Problem von Emma - 14 Jahre

Ich bin sexuell traumatisiert und soll mit einem fremden Mann leben.

Ich bin ein 14 jähriges Mädchen. Meine Mutter heiratet bald und er soll nach der Hochzeit bei uns einziehen. Ich möchte nicht mit ihm leben,weil ich Angst vor Männern habe. Als ich 5 war wurde ich von meinem Onkel vergewaltig und wurde schon oft sexuell belästigt. Der einzige Mann dem ich vertraue ist mein Vater. Ich möchte bei ihm einziehen. Meine Mutter und er teilen das Sorgerecht. Ich möchte nicht schon wieder vegewaltigt werden. Ich möchte auch keine männliche Autoritätsperson in meinem Leben! Meine Mutter hat kein Verständnis für meine Sorgen. Sie sagt, ich MUSS mich meiner Angst stellen. Ich muss gar nichts. Ich möchte mein Trauma auf meine Art und in meinem Tempo bewältigen! Mein Vater ist bereit mich bei sich aufzunehmen. Soll ich einfach zu meinem Vater gehen? Ich würde sogar vor Gericht gehen, wenn nötig! Ich fühle mich nicht sicher bei ihr. Ihre Beziehung scheint ihr wichtiger zu sein als ich. Wie kann man nur ein sexuell traumatisiertes Kind dazu zwingen, mit einem Fremden zu leben? Ich fange an meine Mutter zu hassen! Hilfe!

Christina B. Anwort von Christina B.

Liebe Emma!

Danke für dein Vertrauen an uns! Ich finde es sehr mutig von dir, dass du uns geschrieben hast.
Ich kann mir kaum vorstellen, wie es dir gehen muss. Natürlich hast du Angst und bist traumatisiert, und ich finde es sehr schade, dass deine Mutter dafür kein Verständnis hat. Ich finde, du hast vollkommen recht - du MUSST gar nichts, und schon gar nicht musst du dich einer Lebenssituation aussetzen, von der du weißt, dass sie dir nicht gut tun wird und erneute Ängste hervorrufen wird.

Aber du hast einen großartigen Vater, der bereit ist, dich aufzunehmen. Allerdings gibt es Gesetze, die besagen, dass deine Mutter (so habe ich es jetzt auf der Website verstanden) - dem Entschluss zustimmen muss. Hier habe ich dir den Text rauskopiert.

"Zu unterscheiden ist zwischen einem kurz- und einem langfristigen Wechsel des Aufenthaltsortes. Bei kurzfristigem Aufenthalt besteht regelmäßig kein Problem, während für langfristige Aufenthalte beide Berechtigten von vornherein zustimmen müssen, weil sie nur schwer abänderbare Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben können.
Insbesondere relevant ist diese Regel, wenn das Kind den Wohnort von einem zum anderen Sorgeberechtigten wechseln möchte. Ohne Zustimmung des Vaters kann sich das Kind beispielsweise nicht eigenständig entscheiden, dauerhaft zur Mutter zu ziehen. Hierbei müssen sich beide Sorgeberechtigten abstimmen und dabei nach dem Kindeswohl entscheiden. Im Zweifelsfalle ist über diese Frage eine gerichtliche Entscheidung notwendig.Die Elternteile haben grundsätzlich ein Recht auf Umgang mit dem Kind, um durch den Kontakt in regelmäßigen Abständen einer Entfremdung mit einem der Elternteile vorzubeugen. Das gilt insbesondere, wenn das Kind nur bei einem Elternteil lebt. Dafür muss der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Raum und Zeit schaffen. Eine böswillige Verhinderung des Umgangsrechts kann ein gerichtliches Umgangsverfahren nach sich ziehen. Ist der Umgang gerichtlich beschlossen worden und lässt der betreuende Elternteil den Umgang trotz des Beschlusses nicht zu, kann dies empfindliche Ordnungsstrafen (bis zu 25.000 Euro oder Ordnungshaft) mit sich bringen."(http://www.kanzlei-hasselbach.de/2014/gemeinsames-sorgerecht-wer-bestimmt/04/#aufenthaltsbestimmungsrecht)

Wenn es dir wirklich ernst ist damit, sprich mit deinem Vater darüber beim nächsten Besuch - erkläre ihm, dass du das wirklich willst und zeige ihm vielleicht auch die Website. Dein Vater soll sich schlau machen bei seinem Anwalt oder bei einer Rechtsberatung, wie das genau funktioniert und was ihr tun müsst, damit das möglich ist. Eine Frage ist bei mir noch aufgetaucht: Du hast uns schon zwei Mal geschrieben und einmal angegeben, du wärst zwanzig Jahre alt, einmal du wärst achtzehn Jahre alt. Hier steht aber jetzt vierzehn. Denn, solltest du wirklich schon achtzehn sein, darfst du selbst bestimmen, wo du wohnst, du bist dann nicht mehr minderjährig und das würde bedeuten, du darfst zu deinem Vater ziehen ohne die Zustimmung deiner Mutter zu benötigen. Du klingst für mich vom Schreibstil her nämlich auch nicht wie eine vierzehnjährige, da du schon Fachvokabular wie Trauma benutzt.

Was deine Mutter betrifft: Es ist natürlich keine Entschuldigung, und ich verstehe, dass du dich im Stich gelassen und nicht beachtet fühlst, das Gegenteil von dem, was du nach allem, was dir zugestoßen ist, verdient hättest - ich denke mir, dass sie wahrscheinlich so froh ist, wieder jemand neues gefunden zu haben, dass sie gar nicht bemerkt, wie schlecht es dir damit geht. Vielleicht hat sie es eine sehr lange Zeit mit deinem Vater schwierig gehabt und möchte jetzt an dem neuen Glück festhalten. Das ist egoistisch und keine Entschuldigung, aber es hilft dir vielleicht als Erklärung ein bisschen weiter.
Ich würde dir außerdem empfehlen, dir Hilfe bei einer Beratungsstelle zu holen. Denn Vergewaltigung und sexuelle Belästigung ist ein Thema, das niemand ohne weiteres wegsteckt, da benötigt es einfach Hilfe von außen. Professionell ausgebildete Fachleute gehen das Ganze auch in deinem Tempo an und zwingen dich nicht, dich "deiner Angst zu stellen", wie deine Mutter es ausgedrückt hat. Aber ich kann verstehen, wenn dir das momentan noch zu viel ist. Dennoch, für dein seelisches Wohlbefinden wäre es gut, wenn du dir hierbei Hilfe von professionellen Beratern oder Therapeuten holst. Hier habe ich dir zwei Links rauskopiert, einen mit Beratungsstellen in Deutschland allgemein:
https://www.suizidprophylaxe.de/
Und einen mit Beratungsstellen speziell auf Vergewaltigung bezogen:
http://www.hab-keine-angst.de/links.php3?navpunkt=9&sid=1757_1491039215_4688

Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen.
Wenn du noch Fragen hast, kannst du mich gerne nochmal anschreiben (:
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Alles Liebe wünsche ich dir, und viel Glück!
Herzlichst,
Christina B.