Problem von Anonym - 19 Jahre

Auslandsjahr mit hoffnungslosen Aussichten

Es tut mir leid dieser Text wird vermutlich viel länger als es eigentlich nötig ist, aber ich möchte einfach versuchen alles so verständlich wie möglich zu machen.
Ok zu erst einmal möchte ich erklären, dass ich irgendwie das Gefühl habe, es wäre besser nicht mehr länger hier auf der Erde zu weilen. Es ist absolut nicht schlimm, ich habe viel drüber nachgedacht, ich entscheide das für mich und niemand ist mir was schuldig. Letztendlich kann man das doch aber nur wissen, wenn einem eine Pistole an die Schläfe gehalten wird und man nun letztendlich mit dem Tod konfrontiert wird, oder? Es ist einfach so vor zwei Jahren ist etwas absolut nicht Schönes passiert, dass mich sehr beeinflusst hat. Ich war eine lange Zeit sehr traurig. So traurig dass ich es nicht gewagt habe mit irgendwem darüber zu reden. Weißt du das sind solche Erlebnisse, die man am liebsten einfach für immer vergessen möchte. Ich hab irgendwann darüber gesprochen. Das ist keine verdrängte Erinnerung, die es bedarf aufgearbeitet zu werden. Ich hab mal gelesen,/gehört dass man wenn man zu oft an etwas denkt, sich die Erinnerung verformt, wie ein Stück Schokolade, dass immer wieder aus dem Kühlschrank geholt wird. Das kann schon stimmen, deshlab überdenkt man Sachen immer viel zu sehr und die Erinnerungen verformen sich negativ je mehr man versucht die Sachlage zu ergründen.
Wie auch immer ich hab damit irgendwann versucht abzuschließen. Das Problem ist, ich war nicht mehr so traurig nach einer gewissen Zeit, aber ich habe irgendwo was verloren. Ich kann es nicht genau beschreiben aber irgendwie fühle ich mich seit dem so leer. Ich hab an so vielen Sachen meine Freude verloren. Ich hab jedenfalls nachgedacht und es hat mich zu dem Entschluss gebracht, dass ich dem ein Ende setzen muss.
Nun ja Suizid ist eine radikale Angelegenheit, die man nicht so einfach unüberlegt angehen kann, besonders da ich doch Menschen in meinem Leben habe die daran kaputt gehen würden wenn ich einfach fortgehe. Es ist ja nicht so, als ob meine Mutter nicht versucht mir all die Liebe dieser Welt zu schenken oder eine beste Freundin, die einem doch täglich versucht das Gefühl zu geben was Besonderes zu sein. Aber das bin ich nunmal nicht. Ich bin niemand besonderes, der zu etwas Großem bestimmt ist. Danach habe ich immer gestrebt, aber irgendwann versteht man, das eben nicht aus jedem ein Rockefeller, ein Newton oder ein Howard Carter werden kann.
Naja ok damit dieses Thema nicht weiter ausartet, ich habe jedenfalls sehr lange darüber nachgedacht.
Zuerst wollte ich mein Abi beenden damit ich doch irgendwas erreicht habe in meinem jungen Leben und meine Eltern stolz mache. Als mich eines Tages eine Freundin fragte ob ich nicht nach unserem Abschluss mit ihr ein Jahr im Ausland verbringen möchte, dachte ich mir gut, vielleicht hilft das dir deinen Platz in der Welt zu finden und wenn nicht dann ist es ein wunderbarer Abschluss.
Je näher unser Abflugsdatum rückte desto mehr, fing ich an alles und jeden zu genießen. Ich habe mich richtig darauf gefreut und sogar meine erste eigene Party geschmissen (ja, das war ein Riesenerfolg für mich und da kann ich mir ruhig auf die Schulter klopfen). Ich hab mir gedacht sehr gut, du bekommst endlich eine Auszeit und kannst dich auf die eigentlichen Dinge zurück besinnen. Ich habe begonnen mir immer wieder zu sagen: du bist dein eigener Glückes Schmied, also wage auch dir das zu holen was du willst. Es viel mir immer schwer nur an mich selbst zu denken. Ja, ich weiß selbstmord ist äußerst egoistisch. Ich bin ja noch hier.
Also jedenfalls habe ich endlich gedacht ok alles wird endlich besser. Nach dem ja wird diese Motivation, der Mut und der Ergeiz endlich wieder da sein. Ich werde wieder die, die ich mal war.
Die letzten Wochen zuhause waren richtig schlimm. Ich weiß nicht was los gewesen ist, zu mal ich mir versucht habe im Kopf zu behalten, ich solle ja nicht versuchen die letzten Wochen perfekt zu gestalten da das nach hinten losgehen könnte. Es ist alles schief gegangen. Außerdem habe ich meine erste und letztmögliche praktische Fahrschulprüfung nicht bestanden. All der verlorene Aufwand und diese Enttäuschung, die ich nun für alle war hat mich schon sehr niedergeschlagen. Ich wollte zwei Wochen später kommen um die Prüfung wiederholen zu können. Das hat meiner Reisebegleitung absolut, und das ist irgendwo verständlich, nicht gepasst. Es stellte sich heraus dass die nächste Prüfung erst acht Wochen später möglich ist, also flog ich ohne meinen Führerschein los. Ich bin zu dem relativ schwer krank geworden (seit 2 Monaten nun), und wurde zweimal falsch diagnostiziert, was die Krankheit für mich unnötig eklig gemacht hat, da mit niemand helfen konnte. Schlussendlich meinte mein Arzt einen Tag nach meiner Abreise, als auch endlich mein Blut untersucht wurde, es tut ihm leid, er wisse nun was los ist aber ich bin aus dem gefährlichen Stadium raus, also seihen weitere Maßnahmen nicht nötig. Es heilt auch langsam aber sicher ab.
Wie auch immer ich dachte mir alles kein Beinbruch, im Ausland geht es dir viel besser, alles wird gut.
Erster Tag: ich hab ne Lebensmittelvergiftung. Mein Körper konnte sich noch nie von so etwas alleine erholen und nach 24-stündigem erbrechen im Minutentakt (es war schrecklich) sind wir uns krankhaus, bla bla bla. Sowas passiert eben, genauso dass man durch den verschoben schlafrhythmus 72 Stunden am Stück wach bleibt. Es hat mich schon sowohl physisch als auch psysisch fertig gemacht, aber das würde sich alles einpegeln.
Es stellte sich heraus, dass meine reisebegleitung, absolut nicht ohne ihren Freund kann. Wie kann man sich so verrückt machen wegen einer Person? Das ist krank. Naja ich hab versucht für sie da zu sein und sie zu trösten. Leider bin ich absolut kein Mensch der gerne Gefühle offen darlegt und gerne Körperkontakt hat im Gegensatz zu ihr. Ich hab mein bestes gegeben. Ihr Freund sollte nach kommen. Einen Monat wohlbemerkt. In einem Gespräch habe ich dann heraus gefunden dass es wohl länger als einen Monat werden wird. Nähmlich bis zum Schluss.
Okay ich verstehe ja ihre Lage. Da aber sich aktuell jeder in meinem Freundeskreis und sogar mein kleiner präpubertärer Bruder an einer glücklichen Liebesbeziehung erfreuen darf, und ich mich mehr oder weniger immer mit Pärchen treffen durfte, bin ich auf das Thema nicht gut zu sprechen. Ich finde es nicht schlimm Single zu sein. Ich bin leider sehr wählerisch und habe vergleichsweise wenig zu bieten. Wenn es eben nicht zu hundertprozent passt, warum sich dann die Mühe machen? Damit man nicht alleine ist?!
Naja das war auch ein Grund warum ich wegwollte, damit ich von diesem ich bin immer das dritte Rad oder der Störfaktor der Zweisamkeit Trott rauskomme. Es ist schon unangenehm auf Dauer.
Hey, okay, sie vermisst ihren Freund. Ist scheisse für mich aber vielleicht muss ich selbst erstmal in der Lage sein. Bin ich eben nun ein Jahr die Außenseiterin. Ich hab ihr das mit den selbstmordgedanken nie erzählt und habe es nicht vor. Das würde nur alles negativ beeinflussen und ich will und brauche absolut kein Mitleid oder Aufmerksamkeit oder jemand der das letztendlich falsch versteht.
Nun ist sie aber ständig am Handy, ich bin nicht genug und werde teilweise ignoriert und alles hier ist ja sowieso ohne ihn scheisse. In nichtmal zwei Monaten kommt ihr Freund nach. Zwei Monate kann man doch mal ohne einander sein.
Ich komme mir vor wie eine Zweckfreundschaft, einfach nur da damit sie nicht ganz alleine ist. Und dann diese ständige Suche nach der Bestätigung dass sie ja so dünn ist. Ich liebe meine Figur und habe deshalb sorge dass sich das bald ändert.
Das hier tut mir nicht gut. Ich will nachhause. Ich will nicht nachhause, weil ich dann weiß dass ich nichtmal sowas durch ziehen kann. Es wissen dann alle. Diese Demütigung wäre so groß dass sich nichts nach diesem Jahr ändern würde. Meine Mutlosigkeit ist zurück. Das hier läuft falsch. Ich wollte das machen um mir zu helfen und endlich mal das Steuer in die Hand nehmen. Das hier tut mir absolut nicht gut.
Soll ich gehen? Soll ich sie alleine lassen? Ich hab den ersten Job besorgt (ok ja, sie hat auch was gesucht), ich bin diejenige die macht und Leute anspricht (sowas hätte ich niemals in Deutschland gemacht), ich trete endlich in Aktion und das nicht ganz schlecht. Ich kann das auf jedenfalls alleine schaffen. Sie ist mehr eine Last als eine Hilfe.
Soll ich nichts sagen oder es ansprechen? Sicherlich ansprechen oder? Ich bin ehrlich gesagt zu feige.
Soll ich sie einfach vor der Ankunft alleine lassen und ihr nicht den Gefallen tun bis zur Ankunft ihrer neuen Bezugsperson warten? Ich hätte schon Lust sie einfach stehen zu lassen, da ich letztendlich meine Gesundheit und meine Fahrschule für sie vernachlässigt habe, was nichts ist dass man für irgendwen macht. Ich dachte ich wäre ihr genauso wichtig wie sie mir. Stört mich nicht. Ist nicht das erste mal das sowas passiert und ich kenne diese Medaille bereits von beiden Seiten. Aber ein gewisses Rachegelüst ist schon da.
Wo ist meine gute Attitüde hin? Warum ist auf einmal jemand anderes für mein Wohlbefinden verantwortlich?
Sie ist auch nicht ganz so schlecht. Sie fragt mich schon ob es mir gut geht und ich ihr alles sagen kann. Leider kann ich das eben nicht. Ich habe versucht ihr klar zu machen dass mir das nicht gefällt dass wir nun doch zu dritt sind aber das steht absolut nicht zur Debatte. Nun jetzt plane ich doch nach einem halben Jahr zu verschwinden. Das würde mich umbringen. So eine Person soll nicht der Grund dafür sein. Das wäre zu bitter sie ist es nicht wert.
Ich will einfach gehen. So wie ich es zuhause wollte.
Ein hilfreicher Rat wäre gut. Aber eins kann ich jetzt schon sagen: eine Konfrontation ist erst für mich möglich, wenn ich weiß die andere Person kann nicht versuchen mich um zu stimmen. Ich bin viel zu leicht zu beeinflussen. Ich würde ihr nicht alles erklären, ich würde ihr sagen sie hätte mein vollstes Verständnis aber das hat sie nicht. Ich kann diese Wut dann nicht einfach entladen und das Gespräch würde für mich mit dem Wissen enden, ich konnte wieder einmal nicht das rüberbringen was ich wollte und das Problem klärt sich nicht. Ja, ich mag ja feige sein und vor der offensichtlichsten Lösung davon laufen, nehmlich sich einfach auszusprechen, aber das wäre nur wieder eins dieser ich geb der anderen Partei in allen Punkten Recht Gespräch. Ich will ihr zeigen wie ich darüber denke und dass es mich aber nicht weiter aufhält. Andere Menschen sollten nicht für mein Handeln, mein Denken oder meine Gefühle verantwortlich sein. Ich will endlich wieder so wie kurz vor dem Auslandsjahr denken wollen. Ich will nicht mehr in dieses es ist mir egal ob ich lebe oder sterbe Muster zurück verfallen.
Danke für die Zeit und entschuldige dieses grammatikalische und inhaltliche wirrwarr, es ist mitten in der Nacht.
Übrigens die körperliche Arbeit hier macht sehr viel Spaß und ist befreiend.

Christina B. Anwort von Christina B.

Hallo liebe Anonyme!
Danke, dass du dich mit deinen Sorgen an uns gewandt und uns dein Vertrauen geschenkt hast. Ich habe deinen Text aufmerksam gelesen und hoffe, dass ich alles soweit verstanden habe, wie du es gemeint hast. Ich würde deshalb alles nochmal kurz zusammenfassen, damit wir am selben Stand sind.

Zu deinem ersten Absatz: Da hast du geschrieben, dass du irgendwie nicht mehr leben willst und über den Tod nachdenkst. Es hat sich so angehört, als wären dir diese Gedanken schon des Öfteren durch den Kopf gegangen. Du hast geschrieben, dass vor zwei Jahren etwas passiert ist, das dich sehr beeinflusst hat und worüber du lange Zeit sehr traurig warst. Du hast geschrieben, die Erinnerung daran muss nicht aufgearbeitet werden. Dennoch frage ich mich, warum du dieses Erlebnis, das du eigentlich nicht erzählt hast, dennoch in diesen Text an uns geschrieben hast? Wenn es denn unwichtig ist oder dich nicht mehr beschäftigt bzw. du damit abgeschlossen hast, würde das wahrscheinlich hier gar nicht mehr Thema sein, oder? Ich möchte nicht sagen, dass es so ist, ich stelle hier lediglich diese Hypothese auf und frage dich, ob das so sein könnte?
Seitdem, so hast du geschrieben, hast du die Freude an vielen Dingen im Leben verloren und fühlst dich sehr leer. Zudem hast du damals auch an Suizid gedacht, aber es nicht getan, weil du es deinem Umfeld nicht antun wolltest. Und du hast auch erkannt, dass du eigentlich liebe Menschen um dich hast, wie deine Mutter und deine beste Freundin, die sich um dich kümmern - das finde ich sehr gut, denn damit hast du auch bereits wieder Gründe gefunden, das Leben weiter zu leben. Dann hast du geschrieben, du seist nichts besonderes und nicht jeder könnte ein Rockefeller werden. Das mag schon sein, aber das bedeutet doch noch lange nicht, dass du nichts besonderes bist. Jeder kann aus seinem Leben etwas machen und berühmt zu werden muss eigentlich nicht zwingend ein Lebensziel sein. Da gibt es viele andere, schönere Ziele wie zum Beispiel die Gründung einer Familie, ein Haus, ein Leben voller Lachen und Glücksmomente. Das ist oft mehr wert als ein Leben als Rockstar oder Schauspieler.

Du hast dich dann entschieden, ein Jahr im Ausland zu verbringen, um dich dort selbst zu finden und vielleicht einen besseren Platz in der Welt für dich zu finden. Außerdem wolltest du weg von deinem Umfeld, das dich immer daran erinnert hat, dass du noch Single bist und alle deine Freunde vergeben sind. Und du hast geschrieben, du wolltest mit dem Auslandsjahr endlich das Steuer in deinem Leben in die Hand nehmen und etwas schaffen. Ich finde, dass das alles tolle Gründe sind, ein Auslandsjahr zu machen - und finde es sehr mutig von dir, dass du diesen Schritt gewagt hast.

Aber nochmal zurück zu dem, was davor passiert ist. Du hast erzählt, dass du, je näher das Datum des Abreisetages rückte, immer mehr dein Leben genossen hast. Du hast einen persönlichen Meilenstein geschafft (deine erste Party zu schmeißen), du hast die Einstellung verfolgt, dass jeder seines Glückes Schmied ist und man was tun muss, um glücklich zu sein. Könnte es sein, dass du kurz vorm wegfahren eigentlich ohnehin schon erkannt hast, wie du in deinem Leben weiter tun willst? Ich erkläre dir dazu meine Hypothese: Ich könnte mir vorstellen, dass dir das bevorstehende Auslandsjahr damals zwar freudige Aufregung, aber doch auch ziemliches Bauchweh und Sorgen bereitet hat. Womöglich hast du durch den bevorstehenden Abschied dir gedacht "Hey, jetzt genieße, solange du noch kannst, du weißt nicht, was dich im Ausland erwartet." Und eigentlich hast du angefangen, mutig zu werden, dir das zu holen, was du willst und dir dein Glück selbst zu gestalten. Ich könnte mir vorstellen, dass du da bereits angefangen hast, das Steuer in deinem Leben zu übernehmen, und die Verantwortung für dein eigenes Glück auch übernommen hast. Du hast sie nicht der Außenwelt zugespielt, das ist eine großartige Leistung! Könnte das bei dir so der Fall gewesen sein? Noch eine Hypothese dazu: Womöglich war das Auslandsjahr für dich gar nicht "notwendig", sondern lediglich die Konfrontation mit einer solchen Situation.

Leider ist dann vieles schiefgegangen, wie du berichtet hast - deine verpatzte Führerscheinprüfung, die Krankheit, die zweimal fehldiagnostiziert wurde, Lebensmittelvergiftung gleich im Ausland - das ist schon viel auf einmal und da kann ich dich gut verstehen, dass du erstmal überfordert warst. Damit in ein Auslandsjahr zu starten ist nicht einfach und ich denke, dass es jeder verstanden hätte, wenn du gleich wieder umgedreht hättest. Daher kann ich noch einmal sagen: Hut ab, dass du es durchgezogen hast! Du beweist damit viel Mut. Deine Reisebegleitung/Freundin war dann sehr deprimiert wegen ihres Freundes. Dich hat es genervt, da du eigentlich genau von dem "dritten Rad am Wagen sein" wegkommen wolltest und nicht ständig Liebespaare um dich herum haben wolltest, die dir ein schlechtes Gefühl geben. Ich finde es gut, dass du die Einstellung vertrittst, dass du erst mit jemandem zusammen gehst, wenn du wirklich verliebt bist und nicht einfach, damit du nicht alleine bist. Das ist sehr fair dir und der Außenwelt gegenüber und es ist auch "moralisch richtig". Dennoch kann ich es verstehen, dass man nach langer Zeit als Single umgeben von Pärchen irgendwann auch die Nase voll hat. Ich finde es schade, dass sie dich so links liegen gelassen hat und du dich wie eine Zweckfreundin fühlst, solange bis ihr Freund nachkommt. Wenn dich das aber so sehr stört, dann würde ich das an deiner Stelle schon offen mit ihr ansprechen. Du hast zwar geschrieben, du könntest das erst tun, wenn du dir sicher bist, dass sie dich nicht wieder umstimmen würde und du im Endeffekt ihr wieder Recht gibst, sondern, dass du es nur dann tun könntest, wenn du klar und deutlich deinen Standpunkt vertrittst und dabei bleibst. Ich denke, wenn du das wirklich tun willst, dann kannst du dieses Gespräch im Vorfeld "üben". Schreib dir alles auf, was du ihr sagen willst (dass du dich vernachlässigt fühlst, dass du gerne was mit ihr unternehmen möchtest, ihr seid ja immerhin zusammen hier, dass du nicht immer das dritte Rad am Wagen sein willst, dass es schwer für dich ist, wenn sie immer nur von ihrem Freund spricht, du sauer bist wegen der Fahrprüfung und der Gesundheit, dass du alles für sie aufgeschoben hast, die Suche nach Bestätigung ihrerseits, dass sie eh dünn ist und du dich dadurch aber immer dicker fühlst, dass du überlegst, nach einem halben Jahr wieder zu gehen und diese Entscheidung für dich selbstständig treffen wirst usw). Schreib dir genau auf, wie du es ihr sagen willst und dann übe das Gespräch. Du kannst, wenn du alleine bist, mit dir selbst laut das Gespräch üben und dann immer deinen Part sagen und überlegen, was sie jetzt wohl sagen würde und wie du dann darauf reagieren würdest. Was auch helfen kann ist mentales Training. Sage dir selbst immer wieder vor: "Ich sage zu jederzeit die richtigen Worte und sie fallen mir genau zum richtigen Zeitpunkt ein." - wenn du das im Vorhinein immer wieder sagst, dann trittst du sicherer auf und brauchst im Nachhinein nicht das Gefühl haben, du hättest wieder irgendetwas nicht gesagt. Ich fände es ehrlich gesagt nicht fair, sie im Dunkeln tappen zu lassen, und dann nach einem halben Jahr zu verschwinden und sie im Regen stehen zu lassen, denn wenn einen etwas stört, muss man es dem anderen sagen, denn der andere kann das ja nicht wissen. Damit würdest du ihr die Chance nehmen, das wieder gut zu machen.

Jetzt zurück zum Auslandsjahr. Du hast geschrieben, dass du eigentlich wieder nach Hause möchtest, aber dich dann gedemütigt fühlst, weil dann alle wissen, dass du es nicht durchgezogen hast. Ich denke, es gibt zwei Arten, das zu sehen. Du kannst mit dieser Einstellung nach Hause fahren, dass jetzt alle über dich reden werden und du dich schämen wirst. Du kannst aber auch mit der Einstellung nach Hause fahren, dass du selbstbewusst gehst, und den Standpunkt vertrittst, dass es einfach nicht das richtige für dich war und du das erkannt hast und klug und reif genug warst, auf dein Bauchgefühl zu hören und nicht weiterhin im Ausland unglücklich zu sein, sondern eben wieder zurück zu gehen, weil du erkannt hast, dass es für dich eben nicht richtig war. Das sind zwei völlig unterschiedliche Sichtweisen und es kommt ganz darauf an, wie du das selbst siehst - und demnach erntest du auch andere Reaktionen von deiner Außenwelt. Es war schon sehr mutig, das du überhaupt ins Ausland gegangen bist, und es bedeutet nicht, dass du feige bist, wenn du wieder zurück gehst. Es bedeutet nur, dass es für dich nicht das richtige war.
Andererseits schreibst du, dass du weißt, dass du das schaffen kannst. Du hast dir hier einen Job besorgt, du sprichst Leute an und lernst jemanden kennen, du gehst aus dir heraus und trittst in Aktion und hast dann plötzlich geschrieben, dass du glaubst, dass nur deine Freundin dich blockiert. Dennoch scheinst du jetzt zu wissen, dass du für dein Glück verantwortlich bist. Ich habe den Eindruck bekommen, dein Entschluss, ob du wieder nach Hause fahren sollst, steht noch nicht fest und du überlegst noch hin und her. Auf der einen Seite stört dich vieles an deiner Reisebegleitung und du kannst es ihr irgendwie nicht sagen - könnte das vielleicht ein Grund sein, warum du wieder zurück willst? Ansonsten scheinst du im Ausland ja bestens klar zu kommen. Könnte es sein, dass dir die bevorstehende Konfrontation und der Konflikt mit deiner Freundin Sorge bereitet und du deshalb zurück willst, damit du dich dem nicht stellen musst? Vielleicht liege ich damit auch komplett falsch und du hast ganz andere Gründe, warum du wieder nach Hause willst. Verzeih mir, dass ich nicht alles erfassen konnte, was du in deinem Text geschrieben hast, da du viele Gedankensprünge gemacht hast.
Ich hatte schon das Gefühl, dass du deiner Freundin ehrlich sagen willst, was du denkst:
"Ich will ihr zeigen wie ich darüber denke und dass es mich aber nicht weiter aufhält." - Du kannst dir diese mentalen Methoden herholen und dich damit auf das Gespräch vorbereiten. Wenn du im Gespräch den Eindruck hast, dass du wieder "umgeschmissen oder umgestimmt" wirst, dann rufe dir wieder in Erinnerung, dass du eine eigenständig denkende Person bist, und dass nur du allein die Entscheidungen über dein Leben triffst. Dann ruf dir in Erinnerung wie einen Anker, dass du gefestigt und geerdet vor ihr stehst und es dein Recht ist, deine Meinung zu vertreten.

"Andere Menschen sollten nicht für mein Handeln, mein Denken oder meine Gefühle verantwortlich sein. Ich will endlich wieder so wie kurz vor dem Auslandsjahr denken wollen. Ich will nicht mehr in dieses es ist mir egal ob ich lebe oder sterbe Muster zurück verfallen." - Das war dein letzter Absatz, welchen ich GRANDIOS finde!!! Du hast eigentlich längst begriffen, wie es im Leben aussieht. Jeder ist seines Glückes Schmied, niemand ist für dein Handeln verantwortlich, nur du alleine und du kannst dein Leben so leben, wie du es für richtig hältst und wie es dir gefällt. Du kannst eigenständige Entscheidungen treffen. Du weißt es! Das Wissen ist in dir. Jetzt gilt es nur noch, es umzusetzen. Mir ist auch aufgefallen, dass du geschrieben hast, dass du wieder so sein möchtest, wie du es kurz vor dem Auslandsjahr warst. Ich glaube, du hast damals auch einfach auf das gepfiffen, was die Leute dachten und dein Leben gelebt. Du hast dir selbst diese Einstellung zugelegt, dass nur du für dein Glück verantwortlich bist. Ich glaube, damit schließt sich meine Hypothese vom Anfang, dass du das Auslandsjahr gar nicht gebraucht hast, um dich selbst zu finden, sondern nur die Konfrontation damit, wie es ist, wenn man aus all seinen Wurzeln und Angeln gerissen wird und plötzlich die Verantwortung für sein Leben übernehmen muss. Du hast dich also längst selbst gefunden. Jetzt lass die Einstellung nicht wieder verfallen, fall nicht wieder in das alte Muster zurück! Besinne dich auf deine neue Lebenseinstellung. Mache dir jeden Tag so schön wie möglich! Das soll nicht bedeuten, dass das Leben nur aus Party, Vergnügen und Nichts tun besteht, aber es soll einem bewusst machen, dass jeder Tag ein Geschenk ist und dass man trotz Alltag, Job, Studium, Arbeit etc. sich immer wieder daran erinnern sollte, dass man selbst dafür sorgt, ob man glücklich mit seinem Leben ist oder nicht. Wenn du unglücklich mit deinem Job bist, dann verweile nicht im Unglück, sei mutig und suche dir etwas neues, was dir mehr Freude bereitet. Wenn du unglücklich mit Freunden bist, dann sprich es offen an oder geh hinaus und lerne neue Leute kennen. Wenn du unglücklich mit deiner Gesamtsituation bist, gehe in dich und finde heraus, was genau dir nicht passt in deinem Leben und dann heb den Hintern und verändere etwas. Ich glaube, du kannst diese Lebenseinstellung dir gut einprägen, wenn du sie dir immer wieder in Erinnerung rufst.

Was jetzt dein Auslandsjahr und deine Entscheidung "Gehen oder nicht Gehen" betrifft: Ich glaube auch fest daran, dass du das Jahr schaffen kannst. Du hast dich dort bereits vernetzt, sozialisiert, einen Job gefunden. Ich denke, du kannst dort noch viele tolle Erfahrungen machen. Aber du musst für dich alleine entscheiden, was das richtige für dich ist. Wenn du das Gefühl hast, dass du zuhause glücklicher wärst und eigentlich nicht mehr im Ausland sein willst, dann kannst du ohne großes Tamtam auch wieder zurückgehen. Es geht nur darum, mit welcher Einstellung du jetzt weitermachst. Es hilft immer, das Glas halb voll zu betrachten. Wenn du also bleibst, dann bleibe mit der Einstellung: Ich schaffe das und ich werde mein restliches Jahr so positiv wie möglich gestalten. Ich mache hier wunderbare neue Erfahrungen.
Und wenn du gehst, dann gehe mit der Einstellung: Es war eine interessante Erfahrung, aber ich habe jetzt genug, ich habe gelernt, was es zu lernen gab und jetzt erkannt, dass es nicht mehr stimmig für mich ist, noch weiter hier zu bleiben. Ich gehe selbstbewusst zurück.

Ich glaube, dass du bereits vieles gelernt und geschafft hast und daher bin ich sicher, dass du auch diese Situation bravourös meistern wirst. Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen. Wenn du noch Fragen hast, oder auf meine Fragen bzw Hypothesen antworten/eingehen möchtest, kannst du mich gerne erneut kontaktieren. Ich würde mich freuen, zu hören, wie es bei dir weitergegangen ist (: Richte dazu einfach am Anfang deines Textes deine Nachricht "An Christina B.", dann wird mich die Nachricht erreichen. Alles Liebe und viel Glück wünsche ich dir! Bis bald, herzliche Grüße,
Christina B.