Problem von Anonym - 30 Jahre

Tod meines Opas

Vor ca. 24h ist mein Opa gestorben. Er war schwer krank und hat sich zum Ende glaube ich nur noch gequält.
Doch irgendwie weiß ich gar nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich bin einerseits sehr traurig, andererseits aber auch etwas "erleichtert", da er nun nicht mehr leiden muss.
Ich bin gerade auf Arbeit und erledige meine Arbeit, aber irgendwie fühle ich mich nicht gut dabei. Es kommt mir so vor, als wäre ich vollkommen kalt und gehe einfach zur Tagesroutine über, aber so ist es nicht. Denke immer zu an ihn.
Aber man kann doch nciht einfach zur Tagesroutine übergehen und sagen "ist jetzt so, weiter geht es".

Irgendwie bin ih völlig verwirrt.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du,

so ein Abschied stellt den Menschen immer wieder vor eine enorme Herausforderung - ich begreife, dass du ambivalente Gefühle hast. Ich glaube aber, dass es vielen Trauernden so geht, vor allem dann, wenn der/die Verstorbene zuletzt sehr gelitten hat. Dass da auch Erleichterung mit hinein spielt, empfinde ich persönlich einfach als menschlich - und nicht nur aus dem Grund, weil man auf sich selbst bezogen erleichtert ist, sondern auch bezüglich des Toten. Schließlich weiß man, dass er oder sie wahrlich erlöst wurde - von starken Schmerzen und LebensUNlust etwa. Das ist in meinen Augen kein egoistisches Motiv, ganz im Gegenteil! Es besteht sicherlich ein nicht zu verachtender Unterschied zwischen einem Tod, der plötzlich und unerwartet für die Angehörigen kommt oder dem Tod nach (längerem) Siechtum, das sich in krassen Fällen über Monate oder Jahre hinzieht.

Mittlerweile sind zwei Wochen seit deiner Schilderung verstrichen. Eventuell empfindest du mittlerweile anders bzw. kannst deine Gefühlsverwirrung besser einordnen.
Ich möchte dir (trotzdem) schreiben, dass ich dich darin bestärken will, dir nicht selbst ein schlechtes Gewissen einzureden. Das Leben geht zwar weiter, du gehst arbeiten, erledigst deine Pflichtaufgaben, gönnst dir mitunter etwas, verkriechst dich vielleicht nicht - das ist alles in Ordnung. Was zählt, ist dass du mit deinem Herzen, in deinen Gedanken bei deinem Opa bist. Und selbst wenn du nicht permanent an ihn denkst - wichtig ist doch, dass deine Seele noch mit ihm verbunden ist. Und wie das im Einzelnen aussieht, dafür gibt es zum Glück keine Vorschriften. Fühle dich frei, deine Trauer so anzunehmen und zu gestalten, wie sie sich bei dir zeigt. Das kann bedeuten, dass dich die schmerzende Gewissheit seines Todes beim Arbeiten überfällt und du deswegen kurz innehalten musst. Oder du in gemütlicher Runde deinen Freunden von deinem Opa erzählst. Das können durchaus schöne, wärmende Momente sein, in denen man einfach froh ist, diesen geliebten Menschen für einen gewissen Lebensabschnitt bei sich gehabt und von ihm begleitet worden zu sein. Bestimmt gibt es einige erinnernswerte Episoden aus deiner Kinder - und Jugendzeit, in der dein Opa prägend auf dich gewirkt hat. Es lohnt sich, dass du dich ganz gezielt erinnerst und dir Fragen stellst: Was habt ihr besonders häufig zusammen unternommen? Was zeichnete seinen Charakter aus?

Trauer vergeht auch nicht einfach nach einer vorgegebenen Zeit. Lass dich nicht von außen beirren, wenn du länger daran zu knabbern hast, als es dir Außenstehende zugestehen würden. Jeder trauert anders und das ist gut so.

Nuala