machen. Ich verstehe dich - aber sei sicher: Was immer für Maßnahmen ergriffen werden, sie haben den Sinn dir zu helfen. Und du hast durchaus ein Mitspracherecht.

Und nun überlege: Glaubst du wirklich aus vollem Herzen, dass du wertlos und hässlich bist? Oder willst du mir nicht irgendwo - ganz tief in dir drin - zustimmen, wenn ich dir sage: Du hast Wert, und zwar einen sehr großen; du sollt am Leben bleiben? Es gibt keine größere Ungerechtigkeit, als wenn jemand weit vor seiner Zeit aus diesem Leben scheidet. Für das, was dir passiert ist, kannst du nichts; deswegen hast du umso mehr ein Recht auf Hilfe. Ich bitte dich, versuche nicht, dich zu töten - sondern geh auf den Vorschlag deiner Therapeutin ein. Du hilfst dir selbst am besten, wenn du dich bereit zeigst, dir helfen zu lassen. Es ist nicht einfach, und doch: Ein Teil von dir weiß doch noch, dass auch du Wünsche und Pläne hegst? Auch du träumst doch von der Liebe und dem Glück? Es ist nicht verloren! Du kannst alles haben, und du verdienst es auch - trau dich, danach zu greifen. Im Augenblick läufst du barfuß über einen Strand im Hochsommer, oder wühlst dich mit bloßen Händen durch eine Schneewehe. Aber der schattige Hain, oder die grüne Wiese, warten schon dahinter auf dich. Und zwar in diesem Leben, nicht im Tod. Ich verspreche dir, dass du wieder gesund und glücklich werden kannst, wenn du dich nicht aufgibst, und dir zutraust, zu kämpfen. Auch du bist schön, weil jeder Mensch schön ist. Wer dir bisher gesagt hat, du wärst hässlich, ist einfach nur eingebildet und kurzsichtig. Denn was er oder sie schön findet, finden viele andere nicht schön. Und die, die es fertig bringen, andere Leute als "hässlich", als "dumm" und "ekelhaft" zu beschimpfen, die haben solche Wörter selbst nie zu hören bekommen. Aber eines Tages wird es soweit sein, dass sie enttäuscht und verletzt und allein gelassen werden. Dann wird niemand von denen, die sie jetzt bewundern, noch bei ihnen sein. Aber dich muss das dann nicht kümmern. Gib nichts auf die gedankenlosen Sätze von Arroganten und Widerlingen, die dich als Person nicht achten. Sie würden es bei niemandem tun, wenn es ihnen gerade in den Kram passt. Du bist du, auch du siehst gut aus - es gibt nichts Hässliches, nur die Natur. Und das wird dir nicht nur von mir gesagt werden. Denn du bist sehr schön - und ich weiß es, weil die Dinge zutreffen, die ich dir eben geschildert habe.

Und das Letzte sage ich auch nicht einfach so. Ich vertraue auf deine Stärke, und dass du anerkennen kannst, eines Tages, dass du liebenswert bist, und das Leben dein Teil. Lass es nicht los, bitte - es wäre zu entsetzlich. Ein Verlust für diese Welt. Viele Menschen stehen noch an deinem Weg, die auf dich warten, damit du ihnen das Eine oder Andere mitgibst, für kurz, für lange. Ein schillerndes, blühendes Leben, ein Spaziergang durch Gärten und Schneefelder - aber das Ende ist noch nicht heute. Es ist in weiter Ferne, und das Letze, was dich bekümmern sollte. Ich wünsche dir sehr, dass du es sehen und wieder freier atmen kannst.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul