Problem von Charlott (Lotti) - 15 Jahre

Ich habe Angst und Vertraue niemandem mehr. Bitte helft mir

Hallo Paul
Danke für deine Antwort
Schade das Dana keine Zeit hatte, aber ich habe mich trotzdem sehr gefreut.
Bei mir hat sich einiges geändert obwohl es noch nicht lang her ist, und ich hoffe du bzw. ihr hättet nochmal kurz Zeit für mich.

Ich wollte mich mit meinem Freund aussprechen aber er hat jeden Kontakt zu mir abgebrochen und will nicht mehr mit mir reden.
Ich bin an allem schuld und hab einfach alles kaputt gemacht.
Mila und Mats sind immer noch meine Goldschätze, aber ich hab Angst noch hin zu gehen, aber ich mach es für die zwei.
Ich hab sehr viele blaue Flecken von meinem Vater und werde auch oft von Lehrern angesprochen, aber ich finde es peinlich und traue mich nicht etwas zu sagen.
Meine Mutter kümmert sich kaum noch um mich, sondern nur noch um ihren Freund.
Ich bin immer allein und hab einfach alles verloren was mir wichtig war und daran bin allein ich schuld.
Ich kann einfach nicht mehr.
Ich bin für nichts mehr zu gebrauchen und will einfach nur weg.
Mich würde kein Mensch vermissen.
Ich hab alles verloren.
Ich vermiss meinen Freund so, hab aber alles versucht.
Ich bin so bescheuert, dass alles hab ich mir zu verdanken und ich weis echt nicht wie mein Leben jetzt noch weiter gehen soll.

Ich hoffe ihr versteht mich und habt kurz Zeit.
Ich kann einfach nicht mehr.
Ich hoffe ihr könntet es beantworten.
LG Charlott (Lotti)

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Charlott,

danke für das Kompliment - ich freue mich, wenn ich dir ein wenig Trost geben konnte. So zuversichtlich klingst du ja ganz und gar nicht. Das ist begreiflich - aber trotzdem: Deine Situation ist nicht ohne Ausweg. Soll es einen geben, verlangt er jedoch deinen ganzen Mut. Ich kann es nachvollziehen, wenn es dir schwer fällt, deinen Schmerz und deine Angst zu teilen. Soll es aber besser werden, führt kein Weg daran vorbei.

Im Grunde erkennst du selbst, was jetzt die richtigen Schritte wären. Ich begrüße es sehr, dass du das gemerkt und dir eingestanden hast, dass du es noch nicht über dich bringst. Dich unter Druck setzen möchte ich nicht - aber wo du eine erste Möglichkeit siehst, dir Erleichterung zu verschaffen, solltest du zugreifen. Das wären in deinem Fall deine Lehrer, die dich ansprechen. Was sich weiter ergibt, weiß man jetzt noch nicht - etwas Schlechtes kann es nicht sein. Für dich ist es nicht nur eine Mutprobe, sondern auch eine Gelegenheit, die Karten auf den Tisch zu legen. Das bedeutet, lass nichts aus, oder spiel etwas herunter, aus Angst vor den Konsequenzen. Oder möchtest du zwischen den Fragen derer, die sich um dich sorgen, und den Schlägen deines Vaters aufgerieben werden? Du sagst jetzt vielleicht: Warum denn nicht, mich vermisst doch eh keiner! Aber Charlott, keineswegs. Natürlich würdest du vermisst. Das ist ja das Trickreiche: Gib dir die Möglichkeit, noch diejenigen kennen zu lernen, die noch etwas von dir bekommen müssen, und die du jetzt vielleicht noch nicht kennst. Im Übrigen: Kannst du in die Köpfe deiner Mitschüler sehen? Kannst du aufkeimende Sympathie, heimliche Liebe, nagende Sorgen wirklich in ihren Gesichtern lesen? Du meinst Verachtung zu sehen - die vermutlich gar nicht da ist. Dein Schmerz trübt deine Sicht, das darfst du nicht vergessen. Und wenn ich das schreibe, will ich dich nicht für unmündig erklären; vielmehr bist du die Einzige, die den Schleier soweit heben kann, dass ein wenig Sonne herein fällt. Und dann immer mehr. Wenn du das aber nicht tust, wird der Rauch dicker und dichter werden, und die Welt wird dich verlieren. Nicht, weil sie dich abgeschrieben hat - sondern weil du dich unter Wert verkaufst. Das finde ich schade. Ich habe Vertrauen in dich, dass du es schaffst; aber auch der längste Weg fängt mit dem ersten, zaghaften Schritt an.

Warum dein Freund nichts mehr mit dir zu tun haben will, kann ich nicht sagen. Es tut mir leid, aber du hilfst dir nicht, wenn du das als Beweis heranziehst, warum du unwert sein sollst, zu leben. Möglicherweise war sein Schmerz einfach zu groß, trägt er zuviel Enttäuschung und Unsicherheit mit sich herum, um sich wirklich auf einen Neuanfang einzulassen. Aber das hat dann weder etwas mit dir als Person zu tun - seine Reaktion ist eben so beschaffen -, noch bedeutet es, dass ihm an eurer Zeit zu zweit nichts liegt. Eher das Gegenteil: Denn wenn die Trennung von dir ihn zu so radikalen Schritten zwingt, beweist das ja wohl, dass du ihm sehr wichtig warst. Er kann so wenig Nähe vertragen - nämlich gar keine - weil er zu sehr darunter leidet. Man sieht überdeutlich, dass er dich sehr gemocht hat und immer noch mag. Und weil das so ist, wagt er es nicht, mit dir in Kontakt zu sein - weil es den Schmerz zu sehr aufwühlt. Das wäre nicht so, wenn er dich kaum geliebt hätte, oder ein schlichter Charakter wäre. Das ist er aber nicht - also gibt ihm Zeit. Noch ist nichts verloren, wenn du ein wenig Geduld zeigst, wer kann das schon wissen...? Aber auch wenn er nicht zu dir zurück will, haben wir doch gesehen, dass jemand dich sehr wohl heftig lieben und vermissen kann. Und du wolltest mir weismachen, niemand würde dir nachtrauern? Auch und gerade dein Freund wäre sehr niedergeschlagen, wenn er das mitbekäme.

Ich bleibe dabei: Du bist es wert! Aber um in den Genuss des Lichtes zu kommen, musst du dich trauen, den Vorhang zu lüften! Kannst du das? Ich bin sicher, du kannst. Denk darüber nach: Was hast du zu verlieren? Nichts, du hast das Licht zu gewinnen. Und das ist das Leben, nicht der Tod. Die Finsternis darf dich noch nicht haben - darum lass nicht zu, dass sie zuviel Raum gewinnt. Sprich über alles, und der Stein wird ins Rollen kommen. Was meinst du - wäre das nicht schön?

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul

Hier ist noch ein Link zu deiner ersten Zuschrift:

http://mein-kummerkasten.de/315671/Ich-habe-Angst-und-Vertraue-niemandem-mehr-Bitte-helft-mir.html