Problem von Lavida - 20 Jahre

Ein neuer Versuch

Hallo,

mein Name ist Lavida und ich bin 20 Jahre alt. Ich habe bereits letztens hier über das Feedback geschrieben und mich , nach einem inneren Kampf mit mir selbst, entschlossen es nochmal zu versuchen. Ich bin dringend auf der Suche nach Hilfe.

Ich hatte schon immer ein geringes Selbstbwertgefühl und Probleme mit sozialen Kontakten. Aus dem geringen Selbstwert wurde irgendwann regelrechter Hass gegen mich selbst. Mit 14 Jahren habe ich angefangen mich selbst zu verletzten. Mit 16 hatte ich viele Suizidgedanken.
Seitdem bin ich durch mehrere Phasen gegangen wo es besser oder viel schlechter wurde, aber die schlechten Phasen verfolgen mich und werden immer schlimmer und öfter.
Ich leide seit einiger Zeit an starken Stimmungsschwankungen, Verlustängsten und Alpträumen. Ich kann mich kaum noch konzentrieren. Sobald ein noch so kleines Problem auftaucht verliere ich oft die Nerven und mein ganzer Körper rebelliert mit zittern, Erstickungsgefühlen usw. Ich bin Impulsiv, launisch und entweder so voller Gefühle das ich das Gefühl habe daran zu ersticken oder fühle mich so richtig schmerzhaft leer.
Ich verfalle immer mehr in das selbstverletzende Verhalten und kämpfe dagegen an, aber ich weiß nicht ob ich das alleine noch schaffen kann und bekomme es micht mehr hin. Die Verletzungen werden auffälliger, ernster etc. Ich kann das leider nicht abstellen, denn ich habe es bereits mit Tricks versucht dagegen zu kämpfen, aber es ist wie eine Sucht und wenn ich zornig auf mich bin oder ich so wahnsinnig leer oder traurig bin, kann ich es nicht lassen. Das wirkt sich alles leider auf meine Beziehung aus. Mein Freund weiß von meinen Problemen und zeigt eigentlich auch viel Verständnis dafür, aber er versteht das selbstverletztende Verhalten überhaupt gar nicht und sagte er verlässt mich wenn ich nicht aufhöre. Ich Versuche es doch aber es geht nicht und ich habe solche wahnsinnige Angst ihn zu verlieren. Wenn mein Freund mich verlässt will ich nicht mehr leben. Ich brauche einfach Hilfe...

Mein Hausarzt hat mir zwar mehr als ein Rezept für Psychotherapie gegeben, aber ich finde einfach niemanden der Zeit für mich hat. Alle sind bereits voll. Mit der Krankenkasse kenne ich mich gar nicht aus, zudem läuft diese noch über meine Mutter, die ich da gerne weitgehend raushalten möchte. Sie weiß von meinen Alpträumen und mehr muss sie nicht wissen.

Ich will schnellstmöglich mit den selbstverletzten aufhören und alles wieder in den Griff kriegen, aber ich weiß nicht wie. Das örtliche Krankenhaus sagte zwar ich könne vorbei kommen und sie würden sehen, ob sie mich vielleicht in der Klinik aufnehmen können, aber die Klinik ist für mich kein Weg, da ich im Moment arbeiten muss und mein Fachabitur zu schaffen und das Jahr ist erst im August rum. Außerdem würde dann alle Welt wissen, dass etwas komisch ist und ich habe einfach allgemein furchtbare Angst dort hinzugehen, denn das macht das alles dann so fürchterlich real.

Ich hoffe ich schreibe nicht zu wirr und bin für die Nachricht auf meinen "Feedback" Post wirklich dankbar.

Gruß, Lavida

Sarah B. Anwort von Sarah B.

Liebe Lavida,
ich freue mich, dass du dich doch überwinden konntest und dich erneut bei uns gemeldet hast. Vielen Dank für dein Vertrauen und dafür, dass du uns mehr über dich und deine Situation erzählt hast.

Zunächst möchte ich dir nochmals sagen, dass ich es unglaublich toll finde, dass du dir aktiv Hilfe suchst. Oftmals schafft man das aus verschiedenen Gründen nicht. Sei es nun Scham, Angst oder ähnliches.
Daher kannst du sehr stolz auf dich sein, dass du erkannt hast, dass du Unterstützung brauchst.
Das ist die erste Hürde und oft eine der schwierigsten.
Es tut mir sehr leid, dass du bisher keinen freien Platz gefunden hast. Das ist sehr zermürbend und frustrierend, aber ich hoffe, dass du dennoch weiter deinen Weg gehst.
Ich hatte dir ja in meiner letzten Nachricht ans Herz gelegt, dich bei deiner Krankenkasse zu melden und dich beraten zu lassen.
Es macht keinen Unterschied, dass du noch über deine Mama versichert bist.
Und da wären wir auch schon beim nächsten Thema.
Ich kann verstehen, dass du deine Mama draus halten möchtest, aber glaube mir, es wäre definitiv besser sie ins Vertrauen zu ziehen.
Es ist schon manchmal komisch. Auch "Kinder" denken oft, dass sie Eltern verschonen und vor der Wahrheit beschützen müssen. Man hat Angst zuzugeben, dass man Probleme hat und befürchtet die Eltern zu enttäuschen.
Und das verleitet uns das gerne dazu uns unseren Eltern nicht anzuvertrauen.
Aber glaube mir, deine Mama wird weder enttäuscht von dir sein, noch wird sie denken, dass du selbst an deiner Situation Schuld bist o.ä.
Ja, es ist für Eltern nicht einfach oder schön zu wissen, dass das eigene Kind Probleme hat.
Aber:
Sie wollen, dass wir glücklich und gesund sind.
Daher rate ich dir, dass du sie einweihst und das vollständig! Verschleiere nichts oder versuche nicht es "schön zu reden".
Sag ihr, welche Probleme du hast; dass es dir schlecht geht; du überfordert bist; ihre Hilfe brauchst....
Eine derartige Offenheit ist deswegen so wichtig, damit sie sich dem kompletten Ausmaß bewusst ist und nicht denkt, dass es nur eine Phase ist, die bald vorbei ist/von alleine vergeht. Lass sie dich auf dieser Reise begleiten und dich bei dem Telefonat mit der Krankenkasse und bei der weiteren Suche nach einem Therapeuten unterstützen.

Auch in Bezug auf die Selbstverletzung kann es nur von Vorteil sein, wenn sie informiert ist. Dann kann sie ein Auge auf dich halten und du kannst ihr Bescheid geben, wenn du merkst, dass du Gefahr läufst dich wieder selbst zu verletzen.
Dann könnt ihr zusammen etwas dagegen tun bzw. etwas unternehmen, was dich davon abhält.
Ich verlinke dir hier mal unsere Selbsthilfe zu diesem Thema, dort findest du viele hilfreiche Tipps und Ansprechpartner.
https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/30/Ich-ritze-mich-was-kann-ich-tun.html
Du kannst dich auch jederzeit bei der Telefonseelsorge unter 0800/1110111 melden, falls du mal mit jemandem über alles sprechen möchtest.
Das ist sowohl anonym, als auch kostenlos.
Hast du schon mal nach Selbsthilfegruppen Ausschau gehalten? Die gibt es in der Regel in jeder Stadt/Gemeinde. Es kann für Betroffene sehr hilfreich sein sich mit anderen, die ähnliches durchmachen, auszutauschen und sich gegenseitig bei dem Prozess zu unterstützen. Ebenso profitiert man als "Neuling" von den Erfahrungen der anderen.
Falls nicht schon geschehen, kann ich dir nur empfehlen nach geeigneten Gruppen zu gucken und der Sache eine Chance zu geben.

Ich kann gut verstehen, dass du Angst davor hast, dass dein Freund dich verlassen könnte. Ich vermute, dass er das aus Verzweiflung gesagt hat.
Er fühlt sich wahrscheinlich hilflos und weiß sich keinen anderen Rat. Er liebt dich und hat Angst um dich. Diese "Androhung" soll dich vermutlich motivieren mit der Selbstverletzung aufzuhören.
Das alleine reicht leider nicht, dafür ist das Ganze zu komplex. Sag ihm das und bitte ihn, ebenso wie deine Mama, um seine Unterstützung.
Dann hast du 2 Menschen an deiner Seite, die dich lieben und dein Bestes wollen und das wird dir deinen Weg erleichtern.

Es gibt ja auch nach wie vor noch die Option dich an das örtliche Krankenhaus zu wenden. Ja, das ist momentan schwierig wegen deiner Arbeit und dem Fachabitur, aber trotzdem würde ich diese Möglichkeit nicht direkt außer Acht lassen.
Wie läuft es denn in der Schule? Hast du genügend Energie um ausreichend zu lernen?
Ich finde es toll, dass du das durchziehen möchtest, aber es ist auch wichtig, dass du gesund wirst.
Besprich dich bitte bei Gelegenheit mit deiner Mama und dem Vertrauenslehrer/Klassenlehrer.
In solchen Situationen ist es möglich zu pausieren und zu gegebener Zeit die Schule fortzuführen. Da müsstest du bitte abwägen, ob das für dich nicht die bessere Variante wäre.
Versprich mir bitte nochmal darüber nachzudenken.
In einem Punkt muss ich dir leider widersprechen. Dorthin zu gehen macht das Ganze nicht real, denn das ist es bereits.

Meine liebe Lavida, ich hoffe sehr, dass ich dir weiterhelfen konnte und du aus meiner Nachricht das ein oder andere mitnehmen kannst.
Melde dich bitte jederzeit wieder, wenn du noch weitere Fragen hast, ok?
Ich wünsche dir von Herzen alles Gute und, dass du weiterhin für dich und deine Gesundheit kämpfst.
Du bist auf dem richtigen Weg und wirst auch noch den Rest davon schaffen, da bin ich mir sicher.

Alles Liebe,
Sarah