Problem von Tino - 43 Jahre

Ich werde gemieden

Ich habe im Jahr 2006 eine Reha Massnahme zur Wiedereingliederung ins Berufsleben gemacht. Ich habe im Berufsleben nie richtig Fuss fassen können. Dabei habe ich jemanden kennengelernt der Drogen und Alkohol genommen hat. Thomas drei Jahre jünger war am Anfang ein guter Freund. Ich weigerte mich Alkohol und Drogen zu nehmen. Seitdem will er nichts mehr mit mir zu tun haben. Später lernte ich einen jungen Mann kennen er ist 23. Justus nahm auch Drogen aber ich habe wieder keine genommen. Nun ist Justus seit einen Jahr in stationärer Behandlung. Ich mag Justus genauso wie ich Thomas gemocht habe. Ja ich gebe es zu ich bin etwas schwul. Ich weiss es nicht ob Thomas oder Justus auch solche Gefühle haben aber beide haben zumindest mir Anzeichen gegeben das Sie mich mögen. Ich denke beide wollen keinen schwulen Freund. Ich merke aber das ich zumindest Justus sehr gern habe. Ich kann diese Gefühle nicht einfach abstellen, weil sich sonst meine Krankheit verschlimmert. Ich leide an Depressionen und Angststörungen und bekomme deswegen mit 43 auch schon Erwerbsminderungsrente. Was kann ich tun das ich Justus doch noch überzeugen kann das er zumindest Kontakt zu mir hat. Ich wurde in meiner Kindheit von meinen Vater gehasst. Seit meiner Schulzeit meiden mich andere Menschen. Ich wurde in der Schule gemobbt und geschlagen. Bin deswegen so krank geworden. In meinen erlernten Beruf Bürokaufmann fand ich keine Arbeit. Justus würde mir das Leben erleichtern. Hoffentlich nimmt Justus keine Drogen mehr. Manchmal wollte ich schon gar nicht mehr Leben. Wenn es doch einen Ausweg geben würde.

Janine Wochnik Anwort von Janine Wochnik

Hallo Tino,

deine Geschichte hat mich sehr berührt. Du hast schon einiges erlebt und offensichtlich war es sehr viel schlechtes.
Du fragst nach einem Ausweg....

Den gibt es!

Doch dieser ist anders, als du ihn dir vorstellst.
Ich verstehe dein Gefühl mit Justus würde alles besser werden. Ich kann dir aber garantieren das es nur im ersten Moment so ist.
Nach einer Weile wäre alles beim alten.

Dein primäres Problem liegt viel tiefer verwurzelt als eine fehlende Beziehung. Dies ist ein sekundäres Problem.
Mit psychischen Krankheiten zu leben ist anstrengend. Die Menschen verstehen es meist nicht, man wird nicht ernst genommen. Und das macht es nur noch schlimmer.
Da man selbst sich schon so fühlt.
Sicherlich hast du schon sehr vieles ausprobiert. Doch hast du schon mal versucht loszulassen?
Ich meine so richtig?

Die Problematik mit deinem Vater ist mit Sicherheit schon lange her. Doch so etwas prägt einen sehr stark. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass solche Dinge die Grundsteine für weitere Dinge bilden.
Das Gefühl was dein Vater dir gegenüber gebracht hat, scheinst du nun dir selbst gegenüber zu empfinden.
Hast du deinem Vater jemals verziehen?

Das mag sich jetzt dumm anhören, doch wenn du ihm verzeihst. Ehrlich, richtig, dann wird es dir besser gehen. Der Groll den du hegst trifft nicht ihn. Ihn belastet es nicht. Dich jedoch schon. Lässt du diesen los, dann hast du einen Stein im Rucksack weniger!

Oft halten wir an Dingen fest, die uns schaden. Wir erkennen es nicht, weil der Ballast zu uns gehört. Ist er dann aber weg, so merkt man was er ausgelöst hat.

Alles andere wird davon beeinflusst, denn dadurch hast du eine schlechte Einstellung zu dir selbst.
Dadurch wiederum meiden dich andere Menschen.
Und dadurch bist du einsam und fühlst dich wieder nicht geliebt/gemocht.
Das ist ein Teufelskreis. Dieser wird sich immer wiederholen. Solange du ihn nicht durchbrichst.

Im ersten Moment mag es sich unheimlich schwer anhören. Dabei ist es eigentlich sehr einfach.
Denke an all das was schief gelaufen ist. An all das was für weh getan hat. Und dann verzeihe deinem Vater.
Denke an Dinge, die dazu geführt haben das dein Vater so gehandelt haben könnte.
Denk daran, dass es jetzt nicht mehr weh tun muss.
Und dann verzeih ihm. Meine es ernst. Tue so als stehe er dir gegenüber und sage es zu ihm. Wiederhole es so oft, bis es wirklich so ist.

Das kannst du übrigens auch mit anderen Dingen auf dieselbe Weise tun!

Und als nächstes empfehle ich dir einen Neuanfang. Einen den du dir selber machst.
Dazu sind folgende Dinge wichtig.
1. Sei gut zu dir selber! Behandel dich so gut es geht. Sage nette Dinge zu dir. Mache Zettel mit positiven Dingen von dir und verteile sie in deiner Wohnung. Dort wo du sie oft siehst. Und dann lies jeden Tag!
Glaube daran, während du es liest.

2. Beschäftige dich nicht mit Dingen die du nicht hast. Konzentriere dich auf Dinge die du hast. Zb.
Ich lebe, juhu.
Ich bin körperlich fit, toll.
Ich habe ein Dach über dem Kopf.
Usw. Mache dir dabei bewusst wie schlecht es dir ginge, wenn du die Dinge nicht hättest.

3. Suche dir ein Ziel. Ein Ziel welches so weit entfernt scheint, dass du es aus deiner jetzigen Perspektive nicht erreichen kannst.
Kinder bekommen, eine Führungsposition bekleiden, ein Haus bauen. Keine Ahnung. Etwas was DU für DICH willst!

4. Versuche auf dein Ziel hinzuarbeiten. Denke darüber nach, was du tun müsstest um es zu erreichen. Überlege wie du dahin kommst.
Und dann tue die Dinge.

5. Hinfallen! Du musst hinfallen und wieder aufstehen!!!
Das Leben ist schwarz und weiß und grau. Es gibt nicht nur eine Variante. Sondern sehr viele. Dein Leben ist erst vorbei, wenn du stirbst.
Und bis zu diesem Moment hast du jede Chance.
Dafür musst du nur immer wieder aufstehen.

6. Lerne neue Leute kennen. Menschen die anders sind als du. Menschen die besser dastehen. Von ihnen kannst du lernen!
Sie machen es möglich, dass du weiter kommst!
Gehe raus und sprich die Menschen an. Suche dir ein Hobby und lerne darüber Menschen kennen. Schreibe Kontaktanzeigen. Egal was

7. Konzentriere dich auf dich! Wenn du selbst nicht glücklich bist, wird es dir auch kein anderer schenken können. Glück ist etwas, das wir uns selbst zukommen lassen müssen!
Das kann niemand sonst.

8. Sei ehrlich zu dir selbst. Das bedeutet sei nicht zu kritisch. Sei nicht zu pessimistisch. Sei auch nicht zu optimistisch. Lerne dich kennen. Wer bist du?
Was macht dich aus?
Und dabei sollte nicht heraus kommen:
Ich bin depressiv und habe Angst. Mich mag keiner.
O.ä. sondern so etwas:
Ich bin Tino, ich bin schwul. Ich bin stark; weil ich am Leben bin. Ich bin toll, weil ich mir treu bleibe. Ich kann stolz auf mich sein, weil ich schon so vieles geschafft habe.
Ich bin im Job nicht erfolgreich, aber dafür Kämpfe ich. Ich wurde nicht gut behandelt, doch dafür tue ich das jetzt selbst.
Und so weiter.

Sei kreativ. Fehlt dir was? Schreib es dazu!!!
Befolge diese Punkte. Und du wirst sehen: Das Leben wird sich für dich verändern!

Das Leben kann grausam sein und wunderbar. Doch was wäre das Wunderbare wert, wenn es nicht auch das Schlechte geben würde?

Arbeite an dir! Denn du bist der einzige der dein Leben ändern kann!
Halte dich von Menschen fern,
Die dir nicht gut tun. Und du weißt welche es sind.
Laufe niemandem hinter her, du hast besseres verdient.
Sei du selbst dein bester Freund, dann wirst du auch andere finden!

Du hast viel Arbeit vor dir.
Doch ich weiß, dass du es schaffen kannst. Du hast dich gemeldet. Du hast den Anfang gemacht. Nun bring es zu Ende.
Viel Erfolg und alles Gute.
Liebe Grüße
Janine