Problem von Anonym - 28 Jahre

Angst davor, zu vereinsamen

Hallo liebes KuKa-Team,
wie der Titel meines Problems schon verrät, habe ich seit längerer Zeit verstärkt mit der Angst zu kämpfen, zu vereinsamen. Ich hatte seit der Schulzeit keine Liebesbeziehung mehr gehabt. Es ist auch nicht so, dass ich das untätig in Kauf nehmen würde. Ich lerne hier und da mal eine neue Frau kennen, aber die meisten haben entweder kein Interesse an einer Beziehung mit mir oder sehen mich höchstesn als guten Kumpel. Eigentlich keine große Sache, nur wenn man schon seit fast 10 Jahren immer nur zurückgewiesen wird, komm man sich irgendwann ziemlich minderwertig vor. Ist es einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort oder habe ich echt die Seuche am Schuh?

Dabei weiß ich nicht einmal, was ich konkret falsch mache. Ich war eigentlich immer mit mir im Reinen gewesen. Hatte nie wegen meines Aussehens oder meiner Persönlichkeit Selbstzweifel gehabt. Bin immer selbstsicher ohne aufdringlich zu sein aufgetreten. Doch je älter ich werde, lässt mich die Tatsache, immer noch Single zu sein, verzweifeln. Das frustriert mich sehr.

Dieser Frust erschwert sich zusätzlich, wenn ich sehe, dass in meiner Familie alle ihr Glück gefunden haben. Meine Schwester kriegt in kürze ihr erstes Baby, meine Cousins und Cousinen sind entweder verheiratet, haben Kinder oder sind auf dem besten Weg dahin. Nur ich scheine auf der Stelle zu treten. Ich gebe offen zu, dass mich das doch schon sehr neidisch macht.

Das führt dazu, dass ich mich immer mehr vom Familienleben zurückziehe und lieber für mich bleibe. Ich habe mal versucht mit meinen Eltern über meine Angst zu sprechen, aber außer Durchhalteparolen a la "Lass den Kopf nicht hängen" oder "Dass wird schon" kam da nicht viel bei rum. Konkret gesagt: Es wurde einfach ignoriert. Auf Familienfeste mag ich auch nicht mehr gerne gehen, weil die ständige Fragerei, warum ich schon wieder ohne Begleitung gekommen bin, nur noch nervt. Generell scheint mir keiner wirklich zuhören zu wollen.

In meinem Freundeskreis (hier sind die meisten auch verheiratete Familienväter) gelte ich inzwischen auch schon als "ewiger Single". Nach Außen lasse ich den Spaß über mich ergehen, doch im inneren lässt mich dieser Umstand sehr leiden. Mir kommt es vor, von Tag zu Tag immer weniger Hoffnung zu haben, das sich was daran ändert. Ich merke nur, dass ich mich nur immer mehr von meinem sozialen Umfeld distanziere und mir Kraft fehlt, was dagegen zu unternehmen. Ich habe wirklich Angst vor der Zukunft.

Schonmal besten Dank fürs lesen.

Anna Anwort von Anna

Hallo Du,

vielen Dank für Dein Vertrauen uns gegenüber. Ich werde mich mal an einer Antwort versuchen.
Wovon Du sprichst, ist die wohlbekannte Torschlusspanik. Man wünscht sich etwas, das man nicht erzwingen kann, die Sache fühlt sich mehr und mehr existenziell an und man bemerkt, dass plötzlich alle im eigenen Umfeld genau das haben, was man sich selbst so sehr für sich wünscht.
Je mehr man sich da rein denkt und fühlt, desto schlimmer wird die Angst und desto verzweifelter wird man, desto frustrierter ist man, wenn es wieder nichts wurde. Ein Teufelskreis, aus dem man sich befreien muss.

Ich denke, Du solltest irgendetwas Großes in Deinem Leben ändern, denn oft kann es auch sein, dass die gesamten Lebensumstände nicht so sind, wie man sie sich vorstellt. Diese ins Unbewusste geschobene Unzufriedenheit kann sich nach und nach zu einer Panik entwickeln.
Du solltest Dich fragen, ob Du denn mit Deinen sonstigen Lebensumständen zufrieden bist. Bist Du glücklich in Deinem Job oder hättest Du eigentlich gerne was anderes gelernt? Solltest Du nicht eine Weiterbildung oder eine Umschulung machen? Dich auf einer anderen Stelle bewerben? Oder studierst Du vielleicht das Falsche? Geht es nicht voran? Steckst Du irgendwo drin, wo Du nicht sein willst? Und fühlst Du Dich wohl in Deinem Freundeskreis?
Vielleicht solltest neue Leute kennenlernen und mehr Zeit mit Männern und Frauen in Deinem Alter verbringen, die selbst noch keine Kinder haben oder vielleicht auch Single sind. Dass Du sehr neidisch und unzufrieden bist, wenn gefühlt alle um Dich herum glücklich vergeben sind, kann ich verstehen. Die Panik könnte abgemildert werden, wenn Du Dich mit Menschen umgibst, die eben all das noch nicht haben.

Du bist 28. Männer werden meist viel später Vater. Und ich kenne einige Männer, die auch mit 28 noch keine feste Beziehung hinter sich hatten. Bei denen hat es bisher halt einfach noch nicht geklappt, die Ursachen dafür sind weitverschieden und vielleicht auch einfach trivial, im Sinne von "da war einfach noch nicht die Richtige".
Ich würde Dir empfehlen, einem Verein oder einer sonstigen Gruppe beizutreten. Das hat gleich mehrere Vorteile: Du entdeckst ein neues Hobby für Dich, Du bist in festen Zeiten fest eingebunden, Du lernst über die gemeinsame Tätigkeit automatisch neue Leute kennen, ohne peinliches "Worüber spricht man denn jetzt?" und vor allem verleiht das Deinem Alltag einen neuen Sinn und eine neue Wichtigkeit.
Tritt heraus aus Deiner Rolle, werde aktiv, in dem Du Dein Leben gezielt umkrempelst und wegkommst von "ganz zufrieden" hin zu "glücklich". Eine Beziehung kann man nicht erzwingen und ich kann Dir auch nicht sagen, warum Du nun solange keine Freundin mehr hattest. Also solltest Du was an den Dingen ändern, die Du ändern kannst und Sinn, Wichtigkeit, Verantwortung da investieren, wo Du sonst noch gebraucht wirst - beim Fußball, im Schachclub, in einem Naturschutzverein, in einer politischen Initiative oder in einer Literaturgruppe. Bring Dich ein, engagiere Dich und vor allem - mach was ganz Neues!

Ich wünsche Dir alles Gute,

Anna