Anwort von Delia

Hallo liebe Anonyme,

ich finde es sehr schade, dass du so schlechte Erfahrungen machen musstest und dich in deiner Familie so unwohl fühlst. Daher ist es absolut verständlich, dass du auf Grund deiner eigenen Erfahrungen dem Thema "Regenbogenfamilie" negativ gegenüber eingestellt bist. Allerdings bin ich der Meinung, dass man deine Probleme nicht verallgemeinern, also nicht auf alle homosexuellen Eltern beziehen kann. Während ich deinen Text gelesen habe, kam mir der Gedanke, dass man deine Erfahrungen in zwei verschiedene Kategorien aufteilen kann:

1. Das Mobbing in der Schule und die Scham in der Öffentlichkeit
2. Die wechselnden Partnerschaften deiner Mutter und dass du dich von einem zum anderen "geschleppt" fühlst

Zu 1: Es ist wirklich nicht schön, gemobbt zu werden oder sich schämen zu müssen. Aber du wirst höchstwahrscheinlich nicht gemobbt weil deine Mutter lesbisch ist, sondern weil an deiner Familie irgendetwas anders ist und deine Mitschüler davon ausgehen, dass sie dich damit verletzen können. Es werden auch ständig Menschen gemobbt, die keine homosexuellen Eltern haben, nur weil sie etwas dicker sind, eine Brille tragen, sich keine Markenklamotten und teure Handys leisten können, weil sie sich in jemandem verliebt haben und das öffentlich wurde, weil sie ungewöhnliche Musik hören, weil sie nicht fröhlich genug sind oder aus sonst was für unsinnigen Gründen. Ich weiß, das hilft dir in deiner Situation auch nicht weiter. Du merkst nur, dass du wegen deiner Mutter gemobbt wirst und gibst daher ihr die Schuld daran. Das ist auch verständlich, aber ich möchte, dass du verstehst, dass die Sexualität deiner Mutter nur ein möglicher Faktor für das Mobbing ist und dass ihre Sexualität nicht das eigentliche Problem ist sondern viel mehr die Reaktion anderer Menschen darauf. Du schämst dich nicht an sich weil deine Mutter lesbisch ist sondern weil andere Menschen euch anschauen und eure Familie verurteilen und du dich daher nicht wohlfühlen kannst.
Würde sich jeder mal um seine eigenen Angelegenheiten kümmern und nicht versuchen anderen Menschen einzureden wen sie lieben dürfen und was angeblich normal ist wäre vieles einfacher. Aber leider funktioniert unsere Gesellschaft nicht auf diese Weise und dir gegenüber ist es unfair, dass du unter den Entscheidungen und dem Verhalten deiner Mutter leiden musst.

Zu 2: Dass du diese Erfahrung gemacht hast ist wirklich nicht schön, aber auch hier stellt sich die Frage was der eigentliche Grund für dein Problem ist. Hat deine Mutter nur wechselnde Partnerschaften weil sie homosexuell ist oder liegt es viel mehr an ihrem persönlichen Verhalten? Würde sie sich anders verhalten wenn sie heterosexuell wäre? Genau kann das natürlich niemand wissen, aber ich bezweifle, dass deine Mutter sich anders verhalten würde wenn sie sich von Männern statt von Frauen angezogen fühlen würde. Es gibt Lesben die gerne die Partnerinnen wechseln und sich nicht festlegen möchten und es gibt Lesben die heiraten und eine Familie gründen möchten. Genauso wie es bei heterosexuellen Menschen der Fall ist.
Die Sexualität macht einen nicht zu einem besseren oder schlechteren Menschen und der Homosexualität die Schuld zu geben ist sinnlos.

Am Ende stellt sich also die Frage: Verursacht wirklich die Homosexualität deiner Mutter die Probleme oder sind es nicht viel mehr die Reaktionen der Umwelt und das individuelle Verhalten deiner Mutter?

Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute und hoffe, dass du deinen eigenen Weg finden wirst!