Problem von Laura - 13 Jahre

Mein Leben ist kaputt, wie kann ich es wieder aufbauen?! Keinen Sinn zu Leben.

Mein Problem ist, dass ich einfach den Grund in Leben nicht sehe. Ich meine Warum sollte man Leben wen es nichts zu Leben gibt?
Außenstehende Personen nennen mein Leben "Perfekt". Ich habe eine intakte Familie, viele und auch sehr gute freunde, einen Bruder der mich Liebt, ein vernünftiges Haus, genug Geld und auch Nahrung, eine gute Schule sowie Klamotten... Doch das negative überwiegt, ich bin viel zu übergewichtig, finde mich selbst nicht schön, habe mehrere Krankheiten (Blut Armut, Eisen mangle und eine gen Mutation) und zerstöre meinen Körper wie ich nur kann mit Ritzen, Schlafmangel, alle Faktoren wie man nur irgendwie Krebs bekommt (Haut bemalen, Deo mit Aluminium, sonstige Wunden e.t.c) und wen ich die Möglichkeit habe trinke ich Alkohol und Rauche...
Ich war als meine Oma verstorben war beim Psychologen und auch als meine Mutter fast starb und ich sie sozusagen gerettet habe... Allerdings half dies nicht und seitdem habe ich auch eine gewisse Angst vor Psychologen. Meine Cousine die mir wirklich nahe stand und mit der ich immer jede Sommerferien verbracht habe Beleidigt mich wo sie nur kann, als "schlampe" und sonstiges, generell ist das ein ständiger Streit.
Einer meiner Besten Kumpels meinte ich habe mich verändert und wär nur noch Zickig, er entfernt sich immer mehr von mir, hält auch nicht mehr zu mir wen irgendjemand mit Droht. Aber er hat nie gefragt warum ich mich verändert habe. Meine beste Freundin hat mich mit einem Messer angegriffen, versucht mir mein Leben kaputt zu machen und hasst mich nur weil ich ihre Liebe nicht erwidere (Ich war mal ca. 1 Jahr lesbisch, ich hatte auch eine Freundin). Bis vor kurzen hatte ich ebenfalls noch einen Freund doch er hatte mich Betrogen, ich habe ihm dies jedoch verziehen. Aber nach einer Woche stand er vor meiner Türe und meinte ich wäre Krank, weil ich mich ritzte und Dan ist er gegangen und seitdem ist Schluss.
Meine beste Freundin der ich alles erzählt hatte hat mit ihrer Fernbeziehung und ihren Problemen Selbst überfordert und ritzt sich ebenfalls, deswegen erzähle ich ihr nichts mehr weil ich sie nicht mit meinen Problemen noch belasten.
Mein Bruder zieht bald mit seiner Freundin aus und ich habe Angst ihn zu verlieren er ist mir so wichtig geworden.
Meine Eltern will ich nichts erzählen, daher das sie mir als ich mich früher geritzt habe, und mich ihnen anvertraut habe, gesagt haben das wen ich das nochmal tun sollte sie mich zum Psychologe bringen oder in 'ne Klinik schicken würden.
Ich habe auch eine riesige Angst davor das meine Oma und Opa sterben den ich Liebe sie über alles und sie reden in letzter zeit oft von ihren tot, seitdem habe ich auch Angst davor Leute die ich Liebe zu verirren. Egal wie nahe sie mir stehen, ich habe Verlierrungsängste.
In der Grundschule wurde ich gemobbt und ich wurde früher von einem Roten Auto fast vergewaltigt, habe ich nie jemanden gesagt. Seitdem habe ich Angst vor Roten Autos.
Ich habe mich 4 mal Versucht Selbst umzubringen...
Ich habe schon oft nach Hilfe geschrien aber nie Hilfe bekommen, ein paar Leute aus meiner Klasse wissen das ich mich ritze, aber auch sie tun nichts dagegen und lassen mich machen.
Ich bin allen egal und sehe auch keine Lösung für mein Problem oder generell mein ganzes Leben, außer den Tot.

Einer meiner letzten Hoffnungen ist jetzt in dieser Kummerkasten!
-_Laura_-

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Laura,

wie würdest du wollen, dass es für dich weitergeht? Wie sollte eine ideale Hilfe aussehen, wenn du entscheiden könntest?

Es ist wichtig, dass du für dich diese Frage beantwortest. Am Anfang deines Textes hast du die Dinge aufgezählt, die in deinem Leben positiv sind - und beweist damit eine große Fähigkeit zur Selbsteinschätzung, und Realitätssinn. Wundert es dich, dass deine Eltern sich Sorgen machen, wenn du dich ritzt? Ich habe den Eindruck, einem Teil von dir ist irgendwie alles egal geworden. Aber der andere Teil klammert sich mit Macht ans Leben und wünscht sich, alles würde besser. Wie soll das aber klappen, wenn beide Teile auseinander streben?

Es ist nicht deine Schuld, dass du all diese schrecklichen Erlebnisse hattest. Und ich kann nachvollziehen, dass sie dich nach wie vor quälen. Allerdings muss dir bewusst sein: Leid gehört zum Leben, doch es ist kein Schicksal. Und ich glaube, irgendwie hast du das schon lange erkannt. Warum zögerst du? Weil der Weg aus dem Leid selbst schmerzhaft ist? Eine Therapie und ein Aufenthalt in der Klinik sind nicht unbedingt toll. Aber es sind die Mittel, die du ergreifen solltest, wenn es dir besser gehen soll. Du wünschst dir doch Hilfe, oder habe ich das falsch gelesen? Dann ist das Gute, dass du weißt, wo sie zu finden ist. Es ist nicht leicht. Aber nur so kannst du dir selbst die Augen öffnen, dass du nicht hässlich bist, nicht von aller Welt verlassen, nicht ungeliebt - sondern vielmehr hübsch und liebenswert. Du empfindest dich selbst als hässlich. Möchtest du hässlich sein? Soll das dein Schicksal sein? Das muss es nicht. Deine Hässlichkeit ist nicht real, sondern Teil des Bildes, das du von dir selbst hast. Und das Verhalten deiner Mitschüler scheint es zu bestätigen. Dir scheint es als die logische Folge, weil du ja so ein schwarzer Schwan wärst. Hör doch lieber auf, dich zu deinem eigenen Schaden zu beschwindeln: Wie würde es auf dich wirken, wenn ein Mädchen, die mal lebensfroh und offen war, auf einmal schweigsam wird, sich in die Arme schneidet, sich die Haut bemalt, blass und mit Augenringen umher geht? Dein Freund sagte außerdem, du seist zickig. Das heißt nicht, dass du es grundsätzlich bist. Jeder ist mal zickig. Aber erwartest du ernsthaft von dir, bei allem, was du dir selbst antust, fröhlich und lachend durchs Leben zu gehen? Du hast deine Probleme nicht verschuldet. Doch so wenig du es glauben magst: Du hast es zu einem guten Teil in der Hand, ob sie erhalten bleiben. Es scheint dir nicht so. Das ist verständlich. Aber es wird dich nicht weiterbringen, dich selbst zu zerstören. Du möchtest und sollst leben, doch keiner kann dir abnehmen, zu tun, was dazugehört.

Wie kannst du von dir erwarten, dich schön zu finden, wenn du alles tust, um zum Wrack zu werden?

Wie kannst du von dir erwarten, dass du offen bist und freudig, wenn du selbst schon erwartest, dass alle dich hässlich finden und ablehnen?

Welche Hilfe stellst du dir vor - wenn nicht eine, die dich endlich dazu bewegt, dir deine Ablehnung deiner selbst nicht zu glauben?

Es fängt bei dir an, Laura. Triff die Entscheidung: Ich will leben! Ich will, ich, Paul, wünsche mir, dass du dein Leben behältst, dass du glücklich wirst. Aber das, was du selbst tust, um der Dunkelheit zu widersprechen, und die Menge der Dunkelheit um dich herum, das hängt zusammen. Es ist unmöglich, sich zu mögen, wenn man von allen erwartet, dass sie einen nicht mögen. Diese allen tun sich schwer, einen zu mögen, wenn sie merken, dass man auf jede denkbare Weise ausdrückt, wie wenig man sich selbst gern hat. Merkst du was? Das ist ein Kreislauf im Gange. Deine Mitschüler haben nicht unbedingt was gegen dich. Aber sie sind hilflos, solange du hilflos bist. Das ist menschlich. Sie merken deine Zerrissenheit zwischen Tod und Leben. Solange sie nicht wissen, ob du Leben erwartest, sind sie unschlüssig. Du glaubst, dass es Tod ist, was du empfängst. Aber es ist nur der Teil von dir, der dem Dunkel zugeht, der dich das glauben lässt. Du kannst ihn besiegen und diesen Teil von dir wieder ins Licht führen. Jedoch, dafür musst du Ja sagen zum Licht. Und bereit sein, das Dunkel abzuschütteln. Es wird nicht wollen, es wird sich an dich klammern, es wird beißen - aber am Ende wird es unterliegen. Wenn du das möchtest.

Der Tod ist ein Teil des Lebens. Immer gewesen. Für uns alle kommt die Zeit, und niemand bringt sie uns zurück. Aber deine ist noch nicht gekommen. Dein Bruder, deine Großeltern, deine Freundin - was passiert, weißt du nie. Verlustangst ist etwas sehr Begreifbares, wenn einem jemand sehr nahesteht. Aber mach dir bewusst: Kein Tag ist wie der vorige. Dein Bruder wird nie aufhören, dein Bruder zu sein. Aber möglicherweise wird er in naher Zukunft viel zu tun haben, wird euer Verhältnis anders werden, nicht schlechter, aber weniger durchgängig. So ist das Leben. Es heißt nicht, dass er dir genommen wird, es heißt, dass die Zeit vergeht. Und wenn du möchtest, kann man sie in die Hand nehmen. Das garantiert dir noch nicht, dass alles bleibt wie es ist. Aber immerhin kannst du erreichen, dass es nicht schlimmer wird. Welchen Grund sollte dein Bruder finden, sich von dir los zu sagen? Sei ihm so nahe, wie es geht, aber akzeptiere es auch, wenn er mit der Zeit geht. Nach seinem Auszug tut sich so unheimlich viel. Es ist kein Verlust von ihm, es ist ein Verlust der Zeit, die ihr hattet. Ähnlich ist es mit deinen Großeltern. Sie sind alt, und vielleicht ist ihr Ende nicht mehr sehr fern, das ist wahr. Aber wie möchtest du deinen Großeltern in Erinnerung bleiben? Fändest du es nützlich, wenn sie ewig leben würden, wenn du ewig so bleiben würdest, wie du jetzt bist? Oder gehört dein Schmerz zu etwas Anderem? Fürchtest du eigentlich, dass sie sterben könnten, bevor das Leben dich wieder hat? Dann sage umso kräftiger Ja dazu, sprich über deine Probleme. Nur so kann ein Prozess in Gang kommen, der sie löst. Es wird nicht einfach. Was aber ist schwerer: Sich dem Tod hinzugeben, oder schmerzhaft von Neuem geboren werden? Natürlich kann es sein, dass das eine Behandlung nach sich zieht, die nicht leicht wird. Sie käme aber nicht umsonst und von ungefähr. Das hast du schließlich schon selbst bemerkt, oder? Vergiss nicht: Auch ein Psychologe und ein Klinikaufenthalt bedeuten keinesfalls, dass du ein schlechter Mensch bist. Sie bedeuten, dass du Hilfe brauchst, und diese auch kriegst. Nicht mehr und nicht weniger, als du dir selber für dich wünschst. Es gibt keinen ganz und gar schmerzfreien Weg aus dem Dunkel, aber zum Glück immer irgendeinen.

Nicht nur das Reden über deine Probleme (und zwar mit deinen Eltern) ist wichtig, sondern auch, dass du dir überlegst, was du dir vom Leben wünschst. Leben ist ja nicht nur das, was du vorfindest, sondern auch das, was du daraus machst. Einige Dinge hast du sozusagen bereits aufgezählt: Du möchtest Zeit mit deinen Großeltern verbringen, den guten Draht zu deinem Bruder wahren, möchtest Freunde gewinnen und deiner Freundin einerseits helfen, andererseits aber auch eure Bindung erhalten. Das sind doch schon mal sehr viele Ziele, dir waren sie bisher vielleicht nur nicht so bewusst. Es sind Möglichkeiten, sich zu beschäftigen, sich abzulenken. Wie wäre es, wenn du öfter mal deine Großeltern anrufst? Einfach nur, um ihnen eine Freude zu machen? Im ersten Moment mag es dich abschrecken, weil es dich womöglich wieder mit dem Thema Tod in Berührung bringt. Auf der anderen Seite: Dass sie nicht ewig leben werden, ist Fakt. Und egal ob du dich davor ängstigst oder nicht, du wirst das Ende nicht hinauszögern. Stattdessen wirst du dir alle Freude nehmen, die du mit ihnen noch haben kannst. Warum nicht lieber mit beiden Händen zupacken, und dich daran erfreuen, dass sie noch da sind? Wer weiß, vielleicht noch für sehr lange! Aber nehmen wir mal an, sie sind demnächst schon verstorben. Würdest du es nicht den Rest deines Lebens bereuen, jetzt nicht die Zeit mit ihnen genossen zu haben? Ähnlich ist es mit deiner Freundin. Zwar kannst du ihr für ihre Probleme erstmal keine Hilfe bieten, und sie dir umgekehrt auch nicht. Was ihr aber machen könnt, ist gemeinsam auf Achse gehen, euch auspowern, Musik hören, alles Mögliche machen - das zwar eure Probleme nicht löst, aber euch ablenkt, euch ein Gefühl gibt, dass da noch mehr auf der Welt ist als Schmerz. Denn das ist das Allerwichtigste: Sich nicht dem Schmerz, der Trauer und der Angst hingeben, sondern Dinge tun, die das Leben unterstützen und bejahen. Umso wichtiger wird es, wenn dein Bruder auszieht, oder schon ausgezogen ist. Da wäre es vielleicht besser, wenn du ihm zunächst etwas Freiraum gewährst. Viel schöner wird es dann, wenn er sich eingelebt hat, und ihr euch wieder seht oder hört. Bis dahin muss etwas den Raum füllen, den er hinterlässt. Und ich glaube, du wirst etwas finden. Oder täusche ich mich da?

Nur wenn du dich für das Leben entscheidest - ohne Wenn und Aber - kannst du es aufbauen! Und wenn du erst einmal damit begonnen hast, dann wird sich dir das Leben geben. Es ist schon da, der Schleier der Angst und des Zögerns muss erst noch fallen. Aber ich denke, du hast die Kraft, ihn abzuwerfen. Denn das willst du doch? Was du willst, das kannst du auch! Aber es muss ein hundertprozentiges Ja sein. Ein Ja zum Leben, aber besonders auch ein Ja zu dir. Ein Ja dazu, dass du toll bist und das Leben verdienst. Denn davon bin ich fest überzeugt.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul